Verkehr rollt wieder im Takt Bahn-Streik: 2500 Nahverkehrszüge blieben stehen

Berlin/Düsseldorf · Der bundesweite Streik der Lokführer hat bei der Deutschen Bahn (DB) vor allem im Nah- und Regionalverkehr zu Ausfällen und Verspätungen geführt. Mehr als 2500 Züge im Regionalverkehr blieben stehen. Im Fernverkehr gab es bis zum Nachmittag Einschränkungen.

Bahn-Streik: Pendler warten in Duisburg auf Züge
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Deutschlandweit waren von Ausfällen und Verspätungen Ballungsgebiete wie Berlin, Hamburg, München und Stuttgart, aber auch in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Hessen betroffen. Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hatte ihre Mitglieder zum Ausstand von 21 Uhr am Dienstagabend bis 6 Uhr morgens aufgerufen, um ihrer Forderung nach einer Lohnerhöhung um fünf Prozent und einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit um zwei Stunden Nachdruck zu verleihen.

Der Streik hatte noch bis zum späten Nachmittag bundesweit den Fernverkehr behindern. Verspätungen seien weiterhin möglich, sagte ein Konzernsprecher am Berliner Hauptbahnhof. Allein am Dienstagabend seien durch den flächendeckenden Ausstand 200 Fernzüge stehen geblieben, mehr als 2500 Nahverkehrszüge konnten nicht fahren.160 Güterzüge standen am Morgen noch still. Zwischen 80 und 90 Prozent der Züge fielen aus oder waren verspätet, teilte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in Frankfurt am Main mit. Die Folgen waren noch lange nach dem Streikende spürbar.

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In NRW sei es zu zahlreichen Beeinträchtigungen gekommen, sagte eine Bahnsprecherin am Mittwochmorgen. Züge im Regional- und Fernverkehr waren verspätet oder fielen aus. Regionale Schwerpunkte ließen sich nicht ausmachen. "Es geht durchs ganze Land", sagte die Sprecherin. Zu einem kompletten Stillstand sei es jedoch nicht gekommen. Im Regionalverkehr gebe es keine Linie, die gar nicht fahre. Alle Bahnhöfe in NRW seien befahrbar. Am Dienstag war befürchtet worden, dass von streikenden Lokführern abgestellte Züge Strecken blockieren könnten. Auf einigen Linien könne es aber noch länger als bis zum Mittag dauern, bis der Verkehr wieder nach Plan rollt.

Probleme bei App und Internetseite der Bahn

Bahn-Streik in Deutschland
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Probleme gab es am Morgen nicht nur im Zugverkehr, sondern auch beim Informationssystem der Bahn. Sowohl die App der Deutschen Bahn für Smartphones wie auch die Fahrplanauskunft der Bahn waren bis etwa 8.30 Uhr nur eingeschränkt erreichbar. So hießt es am Morgen auf der Internetseite der Bahn, die Störungen anzeigen soll: "Aktuell liegen uns keine Meldungen für Nordrhein-Westfalen vor." Die Ursache für die Störung waren Serverprobleme, "aber die Ursache ist ungeklärt", sagte ein Sprecher der Bahn. Er empfahl den Kunden, sich bei Problemen unter m.bahn.de zu informieren. Seit 8.30 Uhr laufen App und Website aber wieder stabil.

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Der Streik hat am Mittwochmorgen den Zugverkehr auch im Großraum Neuss für mehrere Stunden nahezu lahmgelegt. Am Neusser Hauptbahnhof gab es Verspätungen von bis zu zwei Stunden, etliche Züge fuhren gar nicht. Viele Pendler kamen zu spät zur Arbeit. Und auch nachdem der Streik um sechs Uhr offiziell beendet war, entspannte sich die Lage zunächst kaum. Nur vereinzelt fuhren Züge am Hauptbahnhof ein. Die erste S-Bahn Richtung Düsseldorf verkehrte beispielsweise gegen 6.20 Uhr. Bei der Bahn rechnet man damit, dass sich die Auswirkungen des Streiks bis zum Mittag bemerkbar machen. "Die S-Bahnen sind etwas stärker betroffen als die Züge im Regionalverkehr", sagte ein Bahnsprecher am Mittwochmorgen unserer Redaktion. "Wir empfehlen, sich vor Reiseantritt zum Beispiel bei unserer Hotline zu erkundigen und etwas mehr Zeit als sonst mitzubringen", sagte der Sprecher.

Etliche Kunden reagierten dennoch verärgert. So wurde am Neusser Hauptbahnhof vor allem die Informationspolitik des Unternehmens kritisiert. "Es ist unmöglich, dass kein Mitarbeiter der Bahn hier am Neusser Hauptbahnhof ist, um Auskünfte zu geben", schimpfte ein Mann. Und darüber hinaus stimmten auch die Informationen im Internet nicht, so der Bahnkunde.

In Düsseldorf gab es am Vormittag ebenfalls noch Auswirkungen: So fiel die S11, die vom Flughafen Düsseldorf über Neuss bis Bergisch Gladbach fährt, am Morgen bis rund elf Uhr komplett aus. Vor allem Fahrgäste, die in den Neusser Süden wollten, hatten dadurch Probleme. Bei anderen Linien gab es Verspätungen.

Am Hauptbahnhof in Mönchengladbach war gegen 9 Uhr vom nächtlichen Bahnstreik nur noch wenig zu spüren. Nach Ende des Berufsverkehrs waren nur noch wenige Menschen in der Bahnhofshalle untwegs. Auch die Anzeigetafel verkündete gute Nachrichten: Die Züge fuhren wieder nach Plan, gegen 9.30 Uhr war lediglich ein Zug nach Aachen um etwa 5 Minuten verspätet. Viele Fahrgäste waren über den Streik gut informiert und hatten eine Alternative gewählt: "Ich bin heute morgen extra mit dem Bus statt mit der Bahn gefahren", sagte eine Frau, die sich am Kiosk eine Tageszeitung kauft. "Ich habe heute früh gemerkt, dass es etwas ruhiger war als sonst", bestätigt die Verkäuferin bei "Presse & Buch" im Hauptbahnhof Mönchengladbach.

Am Hauptbahnhof in Köln hingegen nutzten gegen neun Uhr Dutzende Kunden den Informationsschalter der Bahn, um sich über ihre Verbindungen zu informieren. Auch wenn sein ICE nach Frankfurt ausgefallen war, reagierte ein 50-jähriger Geschäftsmann gelassen. "Ich bin froh, dass nur über die Nacht gestreikt wurde. So sind Berufspendler wie ich nicht so hart getroffen", sagte er. Viele Regionalzüge hatten in Köln noch etwa 15 bis 30 Minuten Verspätung.

Am Bahnhof in Minden strandeten am Dienstagabend etwa hundert Zugpassagiere auf dem Weg nach Berlin. Sie wurden schließlich mit einer Bahn nach Hannover gebracht und von dort mit zwei von der Bahn besorgten Bussen nach Berlin gefahren.

In Essen war gegen acht Uhr die Lage weitgehend entspannt: Nur vereinzelt gab es Verspätungen von einigen Minuten.

Die Bundespolizei in Dortmund und Münster berichtete am Mittwoch, es habe keine Zwischenfälle mit gestrandeten Reisenden gegeben. Auch die Bahn berichtete, an den Bahnhöfen sei es ruhig geblieben. "Die Reisenden haben sich offensichtlich auf den Streik eingestellt", sagte die Sprecherin. Gestrandete Reisende hätten Taxischeine erhalten.

Die Presseabteilung der Deutschen Bahn hatte wohl selbst mit den Folgen des Streiks zu kämpfen. So zumindest schrieben sie über den Twitter-Kanal der Bahn, dass sie nach Dienstschluss in der Nacht zu Dienstag selbst zusehen müssten, wie sie nach Hause kämen.

Wir schauen jetzt auch, wie wir nach Hause kommen. Bis morgen früh nutzen Sie am besten http://t.co/uxMLGUqNpt & http://t.co/E6oPyVNcvi /jn

Fahrgäste können sich unter der kostenlosen Servicenummer 08000-996633 informieren. Zusätzliche Auskünfte gibt es laut Bahn unter www.bahn.de/aktuell oder unter m.bahn.de. Informationen über den Fernverkehr gibt es hier. Vom Streik betroffene Kunden der DB könnten ihre Fahrkarte und Reservierung in den Reisezentren oder DB Agenturen kostenlos erstatten lassen, erklärte die Bahn. Sie könnten auch den nächsten — auch höherwertigen — Zug nutzen. Bei zuggebundenen Angeboten wird dann die Zugbindung aufgehoben.

In den Zügen, die trotz Streikauswirkungen fahren, ist es offenbar vielerorts sehr voll:

Weselsky: Druck auf Bahn erhöhen

Der Streik war am Dienstagmorgen angekündigt worden. Auch Zugbegleiter und Bordgastronomen waren zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Die GDL will auch durchsetzen, dass sie künftig nicht nur die Lokführer der DB vertritt, sondern andere Berufsgruppen wie Zugbegleiter. Die werden bislang vor allem von der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten.

Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky sagte in der n-tv-Sendung "Das Duell", der Arbeitskampf solle "den Druck auf die Deutsche Bahn erhöhen". Trotz der kurzfristigen Ankündigung erwarte er, dass sich die Passagiere auf den Streik einstellen: "Die Menschen sind nicht dumm, sondern sie reagieren darauf. Wenn sie wissen, die Eisenbahn fährt nicht, dann fahren sie — soweit es möglich ist — nicht mit der Eisenbahn."

Vorstoß der Bahn abgelehnt

Weselsky warf der Bahn vor, den Streik provoziert zu haben, um ein negatives Klima gegen die Berufsgewerkschaft zu schaffen und so die Regierung dazu zu bringen, ein Gesetz zur Tarifeinheit zu verabschieden. "Das Management verweigert sich den inhaltlichen Verhandlungen mit der GDL, treibt uns in die Auseinandersetzung, um am Ende des Prozesses dann zu behaupten, die GDL macht eine organisationspolitische Auseinandersetzung", kritisierte der Gewerkschaftsführer bei n-tv.

Die GDL will auch für andere Beschäftigungsgruppen bei der Deutschen Bahn die Tarifverhandlungen führen. Der Konzern lehnt das ab und schlug vergangene Woche vor, die Tarifverhandlungen auszusetzen, bis die von der Koalition geplante gesetzliche Grundlage zur Tarifeinheit "klar ist". Bis dahin sollen die Lokführer zwei Prozent mehr Lohn erhalten. Diesen Vorstoß der Bahn lehnte Weselsky ab.

Auch bei Twitter will die Deutsche Bahn weiter Informationen bereitstellen.

Mit Agenturmaterial

(AFP/dpa)
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