Security in NRW-Flüchtlingsheimen Verdi kritisiert Vergabeverfahren

Düsseldorf · Eine Sicherheitsfirma, die Flüchtlingsheime des Landes bewacht, soll gegen Vergaberichtlinien verstoßen haben. Der Vorwurf: Die Mitarbeiter werden nicht nach Tarif bezahlt. Das Unternehmen bestreitet die Vorwürfe. Verdi wirft der Landesregierung vor, Lohndumping zu fördern.

 Auch in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Niederkrüchten sollen unterbezahlte Sicherheitsleute gearbeitet haben.

Auch in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Niederkrüchten sollen unterbezahlte Sicherheitsleute gearbeitet haben.

Foto: Ahlen, Heike

Die für die Bewachung der beiden Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes NRW in Niederkrüchten und Viersen zuständige Securityfirma soll angeblich gegen Vergaberichtlinien verstoßen haben. Der Firma wird in einem anonymen Schreiben an die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf und Verdi, das der Redaktion vorliegt, unter anderem vorgeworfen, nicht den seit 1. Februar 2017 gültigen Tarif zur Bewachung von Asylunterkünften zu zahlen.

Angeblich soll das Unternehmen sich damit nicht an verpflichtende Standards des sogenannten Acht-Punkte-Plan des Landes halten, zu deren Einhaltung nach den Übergriffen von Wachpersonal in Burbach alle privaten Sicherheitskräfte, die Asylunterkünfte bewachen, verpflichtet sind. Punkt fünf des Plans lautet: "Es wird der tarifliche Mindestlohn gezahlt."

MSS Security weist die Vorwürfe entschieden zurück: "Wir zahlen nach Tarif und halten uns an den Acht-Punkte-Plan", sagte Mitgesellschafter Frank Schomäker. Das habe sein Unternehmen auch der Bezirksregierung mitgeteilt. "Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Ich vermute, dass ehemalige Niederlassungsleiter von uns hinter den haltlosen Vorwürfen stecken", so Schomäker.

Das sieht die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die die Interessen privater Sicherheitskräfte vertritt, anders und wirft dem Unternehmen vor, nicht nach Tarif zu bezahlen. "Sie sind nicht im Arbeitgeberverband, halten sich nicht an die Tariftreue. Nur weil sie ihren Mitarbeitern so niedrige Löhne zahlen, haben sie überhaupt die Aufträge zur Bewachung der Flüchtlingsunterkünfte bekommen können", sagt Gewerkschaftssekretär Özay Tarim. "So konnten sie bei der Bewerbung ein billiges Angebot abgeben und die Konkurrenz, die sich an die Regeln hält, ausstechen", so Tarim.

Schomäker bezeichnet diesen Vorwurf von Verdi als absurd. "Denn es wird hier weder Lohndumping betrieben noch gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen", betonte der Mitgesellschafter. Wir haben uns lediglich dem Wettbewerb gestellt und nach den gültigen Tarifverträgen gerichtet, die übrigens von Verdi ausgehandelt wurden. Hinterher wieder die Unternehmen zu beschuldigen, ist sehr einfach."

In dem Fall sei ein Sonderfall eingetreten, so Schomäker. "Nämlich, dass eine weit überdurchschnittliche Anpassung vorgenommen wurde, die niemand vorhersehen kann", sagt er. Eine normale Tarifanpassung könne man vorhersehen, aber nicht fast 16 Prozent. Die MSS Security bekräftige, dass es ihr nicht ums Geld gehe. Sie habe sogar vor vier Wochen entschieden, ab dem 1. Juni 2017 den Mitarbeitern 11,24 Euro pro Stunde zu bezahlen.

Verdi: Behörden fördern Lohndumping

Offenbar spielt bei den Vergabekriterien der Bezirksregierung der Preis, also das niedrigste Angebot, eine entscheidende Rolle. "Die Richtlinie ist: 60 Prozent Preis und 40 Qualität", erklärt ein Sachbearbeiter einer Bezirksregierung, der anonym bleiben möchte. "MSS sind über den Preis reingekommen. Schon an der Summe konnten Fachleute damals erkennen, dass es nicht zu dem Preis realisierbar ist." Auf die Ausschreibungen, die beiden großen Flüchtlingsunterkünfte des Landes in Niederkrüchten und Viersen zu betreuen, hatten sich eine Reihe von Sicherheitsunternehmen beworben. Die Aufträge gelten in der Branche als sehr lukrativ.

Für Verdi ist das Vergabeverfahren ein eklatanter Missstand, den Bezirks- und Landesregierung zu verantworten hätten. "Wenn die Behörden immer nur den billigsten Anbieter nehmen, fördern sie damit Lohndumping", so der Gewerkschaftssekretär.

Unserer Redaktion liegen ein Arbeitsvertrag und eine Lohnabrechnung eines Mitarbeiters der Firma MSS Security vom März 2017 vor. Darin steht, dass dieser einen Stundenlohn von 10,50 Euro erhält. "Er müsste laut Lohngruppe B8 bezahlt werden und das sind nach Tarif mindestens 11,24 Euro", so der Sachbearbeiter der Aufsichtsbehörde. Laut Verdi sollen manche Mitarbeiter an den Standorten Viersen und Niederkrüchten sogar nur zehn Euro die Stunde erhalten.

Nach Angaben der Düsseldorfer Bezirksregierung ist die besagte Sicherheitsfirma nicht Mitglied im Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (NRW), das die Tarife aushandelt. "Damit besteht für das Unternehmen noch nicht die Verpflichtung zur Entlohnung ihrer Mitarbeiter nach der neuen Lohngruppe B8", erklärte eine Sprecherin der Düsseldorfer Aufsichtsbehörde. Der Lohntarifvertrag sei darüber hinaus noch nicht als allgemeinverbindlich erklärt worden.

(csh)
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