Flüchtlingskriminalität BKA wehrt sich gegen Manipulationsvorwürfe durch Polizistin

Düsseldorf · Mit ihrem Buch "Deutschland im Blaulicht" sorgte die Bochumer Streifenpolizistin Tania Kambouri für Aufsehen. Jetzt erhebt sie Vorwürfe gegen das Bundeskriminalamt: Die Zahlen zur Kriminalität von Flüchtlingen würden beschönigt. Die Behörde dementiert.

 Die Bochumer Streifenpolizistin sagt, sie könne sich vorstellen, dass die Zahlen des BKA zur Kriminalität bei Flüchtlingen beschönigt werden.

Die Bochumer Streifenpolizistin sagt, sie könne sich vorstellen, dass die Zahlen des BKA zur Kriminalität bei Flüchtlingen beschönigt werden.

Foto: Sascha Kreklau

"Gewalt gegen Polizisten geht oft von jungen Muslimen aus." Mit Sätzen wie diesem aus ihrem Buch "Deutschland im Blaulicht. Notruf einer Polizistin" wurde Tania Kambouri von der Polizei in Bochum bekannt. Auch in Talkshows spricht sie offen über ihren Alltag als Streifenpolizistin und über die zunehmende Respektlosigkeit, die ihr und ihren Kollegen entgegenschlägt - vor allem von Ausländern, wie sie sagt. In einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" nimmt sie nun auch Begegnungen mit Flüchtlingen in den Blick.

Zunächst habe sie die Sicht vertreten, "dass wir Flüchtlingen helfen müssen", sagt Kambouri. Doch durch Erlebnisse in ihrem Alltag als Streifenpolizistin habe sich ihre Meinung geändert. "Wir erleben es nicht selten, dass Flüchtlinge, die erst seit wenigen Tagen im Land sind, Straftaten begehen", sagt Kambouri. Dass Flüchtlinge nicht mehr Straftaten als Deutsche begehen, wie es in einem Bericht des Bundeskriminalamtes heißt, glaubt die Polizistin nicht. Stattdessen erhebt sie Vorwürfe in dem Interview: "Ich könnte mir vorstellen, dass da etwas gefälscht oder beschönigt wurde, um keine Angst in der Bevölkerung zu schüren." Die richtigen Zahlen zur Kriminalität von Flüchtlingen würden nicht veröffentlicht, weil sie politisch nicht gewollt seien, sagt Kambouri. "Wer die Wahrheit bei diesem Thema sagt, wird schnell in die Nazi-Ecke gestellt."

Das Bundeskriminalamt hatte im November einen Bericht zum Thema Kriminalität von Flüchtlingen vorgestellt. Die zentrale Aussage: Flüchtlinge begehen nicht mehr Straftaten als die einheimische Bevölkerung. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der den Bericht vorstellte, sagte: "Insgesamt zeigen uns die derzeit verfügbaren Tendenzaussagen, dass Flüchtlinge im Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig werden wie Vergleichsgruppen der hiesigen Bevölkerung. Der Großteil von ihnen begeht keine Straftaten, sie suchen vielmehr in Deutschland Schutz und Frieden."

Auffälliger als andere seien allerdings Asylbewerber aus bestimmten Herkunftsländern. "Dies gilt nicht für Flüchtlinge aus Syrien und Irak", sagte de Maizière. Überrepräsentiert seien Tatverdächtige aus Serbien, Kosovo und Mazedonien. Der Bericht, in den Zahlen aus zwölf Bundesländern einflossen (NRW war nicht darunter), sei ausdrücklich mit dem Ziel erstellt worden, "Gerüchten über den Anstieg von Straftaten den Boden zu entziehen und belastbare Informationen zu erhalten", sagte de Maizière.

Lisa Häger, Sprecherin des Bundesinnenministeriums, will die aktuellen Aussagen von Tania Kambouri nicht kommentieren. "Die Zahlen, die das BKA veröffentlicht hat, sind korrekt und gelten", sagt Häger.

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Foto: dpa, rwe jai

Auch beim BKA selbst will man Kambouris Äußerungen so nicht stehenlassen. "Die Aussage der Bochumer Polizeibeamtin, dass in der ersten Lageübersicht des BKA zur Kriminalität im Kontext von Zuwanderung 'etwas gefälscht oder beschönigt wurde', wird entschieden zurückgewiesen", teilte ein Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion mit. Die Feststellungen des BKA vom November würden auf Fallzahlen und Situationsschilderungen der Länderpolizeien beruhen. "Danach gibt es durch Asylbewerber und Flüchtlinge keinen überproportionalen Anstieg der Kriminalität. Bestimmte Gruppen fallen kaum durch Kriminalität auf, etwa Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak. Andere wiederum stärker, vor allem junge Männer beispielsweise aus Albanien oder dem Kosovo."

Beim LKA in Nordrhein-Westfalen heißt es, NRW werde sich erst ab Januar 2016 an dem Informationsaustausch beteiligen, auf dessen Basis das Lagebild erstellt wurde. Derzeit wird in der polizeilichen Kriminalstatistik für NRW nicht erfasst, ob ein Täter Flüchtling ist oder nicht. In der Statistik wird lediglich nach deutschen und "nicht deutschen Tatverdächtigen" unterschieden. Kambouri hatte im Interview mit der Stuttgarter Zeitung gesagt, dass in NRW "erst seit Kurzem erfasst wird, ob ein Täter Flüchtling ist". Zu den Vorwürfen Kambouris, die Zahlen zur Kriminalität von Flüchtlingen könnten beschönigt sein, wollte sich der LKA-Sprecher gegenüber unserer Redaktion nicht äußern.

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(lsa)
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