Nahverkehr in NRW VRR-Kunden zahlen bald pro Kilometer

Gelsenkirchen · Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) will 2015 eine Alternative zu seinen komplizierten Tarifzonen anbieten. Kunden mit Smartphone können ihren Fahrpreis automatisch abbuchen lassen.

 Kunden mit Smartphone können ihren Fahrpreis ab 2015 automatisch abbuchen lassen.

Kunden mit Smartphone können ihren Fahrpreis ab 2015 automatisch abbuchen lassen.

Foto: MiS

Als erstes deutsches Nahverkehrssystem will der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) im kommenden Jahr entfernungsabhängige Fahrpreise einführen. Bezahlt werden sollen dabei nicht mehr die durchquerten Tarifzonen von "A" bis "E", sondern nur noch die zurückgelegten Kilometer. "Das ist für den Fahrgast transparenter und fairer", meint VRR-Chef José Luis Castrillo. "Wer nur eine kurze Strecke zurücklegen muss, wird nicht mehr bestraft, wenn er zufällig eine Tarifzone überquert."

Zeitgleich mit dem neuen Kilometer-Tarif will der VRR allen Kunden, die ein Smartphone besitzen, auch ein neues Bezahlsystem anbieten: Das sogenannte "Checkin-Checkout"-System (übersetzt: "Einsteigen und anmelden - aussteigen und abmelden"). Wer das entsprechende Programm auf sein Smartphone geladen hat, kann an jeder beliebigen VRR-Haltestelle in einen Bus oder eine Bahn einsteigen und sich vom Sitzplatz aus per Handy-Knopfdruck als Fahrgast anmelden. Die Abmeldung an der Zielhaltestelle erfolgt mit demselben Tastendruck. Während der Fahrt ersetzt das Smartphone den Fahrschein. VRR-Chef Castrillo: "Computersysteme verrechnen automatisch die zurückgelegte Entfernung auf Grundlage der Standortdaten des Fahrgastes beim Ein- und Aussteigen". Das System komme auch ohne Bargeld aus: Das Fahrtgeld wird wahlweise vom Bankkonto des Fahrgastes abgebucht oder mit einem vorher eingezahlten Guthaben verrechnet.

Monatskarten, Semestertickets oder anderen Abonnements gibt es weiterhin: Das alte Tarifsystem bleibt inklusive aller Fahrkarten und Bezahlmöglichkeiten erhalten. Castrillo: "Wir schicken nur ein zusätzliches Angebot ins Rennen." Langfristig will der VRR das Checkin-Checkout-System auch Kunden ohne Smartphone anbieten. Dafür müssen aber Chipkarten an die Fahrgäste ausgegeben werden und an allen Haltestellen Lesegeräte für das Ein- und Auschecken aufgestellt werden. "Das ist mit großem Aufwand verbunden. Deshalb wollen wir erst einmal in einem Pilotversuch mit unseren Smartphone-Gästen Erfahrungen sammeln", erklärt Castrillo.

Der Fahrgastverband "ProBahn" stimmt zu. "Da es sich um ein freiwilliges Zusatzangebot handelt, begrüßen wir das", sagt ProBahn-Sprecher Lothar Ebbers. Der Wettbewerb der Systeme werde zeigen, welche der beiden Tarifwelten der Kunde bevorzugt. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnt vor technischen Problemen: "Was passiert, wenn ich das Auschecken mal vergesse? Und was, wenn mein Handy-Akku während der Fahrt schlapp macht?", fragt VCD-Vorstand Jürgen Eichel. Castrillo gibt zu, dass noch nicht alle technischen Fragen geklärt sind: "Wir werden in solchen Fällen kulant sein. Wir haben ja ein Interesse daran, dass das neue System akzeptiert wird." Der VRR werde den neuen Kilometertarif auch nicht für eine Preiserhöhung missbrauchen. Castrillo: "Der alte Tarif bleibt ja bestehen. Jeder Kunde kann das überprüfen."

(tor)
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