Neu In Der Stadtbibliothek Amüsante Zeitgeist-Reise in die frühen 70er Jahre

Dinslaken · Viele Leser der Rheinischen Post werden Volker Hage als profilierten Literaturkritiker und Literaturredakteur bei der "FAZ", der "Zeit" und dem "Spiegel" kennen und schätzen gelernt haben. Jetzt hat er seinen ersten Roman veröffentlicht , an dem er "viele Jahre geschrieben" hat, der sich aber liest, als sei er mit lockerer Feder in kürzester Zeit nieder geschrieben worden.

"Die freie Liebe" ist zunächst einmal ein amüsanter Liebes- und Entwicklungsroman voll turbulenter Ereignisse.

Wolf Wegener kommt im Mai 1971, im zarten Alter von zwanzig Jahren, aus Lübeck nach München, um dort Germanistik zu studieren und erwachsen zu werden. Er findet rasch ein Zimmer in einer WG und verliebt sich sofort in eine Mitbewohnerin: in die schöne Larissa, Tochter eines Ägypters, mit brauner Haut, schwarzen Haaren und leuchtenden Augen. Larissa ist mit Andreas verlobt, der ebenfalls in der WG wohnt und der einige Jahre älter und reifer ist. Es kommt zu einer leidenschaftlichen Affäre zwischen Wolf und Larissa, dann zu einer konfliktreichen Dreierbeziehung, einem Experiment in Sachen "freie Liebe", an dem alle Beteiligten kläglich scheitern - die Eifersucht war am Ende immer stärker als die Toleranz.

Doch Volker Hages Liebesroman ist nicht nur eine humoristische Bilanz des Experiments der "freien Liebe", er ist auch ein Zeitgeist-Roman, der die Aufbruchsstimmung und die Lebensatmosphäre der frühen 1970er-Jahre anschaulich vergegenwärtigt.

Wolf hat seine Erlebnisse und Erfahrungen bis zum Dezember 1972, als er vom Vater nach Lübeck zurückgeholt wird, in Tagebuchform aufgezeichnet, und das gibt der Darstellung dieser Aufbruchsjahre einer jungen Generation, wie sie hier eingefangen sind, ihre sinnliche Präsenz und Authentizität.

Hinzu kommt eine Rahmenhandlung aus dem Jahr 2012, die dem Roman eine historische Tiefendimension gibt. Und hinzukommen eine Fülle literarischer Anspielungen und Bezüge, in denen die Motive und Themen des Romans ironisch widergespiegelt werden.

Für alle, die in den 70 Jahren jung waren, lässt Volker Hages Roman eine Fülle verschütteter Erinnerungen wieder lebendig werden. Und für jüngere Leser verbindet der flott geschriebene Entwicklungsroman hohe Unterhaltungsqualitäten mit fruchtbaren Denkanstößen.

DR. RONALD SCHNEIDER

Hage, Volker: Die freie Liebe. Roman; Luchterhand-Verlag: 2015.

(RP)
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