Programm aus den USA So will die Polizei in NRW Einbrüche vorhersagen

Düsseldorf · Im Kampf gegen Wohnungseinbrüche erwägt das Innenministerium den Einsatz eines Programms aus den USA, das Einbrüche vorhersehen kann. Derzeit wird geprüft, ob sich das System mit dem Datenschutz vereinbaren lässt.

Einbrüche: Diese Daten sollen der Polizei helfen
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"Einbruchs-Vorhersage": Diese Daten sollen helfen

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Foto: dpa, Robert Schlesinger

Es klingt wie in einem Hollywood-Film: Die Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) verhindern Einbrüche, weil sie schon vorher wissen, wann und in welches Haus die Täter einsteigen werden. Den Blick in die Zukunft soll eine Computersoftware aus den USA ermöglichen. Das Prinzip nennt sich "predictive policing" (vorausschauende Polizeiarbeit). Dabei rechnet ein Programm mittels vorhandenen Täterdaten, tagesaktuellen Wetterberichten und Verkehrsprognosen sowie Sim-Kartennutzungen und Parkhausbelegungen aus, in welchem Stadtteil Einbrüche bevorstehen könnten.

Diese Art der Verbrechensbekämpfung könnte in NRW bald Wirklichkeit werden. Ein Ermittler erklärt: "Wenn etwa in Düsseldorf-Oberkassel sich plötzlich zu einer bestimmten Uhrzeit doppelt so viele Personen mit einer ausländischen Telefonkarte ins Netz einwählen als üblich, wüssten wir, dass da irgendetwas nicht stimmt."

Auch das Wetter spielt eine Rolle

Das Innenministerium denkt angesichts der seit Jahren steigenden Einbruchszahlen über ein entsprechendes Pilotprojekt nach. "Es gibt bislang nur Überlegungen in diese Richtung. Wir stehen da am Anfang", betont ein Ministeriumssprecher. Die "Einbruchs-Vorhersage" funktioniert ähnlich wie die Vorhersage von Erdbeben. Dabei spielen für die Polizei die gewonnenen Erfahrungen aus früheren Einbrüchen eine zentrale Rolle. Denn die Banden gehen in der Regel immer gleich vor. Sie verabreden sich per Handy und machen ein Viertel für ihren Beutezug aus. Oft treffen sie sich vorher mit mehreren Autos auf Parkplätzen oder in Parkhäusern. Bei ihren Planungen achten sie stets auf den Verkehr, weil sie schnell wegkommen müssen vom Tatort - und nicht im Stau stecken bleiben dürfen.

Auch das Wetter ist für sie wichtig. Scheint die Sonne, sind in der Regel weniger Menschen zu Hause als bei Regen. "Wenn diese Faktoren zusammenkommen, schlägt das System Alarm", erklärt ein Ermittler. In dem Fall fährt die Polizei zur Observation in den betroffenen Stadtteil. "Im günstigsten Fall könnten wir Einbrecher auf diese Weise auf frischer Tat festnehmen."

Polizei in Amsterdam hat Erfahrung

Nach Informationen unserer Redaktion hat es in der Sache schon einen intensiven Erfahrungsaustausch zwischen deutschen und niederländischen Ermittlern gegeben. Denn die Polizei in Amsterdam wendet das Instrument bereits an. Nach eigenen Angaben mit Erfolg. Die Zahl der Einbrüche sei dort seit Einführung des Systems um bis zu 25 Prozent zurückgegangen. Ähnlich hohe Erfolgsquoten melden auch die Polizeibehörden in Großbritannien und Australien, wo Einbrecher ebenfalls mittels "Computervorhersage" gejagt werden. Experten des LKA prüfen, ob und wie sich diese Erfahrungen auf die Polizeiarbeit in NRW übertragen lassen - unter Berücksichtigung des Datenschutzes. "Unser Ziel ist, alle zur Bekämpfung von Einbrechern gegebenen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen", sagt der Sprecher des Innenministeriums.

In den USA werten die Emittler auch Twittermitteilungen aus. In Los Angeles geht die Polizei sogar noch einen Schritt weiter. Dort wurde eine Liste mit 400 Namen der angeblich gefährlichsten in der Stadt lebenden Personen angefertigt und veröffentlicht. Das Ranking basiert auf einigen Kriminalitätsmerkmalen wie etwa Körperverletzung und Diebstahl. Diese wurden mit den Einwohnern der Stadt abgeglichen. Wer viele dieser Merkmale aufweist, steht auf der Liste. Soweit, verspricht die Polizei, werde es in NRW niemals kommen.

Gewerkschaft der Polizei ist skeptisch

Der NRW-Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat bislang keinen konkreten Grund für eine Prüfung des Sachverhalts gesehen. "Uns interessiert das Thema aber, und wir suchen das Gespräch mit dem Ministerium", erklärt ein Sprecher.

Skeptisch sieht der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei, Arnold Plickert, das Vorhaben. Die "Einbruchsvorhersage" hält er nur für eine Vision. Vor allem den rechtlichen Rahmen sieht er nicht gegeben. "Wir sollten vorsichtig sein bei Fandungsangelegenheiten, die den Datenschutz berühren", sagt Plickert. "Gerade die USA sollten wir uns da nicht zum Vorbild nehmen."

(RP)
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