Auto-Aufbrüche Die Spur der "BMW-Bande" führt nach Holland

Düsseldorf · Seit Wochen stehlen sie im Rheinland hochwertige Technik aus Nobel-Autos. Nun gibt es eine Spur: Möglicherweise haben die Kriminellen ihren Rückzugsort in den Niederlanden. Eine Zeugin beobachtete die Täter offenbar. Eine Ausnahme.

 Die Täter reißen technische Elemente aus Nobel-Karossen, wie hier aus einem Mercedes.

Die Täter reißen technische Elemente aus Nobel-Karossen, wie hier aus einem Mercedes.

Foto: Polizei Viersen

Es ist die erste heiße Spur im Fall der "BMW-Bande", die seit Wochen im Rheinland vor allem hochwertige Fahrzeuge des bayerischen Automobilbauers regelrecht "ausschlachtet": Eine Zeugin aus Niederkrüchten, die am Wochenende selbst Opfer dieser Kriminellen wurde, will am Sonntagmorgen gegen 10 Uhr in der Nähe des Tatorts einen weißen Lieferwagen mit gelben Nummernschildern gesehen haben, in dem zwei Männer mit Jogginganzügen saßen.

Die Polizei nimmt den Hinweis ernst. Denn in der Nacht wurden in der Gegend mehrere Fahrzeuge aufgebrochen - das letzte am Sonntagmorgen um 9 Uhr; es war das Fahrzeug der Augenzeugin. "Es ist möglich, dass die Täter aus der Nacht zurückgekehrt sind, um Diebesgut, das sie dort irgendwo gebunkert hatten, abzuholen. Und dabei könnten sie ein weiteres Auto, das der Zeugin, aufgebrochen haben, weil sich die Gelegenheit ergab", so ein Polizeisprecher. "Es ist aber auch möglich, dass zwei Tätergruppen am Werk waren."

Sieben Autos wurden allein im Raum Niederkrüchten in besagter Nacht aufgebrochen - bis auf einen Mercedes wieder ausnahmslos BMW. Davor schlugen die Täter mehrfach in Düsseldorf und Ratingen zu. Auch der Wagen eines Fußballprofis von Fortuna Düsseldorf wurde "leergeräumt", als dieser mit der Mannschaft im Trainingslager war.

Dabei ist die Vorgehensweise der Kriminellen fast immer gleich: Sie knacken die Autos nachts auf. Pro Aufbruch benötigen sie maximal eine Minute. Mit Spezialwerkzeug ziehen sie in Sekundenschnelle die fest montierten Geräte aus der Verankerung, oft durchtrennen sie dabei noch sämtliche Kabel - was den Schaden noch erhöht. Meist belassen sie es nicht bei einem Aufbruch, sondern knacken zum Teil bis zu 20 Autos in einem Viertel. Die gestohlenen Geräte werden gehortet und verpackt, bis sie in großen Stückzahlen mit Lieferwagen nach Osteuropa gebracht werden, wo sie dann auf Märkten für etwa 500 Euro verkauft werden.

In der Regel handelt es sich bei den Tätern um professionelle Diebesbanden aus Osteuropa, die gezielt für einige Tage nach Deutschland einreisen, um hochwertige Geräte wie Navis, Airbags, Kurvenlichter und Scheinwerfer aus Autos zu stehlen. Aber auch auf spezielle Kleinteile wie Schrauben, die nur BMW herstellt und die es in keinem Baumarkt zu kaufen gibt, haben sie es abgesehen.

"Sie werden in einer Art Ausbildungslager in ihrem Heimatland für die Aufbrüche geschult, und zwar so, dass sie die Geräte beim Ausbau nicht beschädigen", erklärt ein Polizeisprecher. "Dann werden sie von ihren Auftraggebern mit Stadtplänen nach Deutschland geschickt, auf denen Straßen mit vielen Luxusautos verzeichnet sind."

Warum derzeit so viele BMW aufgebrochen werden, kann die Polizei nur vermuten. "Wahrscheinlich sind die Bauteile sehr gefragt in den entsprechenden Kreisen", heißt es bei der Polizei. "Würde keine Nachfrage danach bestehen, würden die auch nicht gestohlen werden." Neben BMW werden auch andere Marken wie Mercedes, Audi, aber auch VW "ausgeschlachtet". Die Hersteller wissen um das Problem und weisen darauf hin, dass ihre Autos schon über die höchsten Sicherheitsstandards verfügen. "Man sollte seinen Wagen möglichst nachts nicht unbeobachtet draußen stehen lassen", rät die Polizei.

Die Aufklärungsquote ist ähnlich gering wie bei Einbrüchen - und sie sinkt seit Jahren. 2013 wurden nach Auskunft des Landeskriminalamtes (LKA) von 102.404 Delikten 8,4 Prozent aufgeklärt; 2014 lag die Quote bei 8,2 Prozent (101.415 Fälle), und 2015 sank sie noch einmal auf ein Rekordtief von 7,6 Prozent. "Das liegt auch daran, dass es nie Zeugen gibt, die etwas gesehen haben", so ein Polizeisprecher.

Daher sind die Angaben der Frau aus Niederkrüchten so wertvoll für die Ermittler. Denn aus ihnen kann die Polizei Rückschlüsse auf die Vorgehensweise der Täter ziehen. Die Bande, die derzeit im Rheinland unterwegs ist, könnte ihren Rückzugsraum demnach in den Niederlanden haben. "Die gelben Kenneichen lassen diesen Schluss jedenfalls zu", so der Polizeisprecher.

Auch die Mitglieder der sogenannten Audi-Bande, die vor allem Geldautomaten aufsprengen, werden laut Landeskriminalamt im Nachbarstaat vermutet, in den Vororten Amsterdams und Utrechts. Eine weitere wichtige Erkenntnis, die die Fahnder durch den Hinweis der Zeugin erhalten haben könnten, ist, dass die Banden ihr Diebesgut wohl nicht direkt mitnehmen, sondern in Tatortnähe in einem Versteck zurücklassen und erst später abholen.

Update: Wir haben in der Bildunterschrift klargestellt, dass es sich um einen Mercedes handelt.

(csh)
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