Valentinstag Verheiratet, verwitwet, verliebt

Krefeld · Karlo Weber ist 83 Jahre alt. 56 Jahre war er verheiratet, seine Frau starb vergangenen Frühling. Vor dem Alleinsein graute es ihm. Beim Tanzen lernte er eine neue Partnerin kennen, die auf eine ganz ähnliche Geschichte zurückblickt. Nun sind sie verliebt - nicht nur am Valentinstag.

 Christa Klever und Karlo Weber sind seit knapp sechs Wochen ein Paar. Mindestens zweimal pro Woche besucht die 70-Jährige aus Bedburg ihren Karlo (83) in Krefeld. Die beiden sind gerne "op jöck".

Christa Klever und Karlo Weber sind seit knapp sechs Wochen ein Paar. Mindestens zweimal pro Woche besucht die 70-Jährige aus Bedburg ihren Karlo (83) in Krefeld. Die beiden sind gerne "op jöck".

Foto: Andreas Endermann

Glaubt man Karlo Weber, dann hat es keine 30 Sekunden gedauert, bis Christa Klever ihn auf der Tanzfläche ansprach. "Da hatte ich das Odeon gerade erst betreten", erzählt er. Das Odeon ist ein Tanzpalast in Krefeld, und immer sonntags ist dort Tanztee. Glaubt man Christa Klever, dann hat sie sich nicht auf Karlo Weber gestürzt: "Ich habe ihn nur gefragt, ob er mal mit mir tanzen würde."

Der stattliche Mann mit den weißen Haaren habe ihr gefallen. Und dann ging alles ganz schnell: Wenige Tage später waren die beiden schon ein Paar. "Wir haben ja keine Zeit mehr zu verlieren", sagt der 83-jährige Karlo Weber, lacht und kneift seiner LAG (Lebensabschnittsgefährtin), wie er Christa meist nennt, in die Wange.

Beide sind verwitwet

Christa Klever und Karlo Weber waren beide mehr als 50 Jahre mit ihren Partnern verheiratet. Er hat drei Töchter, neun Enkel und bald einen Urenkel, sie kommt auf zwei Kinder und ein Enkelkind. Und beide sind verwitwet. Christas Mann starb plötzlich vor fünf Jahren. Karlos Frau war schon seit einiger Zeit krank, bevor sie im Mai vergangenen Jahres von ihm ging. "Ich bin niemand, der gut alleine sein kann", sagt Karlo Weber. Wenn man 56 Jahre verheiratet gewesen sei, falle das umso schwerer. Mit seiner Frau Gertrud habe er vereinbart, dass der, der den anderen überlebt, sein Leben weiterführen soll - wenn es sich ergibt, mit einem neuen Partner an seiner Seite.

Als er Christa kennenlernte, sei das für ihn "ein Wink meiner Frau" gewesen. Sie wäre froh, ihn versorgt zu wissen, ist Karlo Weber überzeugt. Und das sind auch seine drei Töchter. "Meine Mutter hat sich um alles gekümmert, während mein Vater früher viel unterwegs war", erzählt Tochter Birgit, die ihren Vater mitbetreut. Auch für sie sei es eine Erleichterung, ihn umsorgt zu wissen. "Sie haben viel Spaß zusammen."

An Karneval hätten sie quasi durchgefeiert. "Mein Vater war immer gerne op jöck, früher hat meine Mutter da mitgezogen, nun ist es Christa", sagt die mittlere Tochter. Dass die Trauerzeit mit sieben Monaten recht kurz ausgefallen sei, finde niemand in der Familie schlimm. "Hauptsache, er ist wieder glücklich."

Ein großes Foto von der toten Frau

Im Wohnzimmer steht auf einem Holzschrank ein großes Foto von Karlo Webers verstorbener Frau. Die früheren Ehepartner gehören zur Beziehung der beiden dazu. "Wir besuchen auch gemeinsam die Gräber", sagt Karlo Weber, "und wissen, wie es dem anderen ergeht." Noch kennen nicht alle anderen Familienmitglieder seine LAG, aber das soll sich bald ändern. Im März haben beide Geburtstag, und das soll selbstverständlich gefeiert werden. "Vielleicht fliegen wir aber auch zusammen nach Mallorca", sagt der frühere Vertreter einer Maschinenfabrik, der schon immer viel gereist ist. Pläne schmieden, das liegt ihm.

Dass so viele Menschen im Alter alleine bleiben, können die beiden nicht nachvollziehen. Zu zweit sei es doch viel schöner. "Die Langeweile ist verschwunden", sagt Karlo Weber. Die Liebe im Alter erleben sie noch intensiver. "Das ist etwas ganz anderes, als wenn man jung ist", meint die 70-jährige Christa. Streicheleinheiten seien ihnen wichtig. "Und ab und zu einen Dauerlauf bekomme ich auch noch hin", sagt Karlo verschmitzt.

Mindestens zweimal pro Woche besucht Christa ihren Karlo in Krefeld, in der "Downing Street", wie er sein Reihenhaus scherzhaft nennt. "Und wir telefonieren viel", erzählt Christa, die früher als Friseurin gearbeitet hat und in Bedburg wohnt. "Wir haben ja beide eine Flatrate", ergänzt er. Pläne fürs Zusammenziehen gibt es vorerst nicht, denn beide haben ihre Häuser. "Das passt so, wie es jetzt ist", meint Weber. "Aber man weiß ja nie", sagt er und zwinkert.

Karlo sei ein sehr guter Tänzer

Der Tanztee im Odeon ist für das frischverliebte Paar jede Woche ein fester Termin. Dort seien viele alleinstehende Senioren. "Das Licht ist ideal, denn es ist schön dunkel, sodass man die Falten nicht sieht", sagt Christa und lacht. Doch wer als Singlefrau dort hingehe, sollte nicht darauf warten, angesprochen zu werden. Denn es herrscht Männermangel. "Als junge Frau war ich auch nicht so direkt, aber inzwischen denke ich mir: besser fragen, als alleine am Stehtisch zu lehnen und zu warten." Karlo sei ein sehr guter Tänzer und bei den Frauen entsprechend begehrt. Dreimal pro Woche geht er ins Fitnessstudio, bis vor kurzem ist er noch gejoggt. "Ich fühle mich fit", sagt er. Auch für die 13 Jahre jüngere Christa hält er ein Kompliment bereit: "Sie hat sich toll gehalten, ist ja klar, dass man mit 70 nicht mehr aussieht wie mit 30." Christa und Karlo foppen sich gerne - und nehmen sich nichts übel.

"Wir sind noch in der achtwöchigen Probezeit", scherzt Karlo Weber. Tatsächlich aber hat er einiges getan, um Christas Herz zu erobern. Nach dem Kennenlernen im Odeon am 20. Dezember überraschte er sie an Silvester im Kristallpalast in Bad Neuenahr, wo sie mit einer Freundin ins neue Jahr feierte. Natürlich auf der Tanzfläche. "Meine Freundin fragte nur: Ist das der Krefelder?" Ja, es war der Krefelder. Spätestens da war Christa Klever klar, dass nicht nur er ihr, sondern auch sie ihm gut gefallen hatte. "Es war Liebe auf den ersten Blick."

(RP)
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