Nach Bombenalarm in Potsdam Wie NRW die Weihnachtsmärkte schützt

Düsseldorf · Innenminister Reul lässt nach dem Bombenalarm in Potsdam die Sicherheitskonzepte der Weihnachtsmärkte in NRW überprüfen. "Die Polizei wird auf den Weihnachtsmärkten anders aussehen als sonst", kündigt die Gewerkschaft an.

 Größere Weihnachtsmärkte wie etwa in Düsseldorf werden dieses Jahr von je zehn bis zwölf Bereitschaftspolizisten sowie acht bis zehn Beamten in Zivil bewacht.

Größere Weihnachtsmärkte wie etwa in Düsseldorf werden dieses Jahr von je zehn bis zwölf Bereitschaftspolizisten sowie acht bis zehn Beamten in Zivil bewacht.

Foto: Andreas Bretz

Nach den chaotischen Szenen in Potsdam, wo ein verdächtiges Päckchen die Evakuierung eines Weihnachtsmarktes zur Folge hatte, will NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) die Sicherheitskonzepte für die Weihnachtsmärkte in NRW überprüfen. "Ich werde die Polizei und die Kommunen aus dem aktuellen Anlass bitten, die Konzepte und Maßnahmen zu überprüfen und auf eine besonders genaue Einhaltung zu achten", sagte Reul unserer Redaktion. Die Polizei in Potsdam sprach am Freitag anfangs von einer "unkonventionellen Spreng- oder Brandvorrichtung". So heißen im Polizei-Jargon Bomben. Später gab man aber an, keine Zündvorrichtung in dem mit Nägeln, Batterien und Böllern gefüllten Paket gefunden zu haben.

Am 19. Dezember 2016 war der Attentäter Anis Amri mit einem entführten Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gefahren. Er tötete zwölf Menschen. Seither gelten Weihnachtsmärkte bundesweit als potenzielle Terrorziele.

200 Reisebusse aus den Niederlanden

"Die Weihnachtsmärkte und sonstige Veranstaltungen mit Weihnachtsbezug stehen im besonderen Fokus von Polizei und Sicherheitsbehörden", bestätigte das NRW-Innenministerium. In der Praxis erarbeite die NRW-Polizei gemeinsam mit Städten, Kommunen und Veranstaltern passgenaue Sicherheitslösungen für jeden einzelnen Weihnachtsmarkt und auch die vorweihnachtlichen Fußgängerzonen. Nach Angaben der Polizeigewerkschaft GdP werden größere Weihnachtsmärkte wie etwa in Düsseldorf, wo allein an diesem Wochenende 200 Reisebusse überwiegend aus den Niederlanden erwartet werden, von je zehn bis zwölf Bereitschaftspolizisten sowie acht bis zehn Beamten in Zivil bewacht. Während die Zivilpolizisten möglichst unauffällig durch die Menge streifen, sollen die Bereitschaftspolizisten Stärke demonstrieren.

"Die Polizei wird auf den Weihnachtsmärkten anders aussehen als sonst", sagte Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Maschinenpistolen und Schutzwesten würden vielleicht nicht zur weihnachtlichen Atmosphäre der Märkte passen. "Aber die Sicherheitslage erfordert, dass die Beamten das tragen." Auch das NRW-Innenministerium erwägt nach den Ereignissen von Potsdam eine generelle Pflicht zum Tragen von schweren Schutzwesten und Maschinenpistolen für alle Polizeibeamte, die in diesen Tagen auf Weihnachtsmärkten im Einsatz sind.

Reul sagte: "Seit wir wissen, dass der internationale Terrorismus auch Deutschland im Visier hat, müssen wir jederzeit mit Anschlägen rechnen. Aber gerade weil wir um diese Gefahr wissen, sind wir auch gut darauf vorbereitet." Er werde auch weiterhin Weihnachtsmärkte besuchen, sagte Reul: "Unsere Gesellschaft darf sich auch von dem Fund in Potsdam nicht in ihrer Lebensweise einschränken lassen."

Wassertanks im Einsatz

Um ein Lkw-Attentat nach dem schrecklichen Vorbild von Anis Amri zu verhindern, setzen viele Kommunen auf mechanische Sperren auf den Weihnachtsmarkt-Zufahrten. In Düsseldorf sind es schwere Betonpoller, die teilweise mit Weihnachtsdekorationen aufgehübscht werden. Auf Maschinenpistolen will die Polizei in Düsseldorf vorerst verzichten - was sich aber bald ändern könnte. In Mönchengladbach trugen die Weihnachtsmarkt-Polizisten bereits im vergangenen Jahr Maschinenpistolen mit sich. Teilweise wird wegen der Weihnachtsmärkte in Mönchengladbach die Videoüberwachung verlängert. Als bauliche Zufahrtssperren sind neben Beton auch große Wassertanks im Einsatz.

Mettmann und Langenfeld setzen neben Betonsperren auch schwere Fahrzeuge als mobile Sperren ein, die im Notfall auch weggefahren werden können, um etwa Löschzügen die Durchfahrt zu ermöglichen. In Ratingen hat der Bauhof mit Sand und Asche gefüllte Container aufgestellt, Essen hat für knapp eine Viertelmillion Euro Betonbarrieren gemietet. Langenfeld leistet sich die Luxusversion: sieben im Boden versenkbare Stahlpoller, für die im Haushalt bis zu einer halben Million Euro bereitstehen. Unter dem Strich sei das preiswerter, als bei jedem Event mobile Sperren zu errichten. Neuss verzichtet auf Sperren. Dort ist man der Meinung, der Weihnachtsmarkt sei für größere Fahrzeuge ohnehin kaum erreichbar.

Ein Streit zeichnet sich darüber ab, wer die Kosten für solche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen zahlen muss. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert den Bund und die Länder auf, sich an den Kosten zu beteiligen.

Mit Material aus den Lokalredaktionen.

(may-, tor)
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