Leerstehende Wohnungen Wo Flüchtlinge in NRW wohnen können

Berlin/Köln · In größeren Kommunen wie Duisburg, Krefeld oder Mönchengladbach gibt es noch viele leerstehende Wohnungen, in die Migranten ziehen könnten. Dagegen sind die Kapazitäten in kleineren Gemeinden oft ausgelastet, zeigt eine Studie.

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Foto: dpa, rwe jai

Der Wohnungsleerstand wird nach Einschätzung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in den kommenden Jahren eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise spielen müssen. "Wohnungen, die jetzt geplant und neu gebaut werden sollen, sind frühestens in drei Jahren bezugsfertig", sagte IW-Forscher Michael Voigtländer.

Das Institut hat daher untersucht, wie viele Flüchtlinge in den nordrhein-westfälischen Kommunen auf eine dort leerstehende Wohnung kommen. Das Ergebnis: Die Chancen für Migranten, vor Ort eine leere Wohnung zu erhalten, schwanken stark. Sie sind im Schnitt besser in größeren Kommunen - und auch dort, wo die allgemeine Nachfrage nach Wohnraum schwächer ausgeprägt ist.

Für seine Studie nutzte IW-Autor Voigtländer eine aktuelle Umfrage des TV-Senders WDR zur regionalen Verteilung der Flüchtlinge. Drei Viertel der NRW-Kommunen hatten dem Sender mitgeteilt, wie viele Flüchtlinge sie aktuell aufgenommen haben.

Die jeweilige Anzahl der Migranten hat Voigtländer durch die letztverfügbare Zahl leerstehender Wohnungen in diesen Kommunen dividiert. Daraus ergibt sich ein "Indikator", an dem abzulesen ist, wie hoch die Chance für Migranten auf eine leere Wohnung in ihrer Kommune ist. Je niedriger der Wert, desto höher liegt die Umzugs-Chance - und umgekehrt.

Die Spanne der Ergebnisse reicht zwischen knapp 0,3 in Altena oder Gelsenkirchen, wo es viel Leerstand gibt, bis zu über sechs in Schloss Holte-Stukenbrock, wo die Kapazitäten völlig ausgelastet sind.

Viel Leerstand in Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach

Auch in Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach, Remscheid, Radevormwald und auch noch in Düsseldorf gibt es im Vergleich zur Anzahl der Flüchtlinge noch viel leerstehenden Wohnraum. Dagegen kann etwa die Kleinstadt Kerken Migranten mit Bleibeperspektive kaum aus den Flüchtlingsheimen in eine freie Wohnung vermitteln, weil es dort zu wenig leeren Wohnraum gibt. Auch in anderen kleineren NRW-Städten wie Selm, Olfen oder Beelen kommen mehr als drei Flüchtlinge auf eine leerstehende Wohnung.

Allerdings stammen die Daten des Mikrozensus über die Leerstände aus dem Jahr 2011. Sie können sich seitdem stark verändert haben - insbesondere in boomenden Großstädten wie Düsseldorf oder Köln. Zudem ist die Qualität des Leerstands unterschiedlich. Vielfach muss erst saniert werden, um Wohnungen bewohnbar zu machen. Durch Ferienimmobilien seien die Daten aber nicht verzerrt.

Die Kommunen stünden unter enormem Druck, anerkannten Flüchtlingen eine dauerhafte Wohnung zu vermitteln, sagte Voigtländer. "An die Wohnungen heranzukommen, ist für die Kommunen eine große Herausforderung." Viele Gemeinden arbeiteten mit den Verbänden der Immobilienwirtschaft zusammen, etwa dem Eigentümerverband Haus & Grund. "Sinnvoll wäre ein Leerstands-Register des Landes, damit sich die Kommunen einfach und schnell informieren können", sagte Voigtländer. "Das Land sollte Vermieter verpflichten, Daten über Leerstände und Mieten bereitzustellen, damit Kommunen und Verbraucher mehr Informationen über den Wohnungsmarkt erhalten", forderte Voigtländer.

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Die Gründe für den Leerstand seien vielfältig. Teils fehle schlicht die Nachfrage, teils hätten Eigentümer selbst Interesse an einer späteren Nutzung. Eine Wohnung aus spekulativen oder steuerlichen Gründen leer stehen zu lassen, mache wenig Sinn. Dass Vermieter versuchen, aus der Flüchtlingskrise Kapital zu schlagen und ihre Wohnungen zu Höchstpreisen zu vermieten, sei nicht verbreitet. Dies treffe nur auf einzelne "schwarze Schafe" zu.

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(mar)
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