Unwetter im Rheinland Die Sturm-Bilanz: Sechs Tote, Millionenschaden, 300 Kilometer Stau

Düsseldorf · Orkantief "Ela" hat in NRW große Verwüstungen angerichtet. Die Aufräumarbeiten werden noch Tage dauern. Aus Vorsicht schließen im Rheinland und Ruhrgebiet etliche Schulen.

Beim schwersten Unwetter seit vielen Jahren sind im Rheinland und Ruhrgebiet sechs Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 30 Menschen wurden schwer und 37 leicht verletzt. In Düsseldorf wurden drei Personen in einem Gartenhäuschen von einer Pappel erschlagen. Drei weitere teils schwer verletzte Menschen musste die Feuerwehr aus den Trümmern der Laube befreien.

In Krefeld und Köln starben zwei Fahrradfahrer ebenfalls durch herabstürzende Bäume. In Essen kam ein Mann bei Aufräumarbeiten ums Leben. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) legte bei einem Wahlkampfauftritt in Moers spontan eine Schweigeminute für die Todesopfer ein und sagte alle weiteren für gestern geplanten Auftritte ab.

Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 144 Kilometern pro Stunde in Düsseldorf erreichte Tief "Ela" Orkanstärke. Das schwere Unwetter war vorgestern Abend gegen 20 Uhr über weite Teile des Landes hereingebrochen. Es war Experten zufolge das schwerste Unwetter seit Orkan "Kyrill" im Januar 2007. Der war ebenfalls mit Windgeschwindigkeiten von rund 150 Stundenkilometer über NRW hinweggefegt. Damals starben in Europa 47 Menschen. "Ein solch schwerer Sturm kommt in zehn Jahren etwa einmal vor", sagte Meteorologe Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst. Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach hingegen "vom schlimmsten Unwetter seit rund 20 Jahren".

In vielen Städten richtete "Ela" innerhalb weniger Minuten große Verwüstungen an. Feuerwehr und Polizei rückten bis gestern Nachmittag rund 17 000 Mal aus. Landesweit waren etwa 14 000 Helfer der Feuerwehren, der Hilfsorganisationen und des Technischen Hilfswerks im Einsatz.

Zeitweise waren die Notrufnummern wegen Überlastung nicht zu erreichen. Die Feuerwehr bat darum, nur in schwerwiegenden Fällen anzurufen. Zudem wurden die Bürger gebeten, nach Möglichkeit selbst kleinere Äste von den Straßen zu räumen. Aus Sicherheitsgründen war fast der komplette Bahnverkehr in NRW für mehrere Stunden lahmgelegt, nachdem Tausende Äste auf die Gleise und Stromleitungen gestürzt waren. Der Düsseldorfer Flughafen war eine Stunde gesperrt.

Das ganze Ausmaß der Verwüstung wurde erst am Morgen sichtbar. Im Raum Düsseldorf und Duisburg brach der Pendlerverkehr wegen Zehntausender abgeknickter und entwurzelter Bäume teilweise völlig zusammen. Auf den Autobahnen bildeten sich mehr als 30 Staus mit einer Gesamtlänge von 300 Kilometern. Für den Weg von Mönchengladbach in die Landeshauptstadt benötigten Autofahrer zum Teil bis zu vier Stunden. Wegen Aufräumarbeiten waren die A 40 bei Mülheim und die A 52 bei Essen bis in die Abendstunden gesperrt. "Die Beseitigung der Schäden wird mehrere Wochen dauern", sagte ein Sprecher des Landesbetriebs Straßen NRW. Die A 43 bei Recklinghausen in Richtung Wuppertal werde bis Mittwochmorgen gesperrt bleiben, die A 540 bei Grevenbroich in Richtung Köln sogar bis morgen.

Die Sturmschäden im Hofgarten
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Die Sturmschäden im Hofgarten

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Foto: Markus Huter

Der angerichtete Schaden liegt ersten Schätzungen zufolge im hohen zweistelligen Millionenbereich. Die Provinzial Rheinland Versicherung geht von rund 20 Millionen Euro aus. Trotzdem wird es wohl keine Soforthilfsmaßnahmen der Landesregierung für die betroffenen Städte geben. "Wir haben momentan noch nichts dergleichen geplant", sagte eine Sprecherin des Innenministeriums.

Viele Menschen wurden von dem Sturm völlig überrascht. Sie beklagten, dass die Unwetterwarnung zu spät herausgegeben worden sei. Doch laut Meteorologen sei das nicht anders möglich gewesen. "Ein derartiges Unwetter ist erst rund eine Stunde im Voraus vorhersagbar", erklärte Christian Herold.

In Düsseldorf sollen an diesem Mittwoch aus Sicherheitsgründen mehr als 30 Schulen geschlossen bleiben, die besonders schwer beschädigt wurden. Auch in Essen, Neuss, Bochum, Castrop-Rauxel und Gelsenkirchen wird heute der Unterricht an den Schulen ausfallen, wie die Städte gestern mitteilten. Zudem könnten Eltern laut Schulministerium selbstständig entscheiden, ob sie ihre Kinder bei solch einer Gefahrenlage zur Schule schicken.

Unwetter in Duisburg: Schäden in Millionenhöhe
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Unwetter in Duisburg: Schäden in Millionenhöhe

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Foto: Andreas Sadrina

An diesem Mittwoch kann es in Teilen NRWs noch mal Gewitter geben. In der Nacht sollen die Unwetter jedoch in den Süden Deutschlands abziehen. "Dann sind wir sie endlich los und können durchatmen", sagte Herold.

(RP)
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