Köln Studenten auf Wohnungssuche: Kuriose Castings und Japaner am Klo

Köln · Teure Mieten, ausgefallene WG-Castings: Wenn Studenten auf Wohnungssuche gehen, wird es oft abenteuerlich. Vor allem in Köln wird Wohnen für junge Leute fast schon zum Luxus.

 Die Studenten Rhian und Enrico gemeinsam in ihrer Wohngemeinschaft.

Die Studenten Rhian und Enrico gemeinsam in ihrer Wohngemeinschaft.

Foto: dpa, obe

Enrico Echegoyen hat schon viele WG-Castings hinter sich. Wieder und wieder hat er sich beworben, hat versucht, einen guten Eindruck zu machen - und dann gab es doch wieder eine Absage. "Einmal stand ich mit 40 Leuten in der Wohnung", erinnert sich der 26-jährige Sportstudent. "Es war schrecklich."

Wer in Köln oder anderen beliebten Studentenstädten in NRW ein Dach über dem Kopf finden will, muss einiges auf sich nehmen. Selbst Bruchbuden werden noch zu hohen Preisen vermietet. Auf freiwerdende WG-Plätze melden sich im Internet oft innerhalb kürzester Zeit mehr als 100 Bewerber. Und vor dem Start ins Wintersemester wird sich die Situation in den kommenden Wochen noch einmal verschärfen.

 Enrico hatte schon viele WG-Castings hinter sich. Mit Rhian passt es nun.

Enrico hatte schon viele WG-Castings hinter sich. Mit Rhian passt es nun.

Foto: dpa, obe

Die Suche in den gängigen Internet-Foren und auf Seiten wie wg-gesucht sei ziemlich frustrierend, erzählt Marcel Niessen. In Köln sei kaum ein WG-Zimmer unter 450 Euro zu finden. Vieles laufe auch nur über Bekanntschaften und persönliche Empfehlungen. Für sein letztes WG-Casting hatte der 30-jährige Soziologiestudent extra eine Flasche Sekt besorgt. Eigentlich sei alles gut gelaufen. "Wir haben Wein auf der Dachterrasse getrunken und fast auf den Tischen getanzt", erzählt er. Und doch kam nach ein paar Tagen wieder eine Absage.

Wohngemeinschaften lassen sich immer neue Prüfungen und Aufnahmerituale einfallen, um aus der Bewerberflut selektieren zu können. Eine Studentin erzählt, dass sie bei einem WG-Casting um die Wette kochen musste: die Köchin der leckersten Nudeln mit Tomatensauce bekam das Zimmer. Auch Wett-Putzen, Witze-Erzählen und Bewerbungsgespräche, die an ein Kreuzverhör erinnern, sind gängige Methoden zur Auswahl. Das Internet ist voll von "WG-Casting-Knigge-Tipps" und Empfehlungen, wie sich Wohnungssuchende am besten gegen die Konkurrenz durchsetzen können.

Mehr als 720 000 Studenten waren zum Wintersemester 2014/2015 in NRW eingeschrieben, rund 83 300 davon in Köln - Tendenz steigend. Wohnungen sind knapp in der Domstadt, der begehrtesten Hochschulstadt in NRW. Dementsprechend teuer sind die Mieten - Köln steht im bundesweiten Mietpreis-Vergleich mit München und Hamburg auf Platz eins. Auch anderswo sieht es nicht viel besser aus.

Zwischen 380 und 500 Euro kostet ein einfaches WG-Zimmer. Für viele Studenten ist das unbezahltbar. Im Kölner Studentenwohnheim zahlt man durchschnittlich nur 247 Euro. 4818 Wohnplätze stellt das Studentenwerk zur Verfügung. Etwa ein Drittel dieser Wohnungen - meistens sind es WGs - wird jedes Jahr frei. Doch auf der Warteliste stehen rund 9000 Namen.

Tipps für die Uni-Städte der Region
14 Bilder

Tipps für die Uni-Städte der Region

14 Bilder

"Wir möchten mehr studentischen Wohnraum schaffen, aber es ist sehr schwierig, Bauplätze zu finden - es ist einfach zu teuer", sagt Studentenwerks-Geschäftsführer Jörg Schmitz. Vor ein paar Tagen haben Studierendenvertreter in einem offenen Brief an die Landesregierung mehr Geld für günstigen Wohnraum gefordert. Auch das Kölner Studierendenwerk steht hinter dem Appell: "Die Fördermittel des Landes müssen angehoben werden", betont Schmitz.

Auf die Qualität der Zimmer kommt es den Studenten oft nur noch am Rande an. "Ich nehme alles, habe ich mir gedacht, Hauptsache günstig", erzählt Ethnologie-Studentin Sabrina Krämer. Als tatsächlich ein Zimmer im Studentenwerk freiwurde, zögerte sie nicht:
"Ich habe erst zugesagt und den Mietvertrag unterschrieben, dann bin ich hingefahren und habe mir die Wohnung angeschaut."

Ein anderer Student erzählt von seinem WG-Casting. Am Ende der Wohnungsführung habe ein Mitbewohner gesagt: "Eine Besonderheit gibt es noch: es wohnt ein Japaner über dem Klo." Tatsächlich kam kurz darauf ein junger Mann herein, grüßte und verschwand über eine Leiter in einem zwei Quadratmeter großen Kabuff über der Toilette. Der Student hatte kein für ihn bezahlbares Zimmer gefunden.

(lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort