Düsseldorf/Duisburg Durchsuchung bei Hasspredigern

Düsseldorf/Duisburg · In vier NRW-Städten hat die Polizei Wohnungen und einen Geschäftsraum von mutmaßlichen Unterstützern der Terrormiliz "Islamischer Staat" durchsucht. Schwerpunkte der Aktion waren Düsseldorf, Duisburg und Tönisvorst.

Um kurz nach sechs Uhr halten gestern Morgen drei Einsatzwagen der Polizei auf dem Gehweg direkt vor einem Reisebüro im Duisburger Stadtteil Rheinhausen. Polizisten steigen aus und gehen ins Gebäude. Die Beamten, die weder schwer bewaffnet noch vermummt sind, sind im Auftrag des Generalbundesanwalts gekommen, um beim Reisebüro-Inhaber Hasan C. Beweise dafür zu finden, dass dieser für die Terrorvereinigung "Islamischer Staat" (IS) junge Männer anwirbt. Ob die Fahnder belastendes Material gefunden haben, steht nicht fest. Festgenommen wird Hasan C. jedenfalls nicht.

Nicht nur in Duisburg, sondern auch in Düsseldorf, Tönisvorst, Dortmund und in Niedersachsen haben gestern Morgen zeitgleich Razzien in der islamistischen Szene gegen insgesamt drei mutmaßliche Unterstützer des IS stattgefunden. Fünf Wohnungen und ein Geschäft wurden durchsucht. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft seien die Beschuldigten verdächtig, seit Januar 2015 um Mitglieder und Unterstützer für den IS geworben zu haben. Einer der mutmaßlichen Islamisten soll darüber hinaus den IS finanziell und logistisch unterstützt haben. Festnahmen habe es keine gegeben.

Dabei steht Hasan C. bereits seit Monaten unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die beiden mutmaßlichen Attentäter des Bombenanschlags auf den indischen Sikh-Tempel in Essen sollen bei ihm verkehrt haben, heißt es aus Sicherheitskreisen. Neben seinem Reisebüro befinden sich Räumlichkeiten, in denen C. Jugendlichen angeblich Arabisch beibringt und aus dem Koran vorliest. C. bestreitet, die Sikh-Attentäter zu kennen. Er bestätigt aber, Arabisch zu lehren. "Es ist unheimlich schwer, ihm etwas nachzuweisen, was auch vor Gericht Bestand hätte", heißt es aus Sicherheitskreisen.

Während der Einsatz in Duisburg läuft, wird in Tönisvorst bei Krefeld ein unscheinbares Einfamilienhaus durchsucht. Nachbarn beschreiben die Mieter als eine Familie mit einer stark verschleierten Frau, einem Mann mit langem Bart und kleinen Kindern. Auch er steht offenbar in Verdacht, ein islamistischer Prediger zu sein. Im Juni 2012 hatte es in Tönisvorst bereits im Rahmen eines landesweiten Großeinsatzes gegen Salafisten eine Razzia in einem Haus an derselben Straße gegeben - damals ebenfalls gegen einen Salafisten-Prediger.

Im Düsseldorfer Maghreb-Viertel rücken Spezialeinsatzkräfte an, rammen in der zweiten Etage eines älteren Mietshauses eine Wohnungstür auf. Der Mieter, ein bärtiger junger Mann, der erst vor zwei Wochen eingezogen ist, wird herausgeholt. Schnell machen Gerüchte die Runde, der Mann sei festgenommen worden. Doch das stellt sich als falsch heraus. Der Mann ist nur befragt worden.

Polizeieinsätze in dem Viertel sind nicht selten. Anfang des Jahres waren die Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung der Polizei bekannt geworden, nach der in dem Quartier im Stadtteil Oberbilk, das wegen seiner vielen marokkanischen Geschäfte auch Klein-Marokko genannt wird, mehr als 2200 Straftäter aus den Maghreb-Staaten kurzfristig Unterschlupf finden oder von dort aus zu Straftaten losziehen. Überwiegend geht es um Diebstahlsdelikte wie den so genannten Antanztrick, aber auch Gewalttäter sind unter den im Projekt "Casablanca" gelisteten Verdächtigen. Mehrere Männer, die an Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und Düsseldorf beteiligt gewesen sein sollen, sind auch in diesem Viertel festgenommen worden.

Nach dem Einsatz in Düsseldorf hat ein Schreiner die aufgebrochene Tür wieder repariert, erzählt ein Anwohner, der gegen sechs Uhr aus dem Haus gelaufen ist. Sein Nachbar, bei dem die Polizei war, sei ein netter Mann, meint er. "Aber was heißt das schon, heutzutage?"

(RP)
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