Dinslaken/Duisburg Angeklagter: Mordversuch begann als "Scherz"

Dinslaken/Duisburg · Der seit gut einer Woche wegen versuchten Mordes angeklagte 29-Jährige hat gestern vor dem Landgericht lange ausgesagt. Er schilderte, wie er die Mitangeklagte kennengelernt hatte, mit der er gemeinsam versucht haben soll, ihre Mutter in deren Wohnung an der Schillerstraße in Dinslaken an Heiligabend vergangenen Jahres zu töten.

Leise las der Angeklagte den Text in englischer Sprache ab. Er wolle sich entschuldigen, dass er etwas nervös ist. Nun werde er etwas über sich und die Angeklagte mitteilen. Dann schilderte er detailliert das Kennenlernen der heute 15-Jährigen im Internet. Zunächst habe er gar nicht geglaubt, dass die 15-Jährige eine reale Person sei, er habe sie nämlich in einem Spiel kennen gelernt. Dieses Spiel habe auch einer seiner Freunde gespielt. Zunächst habe er geglaubt, in eine Falle gelockt zu werden. Er habe sich dennoch gewünscht, dass die Schülerin tatsächlich als Mensch existiert. "Am Ende ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen", übersetzt der Dolmetscher die Worte des Angeklagten. Er sprach von Schicksal und Liebe. Denn auch sie sei, so wie er unglücklich gewesen.

Über sich selbst sagte der 29-Jährige, dass er im realen Leben in seiner Heimat ausgegrenzt und als Außenseiter behandelt wurde. Die Schülerin habe sich ihm anvertraut und von ihren Problemen berichtet. Sie sei in der Schule schikaniert worden, habe dann aber einen neuen Freundeskreis gefunden. Kontakt gehalten habe man auch über Audio-Dateien.

"Wir scherzten darüber, ihre Mutter umzubringen", sagte er schließlich. Die Mitangeklagte habe sich darüber beklagt, dass die Mutter nicht für sie koche und sie oft nur Brot essen könne. Außerdem habe sie keinen Mittagschlaf machen dürfen. Einmal habe sie ihre Tochter sogar auf den Boden geworfen und getreten und ihr gedroht, teilte sie ihm mit. An anderen Tagen dagegen sei die Mutter wieder sehr nett gewesen. Er habe gedacht, die 35-Jährige wäre grausam oder von Dämonen besessen, sagte der Angeklagte. Auch Fotos der Mutter seien ihm geschickt worden, über die man sich lustig machte. Dann wurden die Scherze ernster. Dennoch habe er nicht geglaubt, dass das Vorhaben umgesetzt werden würde. "Ich wollte alles tun, um sie aufzumuntern, denn sie hat es verdient glücklich zu sein", gab der Mann an, bezog sich dabei aber erneut auf das Spiel im Internet. "Es war wie eine zweite Welt, in der wir zusammen sein konnten." In den Spielen habe man viel Zeit verbracht, miteinander Berge bestiegen und sei in Kostüme geschlüpft. Streit habe es zwar gelegentlich auch gegeben, dennoch habe er die junge Frau geliebt und ihr vertraut. Sogar die Haare habe er sich wachsen lassen und Kontaktlinsen getragen, um ihr zugefallen. Weil die Aussagen danach zu viele Details über die minderjährige Mitangeklagte preisgegeben hätte, wurde die Öffentlichkeit erneut ausgeschlossen.

Am gestrigen Prozesstag sagte auch ein Polizeibeamter aus. Er hatte die Einreise des Angeklagten aus Malaysia nach Frankfurt und von dort aus nach Dinslaken unter anderem anhand von Fahrscheinen erläutert. Auch zum Tatort auf der Schillerstraße konnte er Angaben machen. Die Tür der Wohnung im Mehrfamilienhaus sei komplett aus den Angeln getreten worden. Ein Nachbar hatte Hilferufe gehört und die Frau gerettet, indem er die Tür eintrat und die Tat verhinderte.

(BL)
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