Ideale Schneeverhältnisse im Sauerland "Besser geht's nicht" in Winterwunderberg

Winterberg · Nach einer bislang katastrophalen Saison freut sich das Sauerland über ideale Schneeverhältnisse. Die Region hat in den vergangenen Jahren viel in die Infrastruktur investiert. Ein Besuch in Nordrhein-Westfalens einzigem Skigebiet.

Winterberg: Ideale Schneeverhältnisse im Sauerland
Foto: Anne Orthen

Höher geht's nicht, lautet Dietmar Geilens Motto. Zumindest dann nicht, wenn man das Skifahren liebt und NRW nicht verlassen will. Geilen betreibt den Sahne-Hang in Winterberg, und dessen Startpunkt liegt auf 835 Metern, nur sechs Meter unter der Spitze des Kahlen Astens, der höchsten Erhebung im Land. "Wenn ich den Schnee zusammenschiebe, komme ich höher", scherzt Geilen.

Grund genug dazu hat er: Mehr als 40 Zentimeter türmt sich der Schnee zurzeit, selbst die Bäume präsentieren sich ganz in Weiß, dazu scheint die Sonne. "Besser geht's nicht", legt Geilen nach, weil er die Wettergunst zu schätzen weiß. Im Schnitt bringt eine Saison 65 gute Tage, vergangenes Saison waren es 45 schlechte. Schnee von gestern. Heute heißt es: Wohlfühlen in Winterwunderberg.

Claudia Wittpoth hat damit noch kleinere Startprobleme. Die Wuppertalerin steht zum ersten Mal auf den klobigen Schneeschuhen, um damit den "Schluchten- und Brückenpfad" zu erwandern. Anfänglich noch staksig, bald aber deutlich schwungvoller. Einen Tag verbringt die 55-Jährige gemeinsam mit Begleiter Gerhard Schäfer in Winterberg. "Eigentlich wollten wir ins Allgäu, aber hier ist es genauso schön", sagt Wittpoth.

Sebastian Reif muss man die Vorzüge des Sauerlands nicht erst nahebringen. Der 31-Jährige arbeitet für das Tourist-Büro Ferienwelt Winterberg, meistens im Büro, führt aber auch Schneeschuh-Touren. "Immer mehr, vor allem junge Besucher, tendieren zu ruhigeren Sportarten wie Langlauf oder Wandern", sagt er. Entsprechend stellt die Tourist-Info sich auf - der Schneeschuh-Spaziergang ist ein kostenloses Schnupper-Angebot.

In Winterberg hat man aus schneearmen Zeiten gelernt. "Die vergangene Wintersaison war katastrophal", sagt Winfried Borgmann, Prokurist der Ferienwelt. Für eine Region, in der zwei Drittel der Beschäftigten direkt oder indirekt vom Tourismus abhängig sind, ein Desaster. Um solche Ausreißer abzudämpfen, hat sich der Ferienort in den vergangenen zehn Jahren sozusagen neu erfunden. Zum einen wurde das Sommer-Programm ausgebaut, um ganzjährig Touristen zu locken, zum anderen kräftig investiert. Rund 90 Millionen Euro flossen in die Skigebiete, 70 Millionen in den Bau eines Einkaufszentrums, eines Hotels plus Schwimmbad sowie einer Stadthalle. Winterberg hat damit nicht nur die Infrastruktur, sondern auch sein Gesicht verändert. Das siebenstöckige "Oversum"-Hotel etwa sieht aus wie ein gigantischer Tannenzapfen und prägt das veränderte Stadt-Profil.

Die große Sause findet aber anderswo statt. Mehr als 81 Abfahrten bietet die Region, die Pisten addieren sich auf 45 Kilometer Gesamtlänge, 56 Lifte befeuern den Ski-Zirkus. Vor allem am Skiliftkarussell Winterberg brummt es, am Fuß der miteinander verbundenen Pisten herrscht ein Gewimmel in Neonfarben. Skifahrer-Chic. Einer der Hänge hat Weltcup-Format, vor allem Snowboarder tummeln sich dort. Sgors Maas ist einer von ihnen. Der 34-Jährige aus dem holländischen Breda steht seit einer Woche auf dem Brett. Ideal sei es hier, sagt er, alles gut präpariert und kompakt. Aus diesem Grund zieht es Janneke und Jan Buring aus Assen schon zum vierten Mal in die Region. "Außerdem wird hier überall Niederländisch gesprochen."

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Foto: Alpsee Bergwelt

Die Holländer stellen mit einem Drittel die größte Fraktion unter den Touristen. Danach folgen die Belgier. In den Niederlanden aber genießt Winterberg einen so guten Ruf, dass zu den Krokusferien über Karneval die Stadt fest in holländischer Hand ist. Im Hotel "Der Brabander" rät man deutschen Touristen sogar davon ab, dort während dieser Zeit ein Zimmer zu buchen - zu unterschiedlich seien die nationalen Urlaubsgewohnheiten.

Liftbetreiber Geilen stellt allerdings schon fest, dass die Zahl der niederländischen Touristen rückläufig ist. Schuld sei die Finanzkrise. Viele Busunternehmer würden deutlich weniger Touren buchen. Sein Rezept dagegen? "Ich kann nur über Preise und Freundlichkeit punkten", sagt Geilen. Die Currywurst mit Pommes kostet in der von ihm geführten Köhlerhütte fünf Euro. Das Lokal ist urig eingerichtet, der Besucher soll sich fühlen wie auf der Alm. Nur das Alpen-Panorama fehlt.

Reiner Schüttler, ein leidenschaftlicher Skifahrer, kann beide Szenarien vergleichen. Winterberg schneidet bei dem 70-Jährigen aus Plettenberg gut ab. Das Angebot sei professionell, sagt er. Gerade Schüler könnten hier schnell den alpinen Sport lernen. Und weil sie meist nur kurz bleiben, vermissen sie auch nicht das löchrige Aprés-Ski-Angebot. Tagesgäste setzen sich ins Auto statt in die Bar. Immerhin: Im Skigebiet Neuastenberg gibt es den Aprés-Ski-Imbiss "Lawine". Statt abends zu feiern, wedelt man in Winterberg bei Flutlicht die Pisten herunter. "Für mich ist das die schönste Art, den Berg hinunterzukommen", sagt Sebastian Reif.

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Kaum hat der Winterspaß in Winterberg angefangen, ist er wieder vorbei. Bis Ende Februar rechnet Hüttenwirt Geilen noch mit guten Geschäften, bis dahin vertraut er dem Schnee. "Aber spätestens Anfang März, da bricht es ein. Dann haben die Rheinländer den ersten Frühlingsduft in der Nase."

(RP)
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