Diskussion um aggressive Radfahrer So fahrradfreundlich sind die Städte der Region

Düsseldorf · In Düsseldorf müssen sich Fahrradfahrer den Radweg mit Fußgängern teilen, im angeblich fahrradfreundlichen Krefeld gammeln die Radwege vor sich hin. Während Verkehrsminister Ramsauer härtere Strafen für aggressive Radler fodert, hat ein Großteil der umweltfreundlichen Verkehrsteilnehmer in der Region ganz andere Sorgen.

Der Bußgeldkatalog für Radfahrer
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Foto: dpa, Emily Wabitsch

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hatte ein konsequentes Vorgehen gegen aggressive Fahrradfahrer gefordert, die sich nicht an die Verkehrsregeln halten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützte Ramsauer, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club wehrte sich gegen die Kritik.

In der Region haben Fahrradfahrer meistens viel grundlegendere Probleme. In Düsseldorf hatte der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ADFC bei der Bezirksregierung darüber geklagt, dass in der Landeshauptstadt Autos auch auf einigen Fußwegen parken dürfen. Der Verband machte Fotos, die zeigen wie Autos kurz vor der Hauswand und auf Bürgersteigen stehen. Das Problem: So bleibt zu wenig Platz für Fußgänger, die wiederum auf die Radweg ausweichen mussten. Doch die Bezirksregierung blieb dabei: In Düsseldorf darf auf einigen Gehwegen geparkt werden.

Kritik an Ramsauer aus Leverkusen

Wenig ernst genommen von der Stadt fühlen sich die Vertreter des ADFC Leverkusen. "Man hatte zwar viele Ideen, als man sich schon vor mehr als zehn Jahren für die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden beworben hat, aber im Großen und Ganzen ist wenig passiert", sagt der Vorsitzende Heinz Boden.

Vor allem, dass Einbahnstraßen nicht darauf geprüft werden, ob sie für Radfahrer in Gegenrichtung frei gegeben werden können, ärgert ihn. "Das lässt die Stadt liegen." Ein anderes Problem ist, dass Radwege nicht unbedingt benutzungspflichtig sein müssen und die Stadt untersuchen sollte, ob die Radler auf der Straße besser wahrgenommen werden — aber auch hier passiert nichts.

Die Kritik von Verkehrsminister Peter Ramsauer kann Boden nicht nachvollziehen. "Das ist ein bisschen heftig, denn es werden alle in einen Topf geworfen. Sicher gibt es Radfahrer, die sich nicht an Regeln halten. Aber diese gibt es auch bei den Autofahrern, die nennt man dann auch nicht Kampf-Autofahrer", sagt Boden. "Was machen Autofahrer denn alles falsch, dass müsste man auch mal thematisieren."

Wer durch Mönchengladbach radelt, stößt an vielen Stellen auf Radwege, die unverhofft im Nichts enden. Ein zusammenhängendes Verkehrsnetz für Fahrradfahrer existiert schlichtweg nicht. Dem Stadtverbandschef des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Bernhard Cremer, stößt das bitter auf. "Was den Fahrradverkehr angeht, läuft die Stadt wie ein Blinder am Stock", bemüht er einen harschen Vergleich. Die Auto-Lobby sei in Gladbach zu stark, Radfahrer würden oftmals als "Touristen" angesehen. "Wir müssen mehr Bewusstsein für das Fahrrad als alternatives Verkehrsmittel schaffen", ist Cremer überzeugt.

Krefeld - gar nicht mehr so fahrradfreundlich

Krefeld hat vom ADFC offiziell das Prädikat "fahrradfreundliche Stadt", allerdings ist die Stadt zuletzt wegen des schlechten Zustands vieler Radwege in die Kritik geraten. 270 Kilometer ist das Radwegenetz in Krefeld lang — und teilweise seit Jahren in so schlechtem Zustand, dass der Slogan "Fahrradfreundliche Stadt" für Krefeld kaum noch Gültigkeit haben dürfte. Im Bauausschuss räumte Hartmut Könner, Leiter des städtischen Tiefbauamtes, ein: "Wir müssen den Zustand der Radwege verbessern, wir sind zurecht in die Kritik geraten."

Die Stadtverwaltung hat darauf reagiert — wegen der knappen Finanzmittel hat sie sich entschieden, nicht mehr alle Radwege gleich intensiv instand zu halten. Stattdessen wird ein Hauptradwegenetz erarbeitet, dazu ein Verdichtungs- und ein Nebennetz. Diese wichtigen Radwegeverbindungen aus allen Stadtteilen in die City sollen künftig mit absteigender Priorität gepflegt werden.

Bergisches: kein gutes Pflaster für Alltagsradler

Das Bergische Land ist allein durch seine Höhenunterschiede nicht unbedingt ein Eldorado für Radler - zumindets nicht als Pendler. Die vielen Anstiege schrecken viele Solinger Radfahrer ab. "Wir haben einen extrem niedrigen Anteil am Verkehrsaufkommen", sagt Klaus Lang vom ADFC Wuppertal/Solingen. "Aber Pedelecs sind ein Riesenthema, der Anteil ist hier deutlich höher als in flacheren Regionen."

Mit Hilfe der eBikes wissen sich die Radler in der Klingenstadt zu helfen. Es gibt zwar einen guten Anschluss an die Radtrassen in der Umgebung, aber als "Alltagsradfahrer will man nicht jeden Tag mit der Seilbahn nach Schloss Burg fahren", so Lang. Infrastrukturell hinke man hinterher. "Beispielsweise ist es eine Seltenheit, dass Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer freigegeben werden."

Ähnliche Probleme mit der Beschilderung sieht auch Andreas Roeschies vom ADFC Remscheid. "Wie die meisten Städte ist Remscheid wenig fahrradfreundlich. Beispielsweise soll es seit Ende 2009 an Sackgassen-Schildern einen Hinweis geben, ob man als Fußgänger oder Radfahrer durchkommt. Davon habe ich noch kein einziges gesehen."

So müsse man Umwege in Kauf nehmen, wenn man sich nicht genau auskennt. Als weiteres Problem nennt Roeschies die Unfallgefahr auf Radwegen, da man ausgerechnet dort von Rechtsabbiegern übersehen wird. Die dritte Baustelle sind die fehlenden Abstellmöglichkeiten in der Innenstadt.

Obwohl Duisburg in den Kreis der fahrradfreundlichen Städte aufgenommen wurde und viel Engagement in den Ausbau und die Beschilderung von Radwegen gesteckt hat, ist auch hier nicht alles rosig. Nach wie vor gibt es viele Stellen, die baulich so schlecht sind, das ein Vorwärtskommen erschwert wird, findet der ADFC Duisburg.

Doch auch von der Duisburger Polizei gibt es Kritik am Verhalten der Radfahrer. Außerdem sieht die Polizei das rücksichtslose Verhalten der Radfahrer als häufige Unfallursache. Fast ein Viertel der Verkehrsteilnehmer, die 2011 bei einem Unfall verletzt wurden, waren mit dem Fahrrad unterwegs. In der Altersgruppe der Senioren verunglückten im vergangenen Jahr sogar mehr Rad- als Autofahrer. "Die Leute fahren einfach wie sie wollen. Dem werden wir in diesem Jahr verstärkt entgegentreten." versprach die Duisburger Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik.

Moers hat in den letzten Jahren viel für die Radfahrer getan, beispielsweise gibt es 20 Fahrradbotschafter aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, die mit ihrem Prominentenstatus in der Öffentlichkeit für den Radverkehr werben. Damit sicherte sich Moers 2011 den Fahrradpreis für die "fahrradfreundlichste Entscheidung". Für einige Anwohner ist Moers bereits zu fahrradfreundlich: Viele Radfahrer fahren einfach auf den Gehwegen und achten nicht auf das Fahrverbot im Schlosspark.

(top/jco/top)
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