Silvester-Übergriffe in Köln U-Ausschuss plant Ortstermin an Domplatte

Düsseldorf · Sieben Wochen nach der Silvester-Schreckensnacht in Köln nimmt ein Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags die Arbeit auf. Er soll klären, wie es zu den Taten kommen konnte und wer die Verantwortung trägt.

 Der Untersuchungsausschuss soll die Vorfälle in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof aufklären.

Der Untersuchungsausschuss soll die Vorfälle in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof aufklären.

Foto: dpa, hjb

Der neue Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zur Silvesternacht in Köln will auch zahlreiche Politiker als Zeugen befragen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) werde geladen, und auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) komme als Zeugin infrage, sagte der Vorsitzende des Ausschusses Peter Biesenbach (CDU) am Donnerstag nach der nicht-öffentlichen ersten Sitzung in Düsseldorf.

Gebe es "Anhaltspunkte", dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) "dazu etwas sagen kann", wolle man auch ihn bitten, sagte CDU-Politiker Biesenbach. SPD und FDP signalisierten bereits am Donnerstag, dass sie eine Befragung des Bundesinnenministers für geboten halten. Er ist verantwortlich für die Bundespolizei, die für die Sicherheit auf Bahnhöfen zuständig ist.

Das Wissen werde diesmal weniger aus Akten kommen, kündigte Biesenbach an. Allerdings sollten "sämtliche Anzeigen" im Zusammenhang mit den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht angefordert werden. Am kommenden Montag werden sich die Ausschussmitglieder zunächst bei einem Ortstermin ein Bild von den Gegebenheiten rund um den Kölner Hauptbahnhof und den Dom machen.

Biesenbach zufolge geht es darum zu klären, warum die Polizei die Angriffe nicht verhindert habe, wer wann was wusste und verantwortlich war. Man wolle dem Eindruck entgegentreten, dass der Rechtsstaat "Pause" habe in Köln und NRW - und zudem das möglicherweise verlorene Vertrauen in die Sicherheitskräfte wieder zurückgewinnen. Der Untersuchungsausschuss muss im kommenden Frühjahr seinen Abschlussbericht vorlegen - vor der anstehenden Landtagswahl.

Mittlerweile sind fast 1100 Anzeigen eingegangen. Nahezu 600 Menschen geben an, in Köln Opfer einer Sexualstraftat geworden zu sein. Innenminister Jäger hatte der Kölner Polizeiführung schwere Fehler vorgeworfen und den damaligen Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den einstweiligen Ruhestand geschickt. Es wird erwartet, dass die Opposition den Minister im Untersuchungsausschuss erneut ins Visier nimmt.

Der SPD-Abgeordnete Hans-Willi Körfges sagte aber am Donnerstag, er sei zuversichtlich, in dem Ausschuss "keine Wahlkampftöne aufkommen zu lassen". Auch Biesenbach stellte klar: "Wir machen Sacharbeit." Die Perspektive der Opfer soll stark in den Blick rücken. Angesichts des enormen öffentlichen Aufklärungsinteresses und der auch internationalen Schlagzeilen nach den Silvester-Attacken sei der Untersuchungsausschuss unter Druck. FDP-Obmann Marc Lürbke kündigte an, man werde "die strukturellen Defizite in der inneren Sicherheit" in NRW intensiv unter die Lupe nehmen.

Mit Blick auf die Zuständigkeiten schränkte Biesenbach ein: Bei Zeugen aus den Reihen der Bundespolizei - sie war in der Silvesternacht innerhalb des Hauptbahnhofs eingesetzt - sei man auf freiwilliges Kommen angewiesen. Die Zeugenbefragung werde wohl bis Dezember dauern. Den Anfang sollen - voraussichtlich am 7. und 18. März - vier Zeugen machen: Die Einsatzleiter der Kölner Polizei und der Bundespolizei, eine frühere Pressesprecherin der Kölner Polizei sowie der Einsatzleiter der Stadt Köln.

In dem Ausschuss mit zwölf stimmberechtigten Mitgliedern sind fünf Abgeordnete der SPD, drei der CDU, zwei der Grünen vertreten sowie je ein Parlamentarier von FDP und Piraten. Es handelt sich um den vierten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in NRW - neben je einem zur WestLB, zu verdächtigen Geschäften des landeseigenen BLB-Betriebs und zu den mutmaßlichen NSU-Verbrechen.

(haka/lnw)
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