Silvesternacht Polizei ermittelt fast alle Silvestertäter nicht

Köln/Düsseldorf · Die vielen Sexualdelikte und Diebstähle in der vergangenen Silvesternacht werden wohl ungesühnt bleiben. In den meisten Fällen konnten in den Verfahren keine Tatverdächtigen gefunden werden.

Elf Monate nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht steht nun fest, dass wohl die meisten Täter, die überwiegend aus Nordafrika stammen, straffrei davonkommen werden. Das geht aus einer Antwort des NRW-Innenministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor. Demnach konnten die Kölner Ermittlungsbehörden in 369 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sowie Beleidigungen auf sexueller Basis keine Tatverdächtigen ermitteln. "Was wir befürchtet haben, wird nun Gewissheit. Die Versäumnisse in der Nacht vor Ort, um Taten und Tätern habhaft zu werden, können die Ermittlungskommissionen und Justiz nachträglich augenscheinlich nicht mehr heilen", sagte FDP-Innenexperte Marc Lürbke. "Zurück bleibt stattdessen für viele Frauen nun die traurige Gewissheit, dass die schrecklichen Taten der Nacht nicht gesühnt werden. Das ist ein fatales Signal für die Opfer und ein rechtsstaatlicher Offenbarungseid."

Bei der Staatsanwaltschaft Köln werden dem Ministerbericht zufolge in diesem Zusammenhang allerdings noch Verfahren gegen 83 namentlich bekannte Beschuldigte geführt, denen Straftaten wegen Sexualdelikten zur Last gelegt werden. Bisher sind in Köln aber nur gegen sechs Beschuldigte Urteile ergangen, obwohl mit Stand vom 25. Oktober 2016 beim Polizeipräsidium Köln 1205 Strafanzeigen mit insgesamt 1616 Straftaten bearbeitet worden sind. Von diesen hatten 509 Strafanzeigen sexuell motivierte Tathandlungen zum Gegenstand.

Nicht viel anders sieht es bei den Ermittlungen in Düsseldorf aus, wo es an Silvester ebenfalls zu Übergriffen auf Frauen gekommen war. Dort hatte es 296 Strafanzeigen gegeben, 103 davon mit einem sexuellen Motiv. Bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sind in dem Zusammenhang 62 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Beleidigungen auf sexueller Basis erfasst, bei denen kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte. In den meisten Fällen wurden die Verfahren eingestellt, da die Täter nicht ermittelt werden konnten. Dabei ging es vor allem um Straftaten wegen sexueller Nötigung, sexueller Beleidigung und Vergewaltigung. Nur fünf Ermittlungsverfahren richten sich gegen sechs der Polizei Düsseldorf namentlich bekannte Beschuldigte. In Bielefeld, wo es auch an Silvester zu solchen Übergriffen kam - wenn auch im kleineren Rahmen -, konnten dem Bericht zufolge überhaupt keine Täter ermittelt werden.

Als Gründe dafür nennen Experten vor allem fehlende oder mangelnde Beweismittel. So gebe es aus der Tatnacht in Köln zum Beispiel kaum hochauflösende Videoaufnahmen und Fotos von den Übergriffen. "Es gibt zwar viele Handyvideos, aber entweder ist die Qualität zu schlecht und man kann deswegen darauf niemandem eindeutig eine Tat zuordnen oder die Aufnahmen zeigen nur die Gesamtgeschehnisse, auf denen keine strafbaren Handlungen zu sehen sind", so ein Ermittler.

"Die Polizei wird alle Anstrengungen unternehmen, um eine Wiederholung von Kriminalitätsphänomenen wie bei den Silvesterereignissen des Vorjahres zu verhindern", schreibt Innenminister Ralf Jäger (SPD) in dem Bericht. Er selbst will an Silvester in Köln auf der Domplatte sein. Auch das Polizeiaufgebot werde dort "um ein Vielfaches" größer sein als in der vergangenen Silvesternacht. Bereit stehen werden mindestens 1000 Polizisten und Spezialeinheiten wie ein mobiles Einsatzkommando, das im Ernstfall schnell eingreifen kann. Genaue Einzelheiten über die Strategie am kommenden Silvesterabend hält die Polizei aus einsatztaktischen Gründen jedoch geheim.

(csh)
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