Datenschutz in NRW Streit um Wildkameras in den Wäldern

Düsseldorf · Viele Jäger nutzen Wild-Kameras, um ihr Revier zu erkunden. Immer wieder kommt es vor, dass auch Spaziergänger auf den Bildern zu sehen sind. Ein Verstoß gegen den Datenschutz? An der Frage scheiden sich die Geister.

 Aufnahme eines Rehs in der Nacht durch eine Wildkamera.

Aufnahme eines Rehs in der Nacht durch eine Wildkamera.

Foto: Privat

Falko Hufnagel ist Jäger im Bergischen Land. Der 43-Jährige taxiert ein ausgewachsenes Wildschwein. Hufnagel sitzt nicht auf seinem Hochsitz — sondern zu Hause an seinem Computer. Das Wildschwein ist auf einem Bild zu sehen, das eine Kamera mit Bewegungssensor aufgenommen hat. "Die Fotoauswertung ist ein gutes Hilfsmittel bei der Jagd", erklärt der Diplom-Betriebswirt. Durch die Fotos gewinne man Klarheit, welche Tiere im Revier unterwegs sind — und Hinweise darauf, wann es sich lohnt, auf Jagd zu gehen.

Immer mehr Jäger in NRW machen sich neuerdings die Foto-Technik zunutze. Die Qualität der Bilder reicht zwar nicht fürs Familienalbum, aber sie erlaubt es, junge von alten Wildschweinen oder Rehen zu unterscheiden. Discounter bieten die Geräte schon für 100 Euro an. Fachhändler sprechen von einem Boom. Immer wieder kommt es vor, dass nicht nur Wildtiere, sondern auch Spaziergänger, die abseits der Wege unterwegs sind, in die Foto-Falle tappen. Schließlich werden die Geräte ausdrücklich mit dem Versprechen angepriesen, dass sie auch Umweltverschmutzer, Holzdiebe und Vandalen ablichten. Deswegen werfen Kritiker den Jägern vor, gegen das Bundesdatenschutzgesetz zu verstoßen. In Österreich geriet im vergangenen Jahr ein Politiker in Bedrängnis, der von einer Kamera beim Seitensprung gefilmt wurde.

Bislang sind die Wildkameras in NRW nicht verboten. Matthi Bolte, Datenschutzexperte der Grünen im Düsseldorfer Landtag, spricht sich allerdings für Verwendungseinschränkungen aus. "Wenn Wildkameras zum Einsatz kommen, dann müssen sie durch Hinweisschilder gekennzeichnet sein", verlangt Bolte. Eine flächendeckende Dauerüberwachung dürfe es nicht geben. Die technischen Möglichkeiten seien so weit fortgeschritten, dass die Wildbeobachtung auf das Notwendigste beschränkt werden könne. Auch Henning Höne, Umweltexperte der FDP im Landtag, verlangt, dass der Datenschutz "sehr ernst" genommen werden muss.

Im Saarland müssen Spaziergänger mittlerweile durch Schilder vor den Wildkameras gewarnt werden. Jägern, die gegen die Kennzeichnungspflicht verstoßen, drohen Geldbußen bis zu 50 000 Euro. Viele Jäger lehnen die Schilder ab, weil sie fürchten, dass diese zum Diebstahl der teuren Technik einladen. In Rheinland-Pfalz, wo angeblich 30 000 Kameras in den Wäldern hängen, denkt die Landesregierung darüber nach, die Wildkameras zu untersagen. Hessen hat den Einsatz der Geräte bereits komplett verboten. Da der Wald ein öffentlicher Raum sei, hätten die Bürger das Recht, dort unkontrolliert unterwegs zu sein, so die Begründung.

Der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen (LJV) verteidigt einen Einsatz der Fotofallen. "Wir haben verbindliche Richtlinien für die Nutzung der Geräte aufgestellt", sagt LJV-Sprecher Andreas Scheider. Darin heißt es, der Einsatz von Wildkameras sollte auf wenige, besonders sensible, öffentlich nicht zugängliche Örtlichkeiten im Revier beschränkt bleiben. Aufnahmen von Menschen sollen unverzüglich gelöscht werden — auch wenn diese sich widerrechtlich an jagdlichen Einrichtungen aufgehalten haben. Der Justiziar des Landesjagdverbands, Hans-Jürgen Thies, empfiehlt in einer Vereinszeitung den Jägern, Wildkameras nur an Hochsitzen und Jagdhütten zu montieren. Rainer Deppe, umweltpolitischer Sprecher der CDU im Landtag, erklärte, die Politik solle auf das Verantwortungsbewusstsein der Jäger setzen. Dies sei intelligenter, als wieder eine neue Verbotsdebatte zu führen.

Auch Falko Hufnagel kann die Kritik an den Kameras nicht nachvollziehen. "Wir stellen die Wildkameras an Stellen auf, an denen so gut wie nie ein Wanderer oder Jogger vorbeikommt", erläutert der Jäger. Für das Wild bedeute die Kamera sogar eine Entlastung, weil jeder menschliche Kontakt für die Tiere mehr Stress darstelle als die Kamera. Die Wildkamera an einer Waldwegkreuzung aufzustellen, mache auch aus jagdlicher Sicht keinen Sinn, betont er.

(RP)
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