Dinslaken Blackmore's Night - Szenen einer Ehe

Dinslaken · Die Band begeistert im Dinslakener Burgtheater mit mittelalterlichem Folkrock. Auf der Bühne stichelt Sängerin Candice Night immer wieder gegen ihren Ehemann - die Gitarrenlegende Ritchie Blackmore.

 Candice Night singt nicht nur brillant, sie hat auch Humor. Immer wieder nimmt sie ihren Ehemann Ritchie Blackmore auf die Schüppe.

Candice Night singt nicht nur brillant, sie hat auch Humor. Immer wieder nimmt sie ihren Ehemann Ritchie Blackmore auf die Schüppe.

Foto: Latzel

Der Meister hat es offenbar eilig. Als Ritchie Blackmore zu dramatischen Klängen auf die Bühne tritt, klopft er sich mehrfach heftig mit dem Zeigefinger auf das Handgelenk. Und während seine Frau Candice Night bereits mit dem Schellenkranz über die Bühne tanzt, räumt Blackmore erst einmal auf. Trägt einen Stuhl über die Bühne, sammelt irgendwas auf, was er vor sich am Boden entdeckt hat, wirft einen kleinen Lappen an die Seite.

 Ritchie Blackmore ist noch immer ein überragender Gitarrist, vor allem wenn er mit den Fingern mit Lichtgeschwindigkeit Saiten und Bünde hüpft.

Ritchie Blackmore ist noch immer ein überragender Gitarrist, vor allem wenn er mit den Fingern mit Lichtgeschwindigkeit Saiten und Bünde hüpft.

Foto: Latzel

Es ist eine Szene, die einem im Laufe des Konzerts immer wieder in den Kopf kommen wird. Denn man fragt sich: Macht Ritchie Blackmore das auch zu Hause? Klar ist nämlich nach kurzer Zeit: Chef auf der Bühne ist nicht der von vielen als Hard-Rock-Gitarrengott verehrte Blackmore, sondern seine bessere Hälfte Candice Night. Die nutzt die Pausen zwischen den Songs, um immer mal wieder Einblick in das heimische Eheleben zu geben. Ritchie sei gar nicht "The evil Man" (der böse Mann), der er für viele bis heute nach seinen nicht nur musikalischen Auseinandersetzungen mit Jon Lord bei Deep Purple ist. Er sei nett und habe viele schöne Songs geschrieben, auf die auch sie bis heute stolz sei. Zum Beweis darf Blackmore an der Gitarre eine klassisch-mittelalterliche Version von "Soldier of Fortune" intonieren. Den Song hat der Gitarrist einst zusammen mit David Coverdale für Deep Purple geschrieben. Das Stück zeigt zweierlei. Die Hardrock-Ballade funktioniert auch im Mittelaltergewand mit Frauengesang, und: Ritchie Blackmore ist immer noch ein überragender Musiker. Das blitzt immer wieder dann im Konzert auf, wenn der Meister ganz alleine sein Instrument zupft und dabei in Lichtgeschwindigkeit mit den Fingern über Saiten und Bünde hüpft.

Die Burg bietet die ideale Kulisse für das Konzert von Blackmore's Night. Viele Fans im gut gefüllten Rund sind passend gewandet im Mittelalteroutfit gekommen. Sogar ein Ritter im Kettenhemd ist dabei, auch viele kleine Elfen, deren Eltern vermutlich noch nicht geboren waren als Blackmore zusammen mit Deep Purple einst den Hardrock erfand.

Mit Hardrock flirtet Ritchie Blackmore auch heute immer mal wieder. Zuletzt hat er für einige Konzerte "Rainbow" reaktiviert. Das ist so gut angekommen, dass sogar von einem neuen Album die Rede ist. Doch jetzt ist nicht Hardrock-, sondern Mittelalterzeit. Schlafwandlerisch sicher spielen sich die bestens aufeinander abgestimmten Musiker durch 20 Jahre Blackmore's Night. Die Stimmung ist bestens, auch weil Candice Night ihren Ehemann immer mal wieder auf die Schüppe nimmt. Als er einen Songtext nicht richtig lesen kann, ruft sie ins Publikum: "Hat jemand eine Brille?" Und als Blackmore zum wiederholten Mal die Gitarre wechselt, stichelt seine Frau: "Warum nimmst du die Gitarre, das ist doch die selbe wie eben?" Und ergänzt: "Er meckert immer über meine vielen Schuhe, dabei hat er viel mehr Gitarren." Nach knapp zwei Stunden geht das Konzert mit einer Mittelalter-Version von "Lady in Black" zu Ende.

Als der Rest der Band danach zum musikalischen Abspann mit den Fans am Bühnenrand tanzt, hat der Meister die Bühne ganz still bereits verlassen. Und es bleibt nur eine Frage: Legt seine Frau ihm eigentlich auch die Sachen für den Auftritt raus?

(zel)
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