Münster/Düsseldorf Städte blamieren sich bei Inklusion

Münster/Düsseldorf · Der Verfassungsgerichtshof hat die Klage der NRW-Kommunen wegen Formfehlern zurückgewiesen.

Das Urteil war absehbar. Mit ihrem Aufbegehren gegen die Regelungen der rot-grünen Landesregierung zur schulischen Inklusion haben die 52 klagenden Kommunen vor dem Verfassungsgerichtshof (VGH) in Münster jetzt Schiffbruch erlitten. Der juristische Streit dreht sich im Kern um die Frage: Gibt das Land den Kommunen genügend Geld für den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung? Die klagenden Städte waren der Meinung, dass dies nicht der Fall sei. Doch von VGH-Präsidentin Ricarda Brandts mussten sie sich gestern belehren lassen, dass nicht das beanstandete Schulrechtsänderungsgesetz die Lastenverteilung regele, sondern dass dies der Inhalt des Inklusionsaufwendungsgesetzes sei, das von den Kommunen aber nicht angegriffen worden sei.

Pech für die 52 Städte und Gemeinden, die über einen Formfehler gestolpert sind. Doch überrascht konnten ihre Vertreter nicht wirklich sein, denn schon in der mündlichen Verhandlung Mitte Dezember hatte sich abgezeichnet, dass ihre Argumentation auf den VGH nicht sonderlich überzeugend wirkte.

Ministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) zeigte sich erleichtert über das Urteil. Das Gericht habe die Linie der Landesregierung bestätigt und damit festgestellt, dass das Land mit seinem Inklusionsgesetz die Selbstverwaltung der Kommunen nicht beschnitten habe.

Ganz anders sehen das die kommunalen Spitzenverbände. Das Urteil habe "formale Gründe"; es ändere nichts an der Pflicht des Landes, für die Mehrkosten der Inklusion aufzukommen, so der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Martin Klein. Auch Bernd Jürgen Schneider (Städte- und Gemeindebund) bedauert, dass der VGH seine Entscheidung "leider an einem formalen Streitpunkt festgemacht" habe. Damit habe er der schulischen Inklusion "keinen guten Dienst erwiesen".

In den Kommunen bereitet die Inklusion oft Kopfzerbrechen. Die Stadt Mönchengladbach erhält nach eigenen Angaben vom Land über fünf Jahre jährlich 370.000 Euro für Investitionen und Ausstattung sowie 140.000 Euro für Unterstützungspersonal.

An den Schulen gibt es durchaus Verständnis für die Klage. Vieles werde vom Land beschlossen, was dann die Kommunen bezahlen müssten, sagt der Leiter eines Gymnasiums am Niederrhein, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Kopfschütteln löst bei ihm die Durchführung des Ganzen aus: "Die Kommunen haben doch Juristen. Die müssten doch wissen, wogegen sie klagen müssen." Er hat vor allem zwei drängende Wünsche: eine durchgehende Doppelbetreuung in Inklusionsklassen - "die gibt es bisher nirgends" - und genug Raum, die Schüler zu unterrichten. Am besten kämen die Grundschulen mit der Inklusion zurecht.

Dies bestätigt eine Grundschulleiterin aus einer der klagenden Kommunen: "An den Grundschulen sind wir gewohnt, auf Unterschiede einzugehen", sagt sie. Materiell gebe es schon Kommunen, die mit dem Geld etwa für Umbauten einigermaßen hinkämen. Ob Inklusion funktioniere oder nicht, sei aber auch eine Mentalitätsfrage: "Wenn sich eine Schule frühzeitig auf den Weg macht, dann ist sie auch gut aufgestellt. Wer abwartet und hofft, dass der Kelch an ihm vorübergeht, den erwischt es kalt."

(RP)
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