Region Streit um Radfahrer im Wald

Region · Förster klagen zunehmend darüber, dass Mountain-Biker und Wanderer oft heftig aneinandergeraten. Es fehle das gegenseitige Verständnis. Außerdem werde oft abseits der Wege gefahren. Radfahrer plädieren für mehr Rücksichtnahme und verurteilen falsches Verhalten.

Im Herbst suchen die Menschen im Wald Erholung — und finden häufig nur den Stress, dem sie entfliehen wollten. Vor allem, weil sich verstärkt Gruppen mit unterschiedlichen Interessen denselben Raum teilen: Spaziergänger und Mountain-Biker. Michael Herbrecht, Leiter des Forstbetriebsbezirks Dinslaken, muss immer häufiger bei Streitereien schlichtend eingreifen. Aber nicht nur das. Wenn Radfahrer und Fußgänger kollidieren, kommt es oft zu schweren Verletzungen. "Einen älteren Mann, der von einem Mountain-Biker angefahren wurde, mussten wir mit dem Hubschrauber aus dem Wald transportieren lassen", so Herbrecht. Für den Förster ein Unding. "Es fehlt das gegenseitige Verständnis", bemängelt er.

Das sieht die Geschäftsführerin des Waldbauernverbandes NRW, Heidrun Buß-Schöne, genauso. Sie kritisiert, dass sich viele Mountain-Biker nicht an die befestigten Wege halten, sondern quer durch den Wald fahren. "Der wird aber hierzulande zu zwei Dritteln privat bewirtschaftet. Wenn Radfahrer beispielsweise durch Schonungen fahren, in denen Naturverjüngung betrieben wird — das heißt, die Samen eines Baumes sind auf dem Boden verstreut —, richten sie damit einen Schaden auf Jahre an." Meistens wüssten die Radler gar nicht, welches Unheil sie konkret anrichten. Was sie allerdings sehr gut wüssten, sei die Tatsache, dass sie laut Gesetz auf unbefestigten Wegen nichts zu suchen haben. "Aber die Leute interessiert es nicht", so Buß-Schöne. "Es fehlt einfach das Unrechtsbewusstsein."

Für Bernhard Göbgen, Betreiber einer Mountain-Bike-Schule und Bergisch-Land-Beauftragter der Initiative Mountain-Bike, ist das Problem auf wenige schwarze Schafe beschränkt. "Sicher gibt es mal Zwischenfälle und wie überall Menschen, die sich nicht benehmen können", sagt Göbgen, "aber ich habe so etwas noch nie erlebt". Allerdings sagt der Radfahrer auch ganz klar: Wanderer haben Vorrang. Seinen Schülern vermittelt er, wie wichtig Rücksichtnahme gegenüber Fußgängern ist. Aus Angst entsteht Aggression, weiß Göbgen. "Man muss sich bemerkbar machen und langsam fahren", sagt er. "Alles hängt davon ab, wie man miteinander umgeht."

Gerade da sieht Förster Herbrecht aber noch Nachholbedarf — auf beiden Seiten. Oft würden sich diejenigen, die sich im Recht befinden, mit ihrem Verhalten ins Unrecht setzen. "Etwa wenn ein angefahrener Fußgänger mit dem Spazierstock auf das Rad einschlägt oder einem Radler etwas hinterherwirft", so Herbrecht. Das Problem: Die Betroffenen verweigern oft die Personalien, und Räder haben keine Kennzeichnungspflicht. Deshalb werden manche Biker von ihm schon mal heimlich bis zum Auto verfolgt. Am Ende drohen Knöllchen. "Aber es geht uns nicht ums Geldverdienen, sondern darum, die Toleranz zu fördern."

Das will auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). In Broschüren und Kursen für Mountain-Bike-Tourenleiter wird etwa zu Rücksichtnahme gegenüber Wanderern aufgefordert. "Natürlich darf man nicht durch Privatwald oder abseits befestigter Wege fahren. Auch im Wald gelten Regeln", so ADFC-Sprecherin Bettina Cibulski. Allerdings seien es oft wenige Einzelfahrer, die sich nicht daran halten würden. Dazu komme, dass vor allem jüngere Moutain-Biker von der Tendenz her die "Freerider" unter den Radfahrern wären.

Wie lassen sich die Interessen beider Gruppen nun am besten unter einen Hut bringen? Buß-Schöne vom Waldbauernverband reagiert skeptisch. Die Zahl der Menschen, die den Wald zur Erholung nutzen, steige kontinuierlich. Und geahndet werden können Regelverstöße kaum — dazu gebe es viel zu wenige Förster, die viel zu große Gebiete zu betreuen hätten.

Herbrecht plädiert für größere ausgewiesene Freiflächen, wo die Mountain-Biker ihren Sport ausüben können. In der Zusammenarbeit mit dem Mountain-Biker-Verband NRW habe er da gute Erfahrungen gemacht. Um solche Flächen einzurichten, sei aber die Politik gefragt. Biker Göbgen ist da eher zwiegespalten. "Irgendwann werden die Fahrradfahrer ausschließlich in speziellen Revieren geduldet. Dabei braucht es nur gesunden Menschenverstand, um miteinander auszukommen."

(RP)
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