Rhein Ruhr Express So sieht der "Premium-Zug" RRX aus

Krefeld · Die neuen Wagen des RRX werden das Erste sein, was die Bahnreisenden vom NRW-Großprojekt mitbekommen. Ab 2018 werden sie schon auf Regionalexpress-Linien fahren. Hersteller Siemens bezeichnet den RRX als "Premium-Zug".

So soll der RRX aussehen
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Die Sitzreihen haben keine Füße mehr, sondern scheinen zu schweben. Die Kopfteile sind mit Leder bezogen, die Farben Grau und Orange lassen die Waggons großzügig, modern und edel anmuten. Große Glasflächen machen den Raum offen und transparent. "Das alles ist kein normaler Standard", sagt Jens Chlebowski nicht ohne ein wenig Stolz. Er ist der Projektleiter für den "Rhein Ruhr Express" (RRX), den Siemens entwickelt hat, bauen und warten wird. "Der RRX wird ein Premiumzug für die Region", fügt Chlebowski an. Womöglich werden die ersten Fahrgäste gar nicht mehr aussteigen wollen.

Im Herbst und Winter startet das Krefelder Siemens-Werk die Rohbauphase für das RRX-Modell Desiro HC, im Frühjahr 2017 folgt der Endbau. "Für die ersten Züge planen wir mehr Zeit ein - auch wir befinden uns zu Beginn noch in einer Lernphase", sagt Chlebowski. Später werden dann zwei bis vier Züge im Monat fertiggestellt. Siemens wird 82 Stück liefern, der Auftrag für die Flotte ist 800 Millionen Euro wert. Ab 2018 wird der RRX ausgeliefert - und wird dann schon fahren, auch wenn sein komplettes Streckennetz erst in den nächsten zehn bis 15 Jahren fertiggestellt sein wird.

Der RRX beschleunigt in 72,5 Sekunden auf seine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. "Das liegt am oberen Ende dessen, was im Regionalverkehr möglich ist", sagt Chlebowski. Zudem sei der RRX eines der leichtesten und energiesparendsten Modelle dieser Fahrzeugklasse. Sollte der RRX die vorgeschriebenen Energiewerte nicht erreichen, müsse Siemens hohe Strafen an den Auftraggeber, die Verkehrsverbünde, zahlen.

Für die Fahrgäste wird es über die Betreiber einen W-Lan-Zugang geben. Und auch der Handy-Empfang soll verbessert werden, denn er ist in einem Zug kompliziert, weil seine Außenhaut Strahlen wie eine Röhre abschirmt. Um den Energieverbrauch niedrig zu halten, sind die Scheiben zudem mit einer metallischen Schicht bedampft. Das hat eine positive klimatische Wirkung, aber eine schlechte für den Empfang. Durch ein besonderes Laserverfahren wurde deshalb in diese metallische Schicht eine Wabenstruktur hineingearbeitet, die die Durchlässigkeit für den Mobilfunk erhöht. "Allerdings kann der Zug keine Wunder vollbringen", betont Chlebowski. Wenn die Mobilfunkunternehmen die Gleise nicht gut abdecken, dann bleibt es bei schwachem Empfang auf offener Strecke.

Bei der Wartung ist der RRX eine Innovation. "Erstmalig in Deutschland werden wir als Hersteller für den ganzen Lebenszyklus eines Zuges in die Verantwortung genommen", sagt Chlebowksi. Siemens hat mit dem Auftraggeber einen langfristigen Wartungsvertrag geschlossen, der über 32 Jahre läuft und damit die Lebensdauer des Vehikels abdeckt. Üblicherweise haftet der Hersteller nur im Rahmen einer üblichen Gewährleistung für den technischen Zustand, nach deren Ablauf muss der Betreiber seine Züge selbst warten und eventuelle technische Defekte ausbaden. Siemens wird in Dortmund-Everding ein Werk für die Instandhaltung bauen. "So wollen wir eine deutlich höhere Verfügbarkeit gewährleisten", sagt Chlebowski. In England fährt Siemens ein vergleichbares System. Dort liegt die Quote bei nahezu 100 Prozent. Bereitet die RRX-Flotte vermehrt Probleme, muss Siemens nach einem vertraglich festgelegten Schlüssel Strafzahlungen leisten.

Für eine leichtere Wartung hat der RRX einen technischen Clou. Die Wagen werden mit einer Daten-Übertragungstechnik ausgestattet. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich Ausfälle ankündigen", sagt der Projektleiter. So melden Sensoren zum Beispiel auffällige Geräusche, dann werden die Züge zur planmäßigen Wartung ins Werk geholt - bevor der Schaden entsteht. Diese zustandsorientierte Wartung, unabhängig von Alter und zeitlichen Fristen, kostet weniger und hält die Verfügbarkeit hoch.

"Der RRX wird eine schöne Reise-Erfahrung bieten", ist sich Chlebowski sicher. Da es in Doppelstock-Zügen mitunter Probleme mit dem Komfort gibt, weil sie zu stark wanken, haben die Techniker auch an der Laufhöhe des Drehgestells gefeilt, um eine größere Stabilität zu bewirken. "Wenn ich die Wahl hätte, im Ruhrgebiet in einem Auto im Stau zu stehen oder im RRX zu sitzen, wüsste ich, wie ich mich entscheiden würde", sagt der Projektleiter, der in Erlangen arbeitet. "Hier in Franken werden wir auf lange Sicht nicht solch einen schönen Zug haben." Kommen die ersten Wagen 2018 auf die Schiene, ist Chlebowski mit an Bord. "Ich werde dann die ersten Strecken abfahren und das Betriebsgefühl testen." Und ihm wird es gewiss schwer fallen, wieder auszusteigen.

(mso)
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