Vollsperrung Bahnhof Wuppertal "Da muss man als Bahnfahrer schon schlucken"

Düsseldorf · Freitagnacht ist es so weit: Der Wuppertaler Hauptbahnhof wird für 16 Tage vollständig vom Bahnnetz abgeschnitten. Grund ist der Bau eines neuen Stellwerks. Die Fahrgäste sollen mit Bussen etwa über die A 46 an ihr Ziel gebracht werden. Kann das problemlos klappen?

 Ein Bagger am Bahnhof Wuppertal. In den Osterferien sind hier umfangreiche Bauarbeiten geplant.

Ein Bagger am Bahnhof Wuppertal. In den Osterferien sind hier umfangreiche Bauarbeiten geplant.

Foto: dpa, cas

Ab Freitag, 22 Uhr, bis zum frühen Morgen des 24. April fallen sämtliche Züge und S-Bahnen auf den Strecken zwischen Düsseldorf und Wuppertal sowie zwischen Solingen und Wuppertal aus, damit die Bauarbeiten für das neue Stellwerk stattfinden können. Bis zu 9000 Pendler könnten davon täglich betroffen sein - was Bahnfahrer wissen müssen, lesen Sie hier. Als Ersatz stellt die Bahn Schnellbusse bereit, die allerdings über die ohnehin als Staumagnet bekannte Autobahn 46 fahren müssen.

Der Fahrgastverband ProBahn NRW ist mit der Planung der Bahn nicht zufrieden. "Das ist eine Pseudokompensation, die vor allem der Bahn dient und nicht den Fahrgästen", sagt der für das Bergische Land zuständige Pressesprecher Axel Sindram. Es wäre besser gewesen, den Ersatzverkehr nicht mit Bussen zu bestreiten, sondern stattdessen auf die S-Bahn-Strecken auszuweichen, meint er. "So dauert die Fahrt von Wuppertal nach Solingen eine halbe Stunde länger", kritisiert Sindram.

Lothar Ebbers, Sprecher von ProBahn NRW, wirft der Bahn vor, auf Kosten der Fahrgäste Geld einzusparen. "Dass der Wuppertaler Hauptbahnhof komplett abgesperrt wird, ist nur nötig, weil die Bahn den Auftrag, das Stellwerk auszutauschen, so billig vergeben hat", erklärt Ebbers. Vor zweieinhalb Jahren in Duisburg habe der gleiche Vorgang nur zwei Wochenendsperrungen in Anspruch genommen: "Jetzt werden insgesamt zwei Monate lang, erst in den Oster- dann in den Sommerferien, Züge ausfallen." Das sieht auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr so, wie Sprecher Dino Niemann sagt: "Der Totalausfall für so einen langen Zeitraum ist nicht notwendig, erst recht nicht in einer so hochbelasteten Region."

Für die Bahn stellt sich die Lage etwas anders dar. Wie NRW-Sprecher Dirk Pohlmann sagt, sei die Vollsperrung rund um Wuppertal "alternativlos" gewesen. "Die Signale und Weichen werden komplett abgeklemmt und sind damit nicht nutzbar", erklärt Pohlmann. Zudem gebe es in Wuppertal wegen der Tallage ohnehin nur fünf Gleise, Strecken freizuhalten sei also nicht möglich gewesen. Allerdings räumt auch Pohlmann ein, dass der Schienenersatzverkehr "keine ideale Lösung" sei.

Zumal dieser beispielsweise von Wuppertal-Oberbarmen nach Düsseldorf über die vielbefahrene Autobahn 46 geleitet wird. "Unsere Experten haben die Fahrzeiten erprobt und das war die mit Abstand schnellste Strecke", sagt Pohlmann dazu. Für den Landesbetrieb Straßen.NRW ist es schwer, die Auswirkungen der Sperrung einzuschätzen. Der Betrieb geht laut Sprecher Mario Korte jedoch nicht von großen Beeinträchtigungen aus. "Es werden urlaubsbedingt weniger Pendler auf den Straßen und bei der Bahn erwartet", sagt er. Zu Beginn und am Ende der Ferien könnte es durch den Reiseverkehr etwas voller auf den Straßen werden. Die Autobahn 46, die direkt an Wuppertal vorbeiführt, sei jedoch "keine direkte Reiseroute".

Beim ADAC rechnet man allerdings mit starken Einschränkungen auch für die Autopendler. "Die A46 ist ohnehin ein Stauschwerpunkt, da werden die Busse gerade im morgendlichen Berufsverkehr Probleme haben", erklärt Roman Suthold, ADAC NRW-Verkehrsexperte. Der Landesbetrieb Straßen.NRW geht laut Sprecher Mario Korte hingegen nicht von großen Beeinträchtigungen aus. "Es werden urlaubsbedingt weniger Pendler auf den Straßen und bei der Bahn erwartet", sagt er. Dennoch empfiehlt Straßen.NRW, Fahrgemeinschaften zu bilden und möglichst nicht zu den Hauptverkehrszeiten (6-8 Uhr und 16-18 Uhr) zu fahren.

Auch der ADAC sieht die Verlegung in die Ferienzeit positiv - und ohnehin sei es besser, so Verkehrsexperte Suthold, kurzzeitig voll zu sperren als monatelang den laufenden Betrieb zu behindern. Dass die Busse etwa auf den Seitenstreifen ausweichen, um Staus zu umfahren, schließt er aber trotz der zu erwartenden Zusatzbelastung der Autobahn aus: "Dort müssen im Ernstfall die Pannenfahrzeuge stehen." Wenn das Ganze gut organisiert sei, könnten die Einschränkungen für die Autofahrer erträglich ausfallen, so der Verkehrsexperte.

Anders sieht das laut ProBahn NRW bei den Zugpendlern aus. "Viele werden versuchen, der starken Belastung etwa durch Heimarbeit oder Urlaub aus dem Weg zu gehen", erklärt Lothar Ebbers, "aber für alle anderen wird das deutlich spürbare Auswirkungen haben." Und das trotz an Spitzenzeiten eingesetzten fünf Bussen pro Strecke. Ebbers befürchtet sogar, dass der Bahn langfristig Kunden abspringen könnten.

"Momentan belastet die Bahn ihre Fahrgäste sehr stark", so Ebbers, und müsse aufpassen, dass sie das nicht übertreibe. Als Beispiel nennt er die erst kürzlich beendeten Bauarbeiten auf der Strecke zwischen Duisburg und Düsseldorf. Knapp die Hälfte aller Züge auf der Strecke sei ausgefallen - außerhalb der Ferienzeiten. Und jetzt direkt im Anschluss die Vollsperrung um Wuppertal: "Da muss man als Bahnfahrer schon schlucken."

Ebbers fordert die Bahn deshalb auf, den Ablauf der geplanten Maßnahmen in den kommenden zwei Wochen genau zu beobachten - und gegebenenfalls für künftige Projekte Konsequenzen zu ziehen. "In den nächsten 15 Jahren steht etwa in Düsseldorf, Köln, Dortmund und Essen der Austausch der Stellwerke an", sagt Ebbers, "eine Vollsperrung wie jetzt darf sich dann nicht wiederholen. Wenn der Düsseldorfer Hauptbahnhof gesperrt wird, ist NRW ja stillgelegt."

(kess)
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