Mönchengladbach Pfarrer erstattet Anzeige gegen Kirchen-Randalierer

Mönchengladbach · Kinder und Jugendliche, alle offenbar muslimischen Glaubens, sollen "Scheiß Christen" gerufen haben.

Das Entsetzen ist groß. Auch bei vielen Muslimen, die in Mönchengladbach leben. "Mich hat gleich nach dem Vorfall ein etwa 50-jähriger Moslem angesprochen, der im Umkreis der Pfarre lebt, und mir gesagt: ,Die beschmutzen unseren guten Ruf!'", erzählt der Rheydter Pfarrer Manfred Riethdorf (70). Der Vorfall: Heiligabend haben vier Kinder und ein Jugendlicher die Krippenfeier in der Kirche St. Marien in Rheydt massiv gestört. Sie, alle offenbar muslimischen Glaubens, sollen unter anderem "Scheiß Christen" in die Kirche gerufen haben. Die Pfarre alarmierte die Polizei, der Küster konnte noch an Ort und Stelle zwei der Störenfriede festhalten. Riethdorf, der 30 Jahre lang an einem Gladbacher Gymnasium unterrichtet hat, nahm die Randalierer vor der Sakristei sofort selbst ins Gebet: "Ich habe ihnen den Ernst der Lage deutlich gemacht. Und ihnen gesagt, wie man sich in der Kirche verhalten muss."

Riethdorf und mit ihm viele Gladbacher rätseln, was die jungen Menschen zu dieser Randale veranlasst hat. War es eine Art Mutprobe? Ein Dummer-Jungen-Streich? Oder war es ein Stören mit Kalkül? Der Pfarrer hat in seiner langjährigen pädagogischen und seelsorgerischen Tätigkeit in Mönchengladbach nie Vergleichbares erlebt: "Im Gegenteil. Bei mir haben sogar immer wieder muslimische Kinder und Jugendliche aktiv am Religions-Unterricht teilgenommen. Und im Umfeld der Rheydter Pfarre leben viele Muslime, zu denen wir einen guten Kontakt haben."

Allerdings gibt es Entwicklungen in der Stadt, die besorgniserregend sind. Als der Salafismus weitgehend noch ein Thema für Religionswissenschaftler und Staatsschützer war, rüttelte die Mönchengladbacher die Nachricht auf, dass in einem eher unscheinbaren Haus eine umstrittene Islamschule eines bekannten Salafisten entstehen sollte. In seinem Sog trat der Gladbacher Konvertit Sven Lau auf, der als islamischer Aktivist gilt und unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen soll. Eine breite Bürgerbewegung hatte damals die Islamschule verhindert. Seitdem sind die Gladbacher besonders sensibilisiert, wenn es Entwicklungen gibt, die sich unter einem scheinbar religiösen Deckmantel verstecken.

Jüngst noch hat die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde berichtet, dass sich jüdische Bürger in Mönchengladbach nicht mehr sicher fühlen würden. Täglich erlebten sie Beleidigungen und Erniedrigungen, regelmäßig erreichten sie Hass-Mails. "Der Begriff ,Jude' ist auf vielen Schulhöfen wieder als Schimpfwort zu hören", sagte Leah Floh in einem RP-Interview. Die "radikale Islamisierung, der missionarische Eifer, die aggressive Intoleranz" beunruhigten sie sehr.

Der katholische Pfarrer Manfred Riethdorf weiß, dass Vorfälle wie der an Heiligabend in St. Marien zu Gegenreaktionen führen können. "So etwas kann gruppendynamische Prozesse in Gang setzen, die wir nicht wollen. Wir sollten dies als Signal sehen, als Herausforderung für eine Gesprächskultur", sagt er. Dabei geht er mit gutem Beispiel voran. Vermutlich bereits heute will er mit den Eltern der jungen Leute sprechen. Er hofft, dass er ihnen vermitteln kann, dass "Religion nicht zum Feindbild" taugt.

(RP)
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