Die Schönheit des Nachthimmels Warum man in der Eifel echte Sternstunden erleben kann

Vogelsang · Wegen zunehmender Lichtverschmutzung können wir die Sterne nur selten sehen. In Deutschland besteht die Möglichkeit lediglich an wenigen Orten wie in Vogelsang in der Eifel. Eine Begegnung mit der Schönheit des Nachthimmels.

 So deutlich sieht man den Sternenhimmel nur noch selten.

So deutlich sieht man den Sternenhimmel nur noch selten.

Foto: Grenzecho-Verlag / Andreas Gabbert

Per aspera ad astra - durch das Raue führt der Weg zu den Sternen. Wie wahr. Duster ist es in diesen Tagen, die Sonne macht Ferien. Die Winterwende ist zwei Tage her. Gerade richtig, um aufzubrechen in den Sternenpark Eifel. Die Dunkelheit gilt hier als Segen, als unerlässlich für den freien Blick. Allerdings nicht jene Dunkelheit, die durch die Verdüsterung durch Wolken zustande kommt. Nur in wolkenloser Nacht ist in der Eifel eine Sternenwanderung möglich.

Bei Einbruch der Dämmerung beginnt der himmlische Zauber. So als gäbe es einen Dimmer in der Natur, wird alles leiser, langsamer, feuchter. Die Wiesen riechen. Fledermäuse gehen auf die Jagd, Glühwürmchen auf die Balz. Das Wild wagt sich aus der Deckung.

Die ersten hellen Sterne erscheinen am Himmel, je dunkler es wird, desto mehr werden es. Dann endlich entrollt die Milchstraße ihr kostbar glimmendes Band aus Milliarden von Sternen. Das Auge fängt ein paar Sternschnuppen. Wünsch dir was! Technikfreaks freuen sich über den Blick auf die ISS.

Sterne als Herzensanliegen

Von Düsseldorf bis zur Eifler Astronomie-Werkstatt, einem begrünten Parkplatz-Gelände hoch oben auf der ehemaligen Nazi-Ordensburg Vogelsang, sind es 109 Kilometer. Der Weg führt über Köln oder westwärts über Aachen. Auf dem neu definierten international ausgewiesenen Gelände findet sich einer der wenigen Orte in Deutschland, an denen man die Milchstraße mit bloßem Auge sehen kann. Hat man die Stadt erst einmal hinter sich, nimmt die Dunkelheit zu. Es wird unheimlich, vor allem außerhalb von Ortschaften.

Dass in der Nähe des Sternenparks so wenig künstliche Beleuchtung installiert ist, war eine Grundvoraussetzung für die zertifizierte Anerkennung im Jahr 2014 durch die Non-Profit-Organisation International Sky Dark Association (IDA) mit Sitz in Arizona. Außerdem mussten mindestens zwei Gemeinden in der Nachbarschaft ihr Lichtkonzept umstellen: In Heimbach erstrahlt seitdem die Burg weniger hell, in Schleiden ist es das Rathaus. Sehr viele "Dark Sky Parks" gibt es nicht in Europa, in den USA sind es einige mehr, in Deutschland bisher nur drei: die Rhön, West-Havelland und die Eifel.

"Sternenkrieger" nennen die Eifler den Mann, der sich seit der Jugend der Astronomie verschrieben hat und der im Nationalpark Eifel den Sternenpark erdacht und ermöglicht hat. Für dessen Anerkennung muss Harald Bardenhagen rund 80 lehrreiche Veranstaltungen im Jahr anbieten - was er gerne tut. Die Sterne sind ihm ein Herzensanliegen.

Zu viel Licht schadet

Bardenhagen ist ein grandioser Lehrer, wenn es darum geht, die Phänomene des Himmels und des Kosmos zu erklären. Auch Kinder verstehen den Fürsprecher der Dunkelheit gut, der für die Sterne kämpft und gegen die Aufhellung des Himmels durch Kunstlicht. Lichtsmog heißt die nächtliche Überflutung durch künstliches Licht - ein internationales Problem, das weltweit zunimmt.

Zu viel Licht schadet uns Menschen, den Tieren und Pflanzen und am Ende dem Planeten selbst. Denn das Leben auf der Erde funktioniert im Hell-Dunkel-Rhythmus. In der Nacht finden Regeneration und teilweise lebensnotwenige Hormonbildung statt - bei einigen Tieren die Paarung, bei Pflanzen die Photosynthese.

Wer zu wenig schläft, etwa in Folge von Schichtarbeit, kann laut skandinavischen Studien ein erhöhtes Krebsrisiko haben. Neben Schlafentzug ist die Dauerdunkelheit eine besonders gemeine Art der Folter, die zum Tod führen kann.

Nicht nur für Romantiker, frisch Verliebte, Ewiggestrige

Teilweise völlig unreflektiert machen wir Menschen die Nacht zum Tag. Es ist viel zu hell geworden in unserer Welt. Die Aufhellung des Nachthimmels mit Straßenlaternen, Leuchtreklamen, Gewerbeparks, illuminierten Denkmälern und Straßenknotenpunkten wird als Fortschritt, als kulturelle Errungenschaft gefeiert.

Sicherheit spielt ebenfalls eine Rolle. Doch alle unsere Sterne und Planeten treten zurück vor dem hellen Schein, den die Erde in den Himmel reflektiert. Etwa 60 bis 70 Kilometer muss sich ein Sternengucker von einer Großstadt erst einmal weg in die freie Landschaft bewegen, wo es vielleicht noch dunkel ist.

Sterne gucken, das ist nicht nur eine schöne Beschäftigung für Romantiker, frisch Verliebte, Ewiggestrige, Wüstensöhne oder Kreuzfahrttouristen. Es ist ein Menschenrecht. Darüber hinaus ein Privileg in unserer Zeit, in der manch einer denken könnte, wir modernen Menschen hätten nicht allzu viel zu tun mit den Sternen.

Gemacht aus Sternenstaub

Der Astronomie verdanken wir nicht nur die Erforschung des Universums, die Entdeckung ferner Länder und Kontinente, den Kalender und die Zeitrechnung, Navigations- und Kommunikationssysteme - auch die physikalische Grundlagenforschung beliefert die Astronomie, weil der Himmel ein viel besseres Experimentierfeld darstellt als ein wissenschaftliches Labor.

Ohne Sterne wären wir nichts. "Wir alle sind aus Sternenstaub", singen Annette Humpe und Adel Tawil (Ich + Ich). Und ihr Songtext ist mehr als Poesie. Jedes Kohlenstoff-, jedes Sauerstoffatom in unserem Körper kam einst von den Sternen. Die Sterne sind die Elementfabrik. Unsere chemische Beschaffenheit lässt sich bis zum Urknall zurückverfolgen.

Doch es ist nicht der Mensch allein, der aus Sternenstaub besteht. Alles ist letztlich aus Sternenstaub, nicht weniger als das gesamte Universum. Und der Körper ist ein lebendiges Sternenkleid. Denkt man da nicht noch intensiver über die Sternbilder nach, die man von sicherem Posten aus anschaut?

Wo Sterne auftauchen, ist Hoffnung

So wie der Stern den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe nach Bethlehem gewiesen hat, in der Jesus Christus geboren wurde, so haben die Sterne die Menschen, solange man denken kann, stark beeinflusst, geleitet und Fortschritt ermöglicht.

Wenn auch über den im Matthäusevangelium erwähnten Stern (von Bethlehem) die Naturwissenschaft heute urteilt, dass es so nicht genau haben laufen können, wie es in der Weihnachtsgeschichte heißt ("... der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war, dort blieb er stehen.") - der Streit der Astronomen erscheint unbedeutend vor der Kraft der Erzählung: Ob es ein Komet (unwahrscheinlich) oder eine von fünf Konjunktionen gewesen sein kann, die der Planet Jupiter (kein Stern) mit Venus und Regulus durchführte, wobei er mehrfach ganz mit der Venus zu einem Stern verschmolz - dieser Stern von Bethlehem ist sinnbildlich zu betrachten, als ein Verkündigungsmotiv, ein Erlösung verheißendes Zeichen. Mit der Geburt in der Krippe, dem Kind, ist ein Stern am Himmel aufgegangen. Ein Retter und Heiland geboren.

Wo Sterne auftauchen, ist Hoffnung. Kindern erklären wir den Tod ihrer Mutter damit, dass wir ihnen den leuchtenden Mama-Platz im Himmel zeigen. Der Blick in die Unendlichkeit, begleitet von dem geheimnisvollen Vibrieren der Milchstraße, berührt uns Menschen spirituell. Wir haben gelernt, dass wir nur auf der Erde leben können. Wir wissen, dass wir nicht viel wissen, nur vier Prozent der Materie und Energie bisher erforscht haben, 96 Prozent demnach völlig unbekannt sind.

Nie da gewesene Reichweite und Präzision

Sterne sind auch zum Träumen da. Und wenn wir in dieser rauen Zeit einmal an diesen Ort in der Eifel fahren, den ein 111 Quadratkilometer großer Sternenpark umfängt, dann ist das zwar sehr mühsam und bei Neuschnee deutlich anstrengender als vielleicht ein Flug nach Berlin. Doch wenn der Himmel klar ist und die Sonne am Nachmittag dem Mond Platz macht, dann geraten wir schnell ins Sternenfieber

Der Kosmos vermag das eigene Weltbild zu erweitern, so dass wir unsere Existenz als etwas Wunderbares erkennen. Mit großer Wahrscheinlichkeit gibt es auch an anderen Stellen im Universum Lebensformen. Bei 200 Milliarden Galaxien mit jeweils 200 Milliarden Sternen. Wir beobachten heute das Universum mit nie da gewesener Reichweite und Präzision.

Harald Bardenhagen kann das mit Blick auf den Sternenhimmel so schön erklären. "Das aktuell anerkannte Weltmodell eines im Ereignis namens Urknall entstandenen Universums, das sich mit steigender Geschwindigkeit ausdehnt, unendlich scheint und doch begrenzt ist, lässt sich mathematisch schlüssig beweisen. Doch es verschließt sich in seinen letzten Details und Ausformungen vor unserer menschlichen Vorstellungskraft."

All dies steigert die Neugier und sollte keinesfalls Angst machen. Bardenhagen, dessen Lieblinge die Plejaden (leuchtender Sternenhaufen) und der Polarstern sind, erklärt, was sich rund um den Heiligen Abend am Himmel in einer klaren Nacht abspielt. Die Wintersternbilder zeigen sich mit ihren hellen Hauptsternen. Die Milchstraße, ab etwa 22 Uhr sichtbar, umspannt das Himmelszelt. Zum Wintersechseck gruppieren sich die Fixsterne. Der Polarstern, ist in unseren Breiten immer an derselben Stelle zu sehen. Ein kosmischer Wegweiser. So etwas haben wir gerne, so etwas brauchen wir.

Machen wir ihn zu unserem Weihnachtsstern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort