Prozess um möglichen Asylbetrug Stammt syrische Familie eigentlich aus der Ukraine?

Münster · Eine Familie aus Syrien erhält Asyl. Doch dann ist plötzlich von Betrug die Rede. Eltern und Kinder sollen eigentlich aus der Ukraine stammen. Jetzt liegt ihr Schicksal in der Hand eines Richters.

Ein Briefkasten des Verwaltungsgerichts in Münster. An diesem Gericht findet der Prozess statt.

Ein Briefkasten des Verwaltungsgerichts in Münster. An diesem Gericht findet der Prozess statt.

Foto: dpa, ve fpt

Eine jesidische Familie wehrt sich vor Gericht gegen den Verdacht des Asylbetrugs. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) behauptet, dass sich Eltern und Kinder bei der Einreise 2014 fälschlicherweise als Syrer ausgegeben haben. Tatsächlich stammten sie aus der Ukraine. Schließlich spreche keiner von ihnen arabisch. Zum Prozessauftakt vor dem Verwaltungsgericht Münster hat der 34-jährige Familienvater den Vorwurf am Montag jedoch vehement zurückgewiesen. "Ich komme aus einem kleinen Dorf in Syrien, in dem nur Jesiden gelebt haben", sagte er dem Richter. "Da wird kein arabisch gesprochen - nur kurdisch." Er sei auch nicht zur Schule gegangen.

Der Familie war im März 2015 offiziell die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen worden. Das Verfahren war zum Großteil auf dem Schriftwege erledigt worden. Bei einer ersten kurzen Anhörung hatte ein Dolmetscher zwar bereits Zweifel geäußert, ob die Familie wirklich aus Syrien stamme, weil kaum arabische Wörter in der kurdischen Sprache benutzt worden seien. Nachgegangen war man dem Verdacht aber nicht.

Dass nun alles wieder rückgängig gemacht werden soll, hat sich die Familie angeblich selbst zuzuschreiben. Vor Gericht war davon die Rede, dass sie damit geprahlt habe, wie einfach es doch sei, nach Deutschland zu kommen. Man müsse einfach nur angeben, dass man aus Syrien stamme.

Die zuständige Behörde in Borken/Westfalen hatte den Betrugsverdacht schließlich an das BAMF weitergeleitet. Im April 2016 wurde die Flüchtlingsanerkennung offiziell zurückgenommen. Genau dagegen wird nun geklagt.

Dass es sich bei den Eheleuten und ihren beiden minderjährigen Kindern um Jesiden kurdischer Abstammung handelt, steht wohl fest. Daran hatte auch der Richter am Verwaltungsgericht Münster am Montag keinen Zweifel. Aber wo hat die Familie gelebt, bevor sie 2014 nach Deutschland kam? In Syrien? In der Türkei? Oder tatsächlich in der Ukraine?

Auf Nachfrage konnte der 34-Jährige weitere syrische Dörfer beschreiben und Namen von Einwohnern nennen. "Mein Mandant konnte auf alle Fragen antworten", sagte sein Anwalt Baris Yesil. "Der Vorwurf, dass er aus der Ukraine kommt, ist einfach lächerlich." Trotzdem war der Richter am Ende nicht überzeugt. Er wird nun ein Sprachgutachten einholen, um anhand des kurdischen Dialektes festzustellen, wo der Familienvater tatsächlich herkommt.

Eine Entscheidung soll noch in diesem Jahr fallen.

(lsa/top/lnw)
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