Mülheim/Gelsenkirchen Postboten sollen sich auch um Senioren kümmern

Mülheim/Gelsenkirchen · In einem Pilotprojekt namens "Post Persönlich" testet die Deutsche Post in Gelsenkirchen und Mülheim derzeit, ob zukünftig bundesweit Briefträger dafür eingesetzt werden, bei alleinstehenden Senioren einmal täglich nach dem Rechten zu sehen.

"Die Senioren selbst oder aber ihre Angehörigen können das neue Angebot bei der Post buchen", erklärt Achim Gahr, Sprecher der Post. Für 37,50 Euro beziehungsweise 42,50 Euro kommt der Briefträger wahlweise fünf- oder sechsmal pro Woche an die Wohnungstür und fragt nach dem Befinden. Geht es dem Kunden schlecht oder ist er nicht anzutreffen, informiert er die Johanniter-Unfall-Hilfe, die als Partner der Deutschen Post dann die Angehörigen kontaktiert. "In Belgien und Frankreich gibt es ähnliche Modelle schon seit längerem. Es bietet sich an, dass Briefträger, die sowieso jeden Tag in der Gegend sind, diese Aufgaben übernehmen", sagt Gahr. Die Postboten seien in einer speziellen Schulung auf ihre neue Aufgabe vorbereitet worden. Wie viele Kundenaufträge in der Testregion bisher eingegangen sind, verriet Gahr nicht. "Wir geben keine Zwischenberichte", sagte er.

Bei Sozialverbänden und der Kommunikationsgewerkschaft DPVKOM, die die Postboten vertritt, stößt das Projekt auf Kritik. "Natürlich begrüßen wir es, dass die Post versucht, durch neue Aufgabenbereiche Arbeitsplätze zu sichern. Allerdings ist die Zeit, die den Postboten zur Verfügung steht, viel zu knapp bemessen", sagt Maik Brandenburger, Sprecher der Gewerkschaft. Ein bis zwei Minuten reichten nicht aus, wenn die Boten erst bis in den fünften Stock laufen müssten und die Senioren lange bräuchten, bis sie die Tür öffnen.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW sieht den neuen Postservice nicht als Lösung des Problems. "In ein bis zwei Minuten kann kein Mensch feststellen, ob es wirklich an etwas fehlt", sagt Franz Schumacher. Zudem sei der Service im Vergleich zu einem Hausnotruf, den die gesetzliche Krankenkasse bei Patienten mit Pflegestufe finanziert, zu kostspielig.

Die Post wehrt sich gegen die Vorwürfe. "Den Preis finden wir angemessen. Sollten wir feststellen, dass die Arbeitsbelastung zu groß wird, werden die Bezirke der Boten verkleinert. Dafür gibt es schließlich das Pilotprojekt", sagt Gahr. Ein halbes Jahr solle der Test mindestens laufen.

(ls)
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