Zu viel Fleisch Schulessen ist oft nicht ausgewogen

Viersen · In Schulen wird zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse angeboten. Das ergab eine Studie des Ernährungsministeriums. Viele Schulen in NRW achten auf gesundes Essen. Das Bewusstsein dafür müssten aber die Eltern wecken, heißt es.

 Beim Mittagessen legen Nastassja Berg (l.) und Sophia Glasenapp, Schülerinnen am Clara-Schulmann-Gymnasium in Viersen-Dülken, auch Wert auf eine Salatbeilage.

Beim Mittagessen legen Nastassja Berg (l.) und Sophia Glasenapp, Schülerinnen am Clara-Schulmann-Gymnasium in Viersen-Dülken, auch Wert auf eine Salatbeilage.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Für Gunter Fischer hat gesunde Ernährung etwas mit guter Erziehung zu tun - und die fängt nicht erst in der Schule an. Der Leiter des Clara-Schumann-Gymnasiums in Viersen-Dülken ärgert sich daher darüber, dass die Schulen für ihre Essensangebote kritisiert werden. Laut einer Studie des Bundesernährungsministeriums ist das Mittagessen in deutschen Schulen nicht gesund genug. Fleisch werde demnach zu oft, Fisch sowie Gemüse und Obst zu selten angeboten. "Dass viele Kinder heute beispielsweise Brokkoli nicht kennen, liegt oft am Elternhaus", sagt Fischer. Dennoch stünden an seiner Schule täglich Gemüse und Salat auf dem Speiseplan. "Die Salatteller essen am Ende aber meist die Kollegen."

Verbesserungsbedarf sieht die Untersuchung, für die bundesweit 760 Speisepläne ausgewertet sowie 12 000 Schüler und etwa 3500 Schulleiter befragt wurden, bei der Essensauswahl. So wird in jeder zweiten Grundschule nur ein Menü angeboten. Bei den weiterführenden Schulen sind es noch 25 Prozent. An jeder dritten Grundschule und jeder zweiten weiterführenden Schule stehen zwei Essen zur Auswahl. Ein Salatbuffet gehört in 29,6 Prozent der Fälle zum Standard. In jeder zweiten Schulmensa werden Süßigkeiten für zwischendurch angeboten. Im Kant-Gymnasium in Heiligenhaus geht man einen anderen Weg. Süßes oder Limonade gibt es gar nicht zu kaufen. Stattdessen liefert ein zertifizierter Bio-Caterer an den zwei Mensa-Tagen gesunde Kost. "Es wird morgens frisch gekocht, ohne Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker", sagt Mensa-Koordinator Ralf Grimmeisen. Auch er betont die Prägung durchs Elternhaus. "Manche Schüler haben sich mit der geschmacklichen Umstellung schwer getan."

Mittlerweile läuft es aber sehr gut in Heiligenhaus, das Essen wird gut angenommen. Weil sich die Kinder das Essen vorab im Internet auswählen können, wandert nichts in den Mülleimer. Es sei aber nicht so, dass die Schüler täglich die Bio-Pizza anklicken. "Es wird auf ein variantenreiches Angebot geachtet", sagt Grimmeisen. Nur die Gerichte, die sich nicht durchsetzen können, fliegen runter vom Speisezettel.

Wie schwierig es ist, auf breiter Ebene ein Bewusstsein für gesunde Ernährung zu schaffen, weiß Bernd Bittner. Mit seiner Firma "Catering für Kids" beliefert er in Rheinberg und Umgebung rund 100 Einrichtungen, darunter Schulen und Kindergärten. "Wenn eine Schule rein vegetarische Menüs wollte, wäre das möglich", sagt Bittner. Die Crux sei, dass viele Trägerschaften Zutaten orderten, von denen sie wissen, dass die Schüler sie essen - Pommes und Chicken Nuggets etwa. "Man muss die Kinder an gesunde Dinge heranführen", sagt Bittner. Mittlerweile sieht zumindest er auch bei den Eltern einen wachsenden Druck, sich über die Hauptmahlzeit ihrer Kinder zu informieren.

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Foto: Königs, Bastian

Nach Ansicht von Ulrike Arens-Azevedo, der Autorin der Studie, kennen die Schulleiter die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Standards. Sie seien aber oft nicht in den Verträgen etwa mit Caterern aufgeführt und würden deshalb auch nicht kontrolliert. Laut Studie gab es eine Kontrolle der Qualität in nur 28 Prozent der Fälle. Vertraglich sei die Qualität des Schulessens lediglich in den Stadtstaaten "zu 100 Prozent" verankert. Die Verbraucherorganisation foodwatch forderte deshalb die Veröffentlichung aller Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen in Schulkantinen und bei Schul-Caterern. Es sei ein Unding, dass Lehrer und Eltern nicht auf die Kenntnisse der Behörden zugreifen können, um "den vertrauenswürdigsten Lieferanten für das Schulessen der Kinder zu ermitteln". Für gutes Essen müssten die Eltern auch zu höheren Preisen bereit sein, gab Arens-Azevedo zu bedenken. Die SPD-Fraktion im Bundestag brachte einen Einstieg des Bundes in die Schulverpflegung ins Gespräch.

Bei der Frage, was genau gesund ist, vertraut das Ministerium der DGE. Deren Qualitätsstandards sollten flächenddeckend "Beachtung finden", heißt es. DGE-Expertin Isabelle Keller rät, dass sich Eltern und Kinder gemeinsam den Speiseplan anschauen: So können sie überlegen, welche Gerichte infrage kommen. "Das Kind entscheidet häufig nicht alleine, sondern in der Gruppe." Das kann zu einem recht einseitigen Nahrungsangebot führen - die Studie ermittelte als Lieblingsspeisen der Schüler Nudeln, Pizza und Pfannkuchen. Eltern können dagegen sagen: "Das macht ihr schon gut, aber vielleicht probiert ihr auch mal das hier aus." Sind Eltern mit dem Angebot des Schulessens generell unzufrieden, sollten sie an den Schulträger herantreten und besprechen, inwieweit sich etwas ändern lässt.

Dazu gehört auch die Länge der Pause. Die Studie kritisiert, dass die Mittagspause nur in 39 Prozent der Schulen länger ist als 45 Minuten, wie Experten empfehlen. Während das Clara-Schumann-Gymnasium wegen des Busfahrplans auf 40 Minuten kommt, orientiert man sich in Heiligenhaus an den 45 Minuten. Grimmeisen: "Für das Essen sollte man sich Zeit und Ruhe gönnen."

(RP)
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