Essen Navi soll Laster um Wohngebiete leiten

Essen · 40 Kommunen im Ruhrgebiet und im Rheinland haben ein Navigationssystem speziell für Lastwagen entwickelt. Das Gerät soll verhindern, dass der Schwerlastverkehr durch Anliegerstraßen rollt. Auch die Umwelt soll entlastet werden.

Die Vorstellung des neuen Navigationssystems für Lkw beginnt mit einer kleinen Verzögerung. Der Laster, an dem der Routenplaner vorgeführt werden soll, steckt fest. Er kommt in der Essener Innenstadt nicht um eine Kurve. Fahrer Martin Gibas (49) lacht. "Das Lkw-Navi ist anders als die herkömmlichen Geräte", sagt er. "Man benötigt eine kurze Eingewöhnungsphase, aber dann fährt es sich damit sehr entspannt."

Mit einem eigens für Laster entwickelten Navi wollen die Wirtschaftsförderung der Metropolregion Ruhrgebiet und der Regionalverband Ruhr (RVR) den Lastwagenverkehr aus Wohngegenden herausholen. Das Lkw-Navi zeigt dem Fahrer frühzeitig Brückenhöhen, Straßenbreiten, Sackgassen und marode Fahrbahnbelege an, für die Lkw zu schwer sind. "Das Gerät führt den Fahrer über die effizienteste und umweltfreundlichste Route zu seinem innerstädtischen Ziel", betont RVR-Direktorin Karola Geiß-Netthöfel. Die Informationen für das digitale Kartenwerk stammten direkt von ortskundigen Verkehrsexperten aus den Kommunen.

Bislang nehmen 40 Städte, Kreise und Gemeinden im Großraum Ruhrgebiet an dem bisher bundesweit einzigartigen Verkehrsprojekt teil, darunter der Kreis Wesel und Duisburg. Aber auch die Wirtschaft und Industrie in Köln, Düsseldorf, Aachen und Bonn hätten schon ihr Interesse an dem System bekundet, sagt Rasmus C. Beck, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wirtschaftsförderung Ruhr. "Um weiterhin attraktiv für die Wirtschaft zu bleiben, brauchen wir solche Lösungen für die Mobilität."

Angesichts vieler kaputter Straßen und Brücken, die für schwere Lkw gesperrt sind, sei dieses System auch dringend notwendig, meint Beck. "Das Lkw-Navi wird dazu beitragen, dass Güter aus ganz Europa schnell und umweltverträglich von A nach B kommen", betont er.

Die digitalen Karten für das Lotsensystem stellt Nokia zur Verfügung. An einem Punkt krankt das neue Navi jedoch. Aktuelle Baustellen und Vollsperrungen werden nicht sofort eingearbeitet, so dass die Lkw-Fahrer in diesen Fällen weiterhin kurzfristig reagieren und sich gegebenenfalls eine Ausweichroute durch Wohngebiete suchen müssen. "Das ist derzeit, aber auch in naher Zukunft noch nicht anders zu regeln", sagt Sebastian Kurme, Sprecher von Nokia in Deutschland. Erst wenn es flächendeckende Netzverbindungen in den Lkw gebe, seien auch Softwareaktualisierungen in Realzeit möglich.

Bis die Technik so weit sein wird, werden weiterhin täglich Zehntausende Verkehrsteilnehmer - Lkw- wie auch Pkw-Fahrer - in Staus hineinfahren, weil sie sich blind auf ihr Navigationsgerät verlassen. Die Systeme leiten die Fahrer oft direkt in die Sperrungen, zeigen Umleitungen nicht oder falsch an. "Die Navis führen oftmals in die Irre, statt zu helfen ", sagt ein Projektleiter von Straßen NRW. Das liege daran, dass die meisten dieser digitalen Routenplaner über zu geringe Rechenleistungen verfügten, um einen schnellen und sinnvollen Umfahrungstipp zu geben. Deshalb werde der Fahrer nicht über die ausgeschilderte Umleitungsroute, sondern zurück auf die gesperrte Autobahn geführt.

Trotz dieser Schwäche, da ist sich Karola Geiß-Netthöfel sicher, werde das Lkw-Navi dazu führen, dass Anwohner mehr Ruhe vor dem Schwerlastverkehr haben werden. Das werde aber auch höchste Zeit, sagt Dietmar Vornweg von der Duisburger Bürgerinitiative "Keine Lkw in Friemersheim". Seit Jahren kämpfen die Anwohner dort gegen die Laster, die täglich trotz eines Durchfahrtverbots durch ihren Stadtteil zum Logport im Duisburger Hafen rollen. "Das neue Navi wird hoffentlich zur Entspannung der Lage beitragen", so Vornweg.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort