Bundesstraße 7 Wuppertal sperrt Hauptachse für drei Jahre

Wuppertal · Der Verkehrsknotenpunkt Döppersberg wird bis 2017 umgebaut. Einen derartigen Eingriff in die eigene Infrastruktur hat bislang noch keine deutsche Stadt gewagt. Viele Wuppertaler befürchten anhaltendes Chaos.

Wuppertal sperrt wichtigste Straße für drei Jahre
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Alle Wege führen nach Rom, aber keiner nach Wuppertal. Und auch nicht mehr heraus. Das zumindest ist die Befürchtung vieler Wuppertaler, die seit Montag damit leben müssen, dass die Hauptverkehrsachse der Stadt, die Bundesstraße 7, an der zentralen Kreuzung Döppersberg nahe des Hauptbahnhofs komplett für den Verkehr gesperrt ist, und zwar für drei Jahre. Am Ende soll der Döppersberg ein völlig neues, repräsentatives Gesicht erhalten, mit einem Einkaufszentrum und einer Flaniermeile, unter der die tiefergelegte B 7 dann herführt. Auch der Bahnhof wird komplett neu gestaltet. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg.

Einen derartigen Eingriff über einen so langen Zeitraum in die eigene Infrastruktur hat bislang noch keine deutsche Stadt gewagt, doch für die Wuppertaler markiert dies erst den Beginn einer harten Geduldsprobe: Neben dem Dauersanierungsfall A 46, die als Ausweichroute fungieren soll, wird ab Frühjahr 2015 auch der Kiesbergtunnel gesperrt, das südliche Einfallstor in die City. Damit sind demnächst die wichtigsten Hauptverkehrsadern der bergischen Großstadt verstopft.

"Bis alle Autofahrer ihre Schleichwege gefunden haben, müssen wir uns auf katastrophale Zustände einstellen", befürchtet Nico Höttges, geschäftsführender Vorstand der Taxi-Zentrale Wuppertal. Taxifahrer — und ihre Kunden — zählen zu den Leidtragenden des Bauprojekts, viele Fahrten werden länger und damit teurer. "Das ist nicht schön für alle Beteiligten, aber wir müssen die Fahrgäste eben sensibilisieren", sagt Höttges.

Ihn ärgert vor allem die seiner Ansicht nach miserable Planung seitens der Stadt. So wurden etwa die zugesagten Halteplätze für die Taxifahrer mehrfach verschoben. Am Bahnhof müssten die Kunden nun bei Wind und Wetter mindestens 100 Meter gehen, bis sie den Taxistand erreichen. Mehr noch aber kritisiert Höttges, dass alle großen Umbauten in der Stadt gleichzeitig umgesetzt werden. "Davon war nie die Rede", sagt er.

Zwei Drittel der Kosten tragen Bund und Land

Um den Ärger nachzuvollziehen, muss man die besondere Topographie Wuppertals berücksichtigen. Die Stadt ist im Wesentlichen ein langgestrecktes Tal mit zwei Höhenzügen. Sie wird durchschnitten von der B 7, im Norden führt die A 46 in die City, im Süden die L 418. Wird an allen Straßen gleichzeitig gearbeitet, geht nichts mehr. Über die Umgestaltung des Verkehrsknotenpunkts Döppersberg wird seit Jahren diskutiert und gerungen, seit 2011 laufen die konkreten Vorbereitungen. Die ursprünglich veranschlagten Kosten von rund 105 Millionen Euro werden wohl, so lautet die derzeitige Prognose der Stadt, um rund 35 Millionen Euro überschritten.

Zwei Drittel der Summe tragen Bund und Land, ein Drittel bringt die Stadt auf. Bahnhofsgebäude und -gelände saniert die Bahn auf eigene Kosten. Polizei und Feuerwehr haben sich generalstabsmäßig auf die neue Situation vorbereitet. Bei Bränden oder Notarzteinsätzen geht es oft um Sekunden. Die Feuerwehr setzt daher etwa auf veränderte Ampelschaltungen im Notfall und hat Kameras an zentralen Stellen installieren lassen. "So sehen wir, ob es Rückstaus gibt und dirigieren die Einsatzwagen um", sagt Sprecher Andreas Steinhard. Zudem werden Fahrzeuge in anderen Stadtteilen positioniert, um einen schnelleren Zugang zu gewährleisten. Verzögerungen wie bei Krankentransporten sind nicht auszuschließen.

Lotsen helfen bei Orientierung

Beim Landesbetrieb Straßen NRW sah man keine Möglichkeiten, die Arbeiten zu entzerren. "Selbst mit einem dreijährigen Vorlauf wäre das nicht zu verschieben gewesen", sagt Sprecher Bernd Löchter. Auf der A 46 werden Lärmschutzwände gebaut und die Fahrbahndecken erneuert, der Kiesbergtunnel verliert seine Betriebsgenehmigung und muss ab Frühjahr 2015 instandgesetzt werden.

Dies dauert rund fünf Monate und verlangt eine Vollsperrung des Tunnels. "Bis auf wenige Ausnahmen kann der Verkehr auf der A 46 aber vierspurig laufen", erklärt Löchter. Eine weitere Baumaßnahme auf der A 46 wurde nach Gesprächen zwischen der Stadt und Straßen NRW um ein Jahr auf Mitte 2017 verschoben. Löchter begrüßt den Mut der Stadt, sich für die dreijährige Vollsperrung der B 7 entschieden zu haben, um die Bauarbeiten schnell abzuschließen — die Alternative wäre eine mindestens auf fünf Jahre angelegte Teilsperrung gewesen.

Der erste Tag der Sperrung verlief ruhig. Nur einige Bus-Fahrgäste irrten auf der Suche nach der richtigen Haltestelle herum. Lotsen der Stadt halfen bei der Orientierung. Zudem gab es im Berufsverkehr vereinzelt Rückstaus. In den Ferien will die Stadt Erfahrungen sammeln, um das befürchtete Chaos möglichst zu vermeiden. Dass es kommt, ist für Taxi-Chef Höttges unvermeidlich. Profitieren wird davon Wuppertals Wahrzeichen. In der Schwebebahn kann man das Chaos entspannt von oben betrachten.

(RP)
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