Mülheim/Ruhr Tengelmann: Kaiser's bleibt ein Problem

Mülheim/Ruhr · Der Konzern hat bereits die Schließung von 27 Märkten angekündigt. Nach dem Auslaufen des Sicherungstarifvertrages sind auch betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen - in geringem Ausmaß, sagt Konzernchef Haub.

 Der Supermarkt in Erkrath schließt bald - wie mehrere Filialen in der Region, die schon zugemacht wurden oder bald schließen.

Der Supermarkt in Erkrath schließt bald - wie mehrere Filialen in der Region, die schon zugemacht wurden oder bald schließen.

Foto: Dietrich Janicki

Die Supermarktkette Kaiser's war mal eines der Aushängeschilder des Handelskonzerns Tengelmann. Heute ist das Tochterunternehmen ein Sorgenkind. "Kaiser's Tengelmann ist seit mehreren Jahren ein Geschäftsfeld mit besonderen Herausforderungen", sagt Karl Erivan Haub, Vorstandschef und persönlich haftender Gesellschafter bei Tengelmann. Im Mai hat der Konzern angekündigt, dass 27 Niederlassungen in der Region Nordrhein, davon neun am südlichen Niederrhein, geschlossen werden müssten. In diesen Filialen sind nach Angaben von damals etwa 500 Mitarbeiter betroffen.

Damit ist aber möglicherweise noch nicht Schluss. Nach dem Auslaufen des vor drei Jahren geschlossenen Sicherungstarifvertrages sind betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen, wie Haub einräumt. Allerdings werde das nur in geringem Ausmaß der Fall sein. Und Haub deutet an, dass weiterer Jobabbau wohl verstärkt die Zentrale treffen würde. Von Koperationen und möglichen Partnerschaften ist die Rede, davon, dass Tengelmann Kaiser's abgeben könnte, weniger: "Das ist eine Option, die die Familie am wenigsten in Erwägung ziehen würde", sagt Haub. Wie es weitergeht, soll im Herbst klar sein. Die Unternehmensberater, die das Zukunftskonzept für Kaiser's entwickelten, hätten mittlerweile das Haus verlassen, so der Vorstandsvorsitzende gestern bei der Bilanzvorlage.

Während Kaiser's trotz stabilen Umsatzes von knapp zwei Milliarden Euro also ein Problemfeld bleibt, sieht der Konzernlenker bei den anderen großen Töchtern Kik (Textil) und Obi (Baumarkt) deutliche Verbesserungen. Beide haben in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres zwar gewaltig unter den Wetterkapriolen gelitten, doch bei beiden sieht Haub im bisherigen Jahresverlauf 2014 "rekordverdächtige Umsatzzuwächse". Branchenführer Obi (im vergangenen Jahr rund vier Milliarden Euro Umsatz) hat von der Pleite des Konkurrenten Praktiker profitiert, drei Märkte in München und insgesamt 20 der früheren Nummer eins übernommen.

Kik startete zwischen Juli und Dezember 2013 eine Aufholjagd, schloss das Jahr noch mit einem Umsatzplus von knapp sieben Prozent auf 1,57 Milliarden Euro ab und hat auch in diesem Jahr deutlich zugelegt. Die Textilkette zähle trotz sinkender Filialzahlen zu den Gewinnern der Branche, sagt Haub. Allerdings gehört das Unternehmen auch zu jenen Anbietern, die beispielsweise in Bangladesh fertigen und nach dem Einsturz einer Fabrik in dem asiatischen Land in die Kritik geraten waren.

Immer wichtiger wird natürlich auch für einen Konzern wie Tengelmann das Internet. Und zwar nicht nur, weil die Mülheimer selbst einen Teil ihres Geschäfts über das weltweite Netz generieren, sondern auch, weil sie Unternehmen in dem Bereich mit Kapital versorgen. Mehr als 100 Millionen Euro hat Tengelmann laut Haub in den vergangenen Jahren an sogenanntem "Venture Capital" gegeben, als Anschubfinanzierung für Start-ups.

Ein namhaftes Beispiel dafür ist Zalando - das Unternehmen, das durch den Verkauf von Schuhen bekannt wurde, aber mittlerweile auch eine Vielzahl von Modeartikeln anbietet. Tengelmann hält an Zalando gegenwärtig gut fünf Prozent, und auch für Haub ist der seit längerer Zeit diskutierte Börsengang des Internet-Händlers denkbar: "Das ist eine Option." Aussteigen wollen die Alteigentümer bei einer Neuemission aber nicht. Dazu ist die Wachstumsperspektive von Zalando am Ende einfach zu verlockend.

(RP)
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