Unsere Woche Auch ein SPD-Bürgermeister kann Fehler machen

Dinslaken · Warum die Wortwahl des SPD-Stadtverbandsvorsitzenden im Schlagabtausch mit der CDU in der Bäderdiskussion völlig überzogen und daneben ist, und was die Dinslakener SPD ein Blick in ihre jüngere Geschichte lehren könnte.

Wenn die Landtags- und die Bundestagswahl in einem Jahr stattfinden, ist es für Parteien naturgemäß nicht leicht, aus dem Wahlkampfmodus herauszufinden. Insofern könnte man den Schlagabtausch, den sich Sozial- und Christdemokraten zurzeit in Sachen Dinslakener Bäder liefern, einfach unter dem Stichwort "politisches Wortgeklingel" einordnen und zur Tagesordnung übergehen. Allein die Wortwahl des Dinslakener Chef-Sozialdemokraten lässt aufhorchen. Reinhard Wolf hat den ganz großen Hammer rausgeholt, den Christdemokraten ein "lächerliches Verhalten als keifende Oppositionspartei" attestiert und auch sonst mit Herabwürdigungen nicht gespart. Sicher, die CDU-Fraktion hat ihre Attacken gegen den Bürgermeister und sein Handeln in der Bäderfrage durchaus mit Schärfe vorgetragen, aber mit seiner Replik ist der SPD-Stadtverbandsvorsitzende dann doch deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Mal ganz abgesehen davon, dass Räte keine Parlamente sind und schon allein deswegen der Begriff "Opposition" nicht so recht weiterführt, beweist Wolf mit seinem Vorwurf eigentlich nur, dass er ganz offenbar in einer anderen Realität lebt, als sie in Dinslaken Politik ist. Das, was der Chef der SPD-Fraktion, Jürgen Buchmann, und sein CDU-Kollege, Heinz Wansing, seit der Kommunalwahl im Rat vorführen, ist doch mit dem Wort Kuschelkurs treffend umschrieben und der geht soweit, dass er etlichen, die sich auch in der Kommunalpolitik ein bisschen mehr Unterscheidbarkeit zwischen den Parteien wünschen, schon ziemlich auf die Nerven geht. Dass der SPD-Chef also nun die CDU zur "keifenden Oppositionspartei" erklärt, lässt sich eigentlich nur als Kurzschluss in den Synapsen eines gestressten Politikerhirns erklären - ausgelöst von einer heftig vergeigten Landtagswahl und dem Irrglauben, mit einer solchen Attacke in Kombination mit einer Ergebenheitsadresse an den eigenen Bürgermeister politisch verloren gegangenes Terrain gut machen zu können. Das ist genau das, was Wolf meint, der CDU vorwerfen zu müssen: lächerlich. So einfach lassen sich Bürger nicht für dumm verkaufen.

Denn natürlich hat der Bürgermeister das Chaos in der Bäderfrage höchstselbst zu verantworten. Er hat sich - und das kann auch der SPD-Stadtverbandsvorsitzende mit dem für die Beweisführung völlig unerheblichen Hinweis, dass Heidinger auch in anderen Vereinen Mitglied ist, nicht wegargumentieren, viel zu früh und viel zu eindeutig auf die Seite des Freibadvereins geschlagen und ein Konzept durch den Rat gepeitscht, das grandios gescheitert ist. Gerade der SPD-Chef sollte doch wissen, wie umstritten das selbst in seiner eigenen Fraktion war, so umstritten, dass es Genossen gibt, die dem Konzept im Rat zwar - offenbar zähneknirschend - zugestimmt haben, doch heute mehr oder weniger unverhohlen Unterschriften für das Bürgerbegehren der Schwimmvereine einsammeln. Vielleicht also sollte der SPD-Stadtverbandsvorsitzende sein Augenmerk darauf richten, in den eigenen Reihen Überzeugungsarbeit für das Handeln des Bürgermeisters zu leisten, statt den politischen Gegner anzublaffen. Im Übrigen: Was ist eigentlich so schlimm daran für einen Sozialdemokraten, mal einzugestehen, dass er oder sein Bürgermeister das eine oder andere auch einmal falsch einschätzen können? Irren ist bekanntlich menschlich, und wer will es schon mit unmenschlichen Politikern zu tun haben, die niemals irren. Falls dieser Hinweis nicht zur Einsicht führen sollte, hilft dem Dinslakener SPD-Chef vielleicht ein Blick in die jüngste Geschichte der eigenen Partei. Da gab es schon einmal eine Phase, in der die SPD einen der ihren im Bürgermeisteramt für sakrosankt erklärte. Das endete im Jahr 1999 in einer krachenden Niederlage bei der Kommunalwahl - für den Bürgermeister und die Partei.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort