"Dass es jetzt geklappt hat, war Zufall" Schützenkönig mit 99 Jahren

Gummersbach · Willi Passmann aus Gummersbach ist der wohl älteste Schützenkönig Deutschlands. Seine Knochen sind alt, im Herzen aber ist der 99-Jährige ein Lausbub geblieben. Wir haben ihn und seine Königin besucht.

 Ursel (87) und Willi Passmann (99) sind das Königspaar des Schützen- und Geselligkeitsvereins Steinenbrück in Gummersbach.

Ursel (87) und Willi Passmann (99) sind das Königspaar des Schützen- und Geselligkeitsvereins Steinenbrück in Gummersbach.

Foto: sef

Wenn Willi Passmann Zeit hat, steht er in seiner Küche und macht Wurst. Viel Zeit aber hat der 99-jährige ehemalige Fleischer seit dem 12. August nicht mehr. An diesem Tag schoss Passmann den Vogel ab und wurde beim Schützen- und Geselligkeitsverein Steinenbrück in Gummersbach zum vermutlich ältesten Schützenkönig Deutschlands. Seine Königin ist Ehefrau Ursel (87).

 Von 1978 bis 1990 betrieben die Passmanns die Gaststätte "Zum Deutschen Eck" in Gummersbach. Das Lokal gibt es noch heute. Die Passmanns sind regelmäßig zu Gast.

Von 1978 bis 1990 betrieben die Passmanns die Gaststätte "Zum Deutschen Eck" in Gummersbach. Das Lokal gibt es noch heute. Die Passmanns sind regelmäßig zu Gast.

Foto: sef

Wir haben die Eheleute zu Hause besucht und nachgefragt, warum sie sich den Stress noch antun. Mit am Tisch sitzt Oberhofmarschall Jakobus Dolstra, der dem Königspaar während seiner Regentschaft zur Seite steht. Das Fazit des Gesprächs: Die Passmanns bringt so schnell nichts aus der Ruhe.

 Ursel und Willi Passmann in ihrer Kneipe "Zum Deutschen Eck". Das Bild ist aus dem Jahr 1987 und hängt in der Wohnung der Eheleute.

Ursel und Willi Passmann in ihrer Kneipe "Zum Deutschen Eck". Das Bild ist aus dem Jahr 1987 und hängt in der Wohnung der Eheleute.

Foto: Passmann

Es soll Ehefrauen geben, die ihren Männern verbieten, den Vogel abzuschießen, weil das Königs-Amt zu viel Arbeit macht. Was halten Sie davon?

Ursel Passmann Wir sind den ganzen Trubel doch gewohnt. Zwölf Jahre lang haben wir eine Gaststätte in Gummersbach betrieben. Wir hatten immer viel mit Leuten zu tun.

Willi Passmann Aufgeregt sind wir sowieso nicht mehr.

Ursel Passmann Wenn mein Mann im kommenden Jahr Hundert wird, laden wir zum Hofabend ein, der bei den Schützen Tradition ist. Dann kommen ungefähr 50 Leute.

Willi Passmann Ich freue mich, die ganzen Leute wiederzusehen.

Wie kommt es denn nun, dass Sie Schützenkönig geworden sind?

Willi Passmann Dass es jetzt geklappt hat, war Zufall. Ich bin Mitglied in drei Schützenvereinen - und das schon lange. Ich habe viele Male mitgeschossen, aber es hat bis auf dieses Mal nie geklappt. "Ich komm' und schieß' mit", habe ich dieses Mal gesagt. Dann habe ich es mit dem 262. Schuss gemacht. Wenn man so viele Schützenfeste gesehen hat wie ich, dann sagt man sich: "König will ich auch mal sein".

Haben sie den Vogel alleine abgeschossen?

Willi Passmann Das Gewehr ist auf einen Ständer geschraubt, man muss nur noch zielen. Weit sehe ich noch ganz gut. Helfen musste niemand.

Ärgern Sie sich darüber, dass es nicht früher geklappt hat?

Willi Passmann (grinst) Früher habe ich mitgeschossen und mir schon gedacht, da kann ich ja direkt alle Feiern bei mir in der Kneipe veranstalten. Daraus wurde aber nichts.

Wie kommt es, dass Sie in drei Schützenvereinen Mitglied sind?

Willi Passmann Wenn man eine Gaststätte hat, sind viele Gäste in Schützenvereinen. Viele kamen dann ständig an und wollten natürlich, dass ich beitrete. Da kann man nicht nein sagen, das sind ja auch Kunden. Damit, dass ich jetzt noch einmal König werde, habe ich schon nicht mehr gerechnet. Meine Schützen-Jacke hatte ich schon verschenkt, nur Schlips und Hemd habe ich behalten.

Ursel Passmann Ich habe mein Kleid schon gekauft. Zwei Kegelschwestern waren dabei. Die Anprobiererei war ganz schön anstrengend. Ich bin kaputt gewesen, als ich aus dem Laden kam. Ich habe zwei Kleider gekauft. Man muss ja jedes Mal ein anderes tragen.

Willi Passmann (grinst) Da halte ich mich raus.

Sie haben die Jacke verschenkt, weil Ihnen die Zeit fehlte?

Ursel Passmann Mein Mann ist noch im Gesangsverein, im Kegelverein, er angelt, knobelt und spielt jeden Mittwoch Skat. Ich sitze dann meistens im Garten in der Sonne und mache Handarbeit. Gesungen wird in unserer alten Kneipe "Zum Deutschen Eck".

Willi Passmann Und ich mache noch selber Wurst, die ich dann verschenke. Die schmeckt gut. Unser Angelverein heißt Knurrhähne, benannt nach dem Fisch. Der brummt richtig, wenn man den an der Angel hat. Mit dem Angelverein haben wir schon eine Handvoll Ausflüge gemacht, zum Beispiel nach Skandinavien.

Wie organisieren Sie alle Termine?

Willi Passmann Das übernehmen unser Oberhofmarschall und unsere Adjutantin. Sie haben die Aufgabe, sich um das Königspaar zu kümmern und sofort ja gesagt, als wir gefragt haben.

Oberhofmarschall Jakobus Dolstra (lacht) Mir blieb ja nichts anderes übrig. Er hat immer einen Stock dabei.

Willi Passmann hebt seinen Gehstock leicht an und grinst.

Wie haben Sie sich kennengelernt?

Ursel Passmann Ich habe im Lokal meines Mannes gekellnert. Dann hat es geklappt. Erst waren wir Freunde, 1979 haben wir geheiratet.

Willi Passmann Das war in Oberhausen, wo ich auch geboren wurde. Dort hatte ich eine Fleischerei mit einem Lokal. Von dort aus sind wir nach Gelsenkirchen-Buer gegangen und haben dann schließlich in Gummersbach unsere Kneipe eröffnet.

Hat Ihnen eigentlich schon jemand dazu gratuliert, dass Sie vermutlich ältester Schützenkönig des Landes sind?

Willi Passmann Am vergangenen Wochenende war Bundesschützenfest in Heidberg. Da haben mir viele gratuliert. Viele haben auch Fotos gemacht.

Alle zwei Jahre schießt Ihr Verein um das Kaiser-Amt, machen Sie da mit?

Willi PassmannNein, mir reicht es dann.

Wie machen Sie das, wenn jeder mit Ihnen auf Sie anstoßen will?

Willi Passmann (grinst) Darauf bin ich vorbereitet. Ich trinke in kleinen Schlucken. In meinen Jahren in der Kneipe habe ich alle Techniken ausprobiert und weiß, wie man durchhält.

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