Dinslaken 350 Jahre Adler-Apotheke in Dinslaken

Dinslaken · Als Apotheke gibt es sie nicht mehr. Als Begriff gehört die Adler-Apotheke aber immer noch untrennbar zu Dinslaken - und das seit inzwischen 350 Jahren. Am 22. August wird das im Weinlokal, das die alte Apotheke inzwischen ist, gefeiert.

1997 schob Elmar Sierp die letzten Pillen und Salben über die Theke seiner Apotheke an der Duisburger Straße. Dann endete das, was Henrich Freuden 1665 begonnen hatte. Freuden war Dinslakens erster Apotheker. Wo sich der erste Standort der Adler-Apotheke befand, ist nicht mehr bekannt, wohl aber das Freuden eine hoch angesehene Persönlichkeit im öffentlichen Leben des damaligen Dinslakens war, dass er die Apotheke 1694 an seinen Sohn Johannes übergab und dass ein weiterer Nachfolger, Dietrich Adam Grube, 1760 die wohlhabende Maria Anna Möllmann heiratete und im selben Jahr ein neues Apothekenhaus in der Nähe der evangelischen Kirche am Walsumer Tor baute. Dieses Haus zerstörten alliierte Bomber im Zweiten Weltkrieg. Da war es schon seit vielen Jahren keine Apotheke mehr. Wilhelm Elfferding hatte die Apotheke 1830 nach dem Tod von Johannes Constatinus Voß übernommen und zog mit ihr einige Jahre später an die Stelle, wo sie sich heute noch befindet. 1899 folgte ein weiterer Besitzerwechsel. Paul Westhoff erwarb sie, kaufte das Nachbargrundstück hinzu, ließ die beiden Häuser abreißen und errichtete einen neuen stattlichen Bau, auf dessen Giebel ein gewaltiger Adler seine Flügel schwang.

Auch Westhoff war wie etlichen seiner Vorgänger kein langes Leben beschieden. Er starb 1917 und seine Frau verkaufte das Haus ein Jahr später an den Apotheker Alfred Sierp aus Bochum. Seitdem ist der Name Sierp mit der Adler-Apotheke verknüpft. Alfred Sierp war ein Modernisierer, der die Nebenräume des Hauses ausbaute und ein modernes Laboratorium einrichtete, in dem die bekannten Sierp'schen Präparate hergestellt wurden. Als er 1940 starb, gab es noch ein kurzes Zwischenspiel. Die Apotheke wurde an Edgar Feldbusch verpachtet. Der wurde beim großen Bombenangriff vor dem Einmarsch der alliierten Truppen am 23. März 1945 vor seiner Wohnung in der Roonstraße von einem Splitter getroffen und getötet. Das Haus an der Duisburger Straße aber überstand den Angriff unbeschadet - und mit ihm die Einrichtung, die in den vielen Jahren danach der Apotheke ihr einmaliges Flair geben sollte. Alfred Sierps Sohn Elmar, approbierter Apotheker, der sein Studium 1944 in Berlin beendet hatte, kehrte im Juli 1945 aus britischer Kriegsgefangenschaft zurück und übernahm die Apotheke. Er machte das Haus an der Duisburger Straße - nicht nur als Apotheker - zu einem Fixpunkt im Dinslakener Leben. Schon als 30-Jähriger gründete Elmar Sierp den Heimatverein, dessen Vorsitzender er 48 Jahre lang bleiben sollte. Sichtbare Zeichen seines Engagements für seine Heimatstadt waren der Martinszug, einer der größten am Niederrhein, die Rückkehr der "Pumpenmarie", Symbolfigur des Heimatvereins und der Pumpenachbarschaften, die Zentralisierung der Dinslakener Geschichte im "Haus der Heimat", dem heutigen stadthistorischen Museum Voswinckelshof. Bei der Gestaltung des Altmarktbrunnens redete Sierp ein Wörtchen mit, auch bei der Restaurierung der Denkmalsgruppe "Drei Kreuze". Dass an Orten und Bauwerken mit herausragender Bedeutung Tafeln Wissenswertes über die Historie der Stadt erzählen, ist seiner Initiative zu verdanken. 2003 starb Sierp, der Platz vor dem Museum trägt jetzt seinen Namen. 1997 hatte er mangels Nachfolger die Apotheke aufgeben müssen.

Die alte Adler-Apotheke aber gibt es noch heute, nur dass inzwischen statt Arzneimitteln, Wein und Bier über die Theke gehen. Im Juli 2003 eröffneten Kerstin und Rupert Sierp dort das Weinlokal, schufen eine einmalige Atmosphäre für die Gäste, in dem sie die alte Apothekeneinrichtung weitgehend bewahrten. Die über 100 Jahre alten Schränke, Schubladen und Regale sind heute noch prall gefüllt mit allerlei Fläschen, Gläsern und Dosen für Pillen, Cremes, Blutegel und Arsen. So ist bis heute die Erinnerung an die Vergangenheit des Hauses im Herzen der Altstadt als Apotheke erhalten geblieben.

(RP)
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