Dinslaken Brand wütet im Kreativ.Quartier
Dinslaken · Künstler haben nicht nur ihre Heimat verloren. Viele ihrer Werke haben die Flammen vernichtet. Brandursache ungeklärt, technischer Defekt wird ausgeschlossen.
Erschüttert und den Tränen nahe war Ulrike Int-Veen, als sie sie sich gestern Vormittag auf dem Gelände des Kreativ.Quartiers Lohberg umsah und eine Vorstellung von dem Schadensausmaß erhielt, das der Brand in dem Gebäude an der Hünxer Straße angerichtet hatte. "Viele der Arbeiten, die ich bisher gemalt habe, sind zerstört. Ich habe nichtmals mehr einen Pinsel oder Farbe. Das ist für mich der Supergau", sagte die Künstlerin, die im Kreativ.Quartier auf dem ehemaligen Zechengelände ihr Studio für Malerei, mit dem Namen "Magenta" , eingerichtet hat.
Aus bislang noch unbekannter Ursache war am vergangenen Mittwoch Abend ein Feuer im Kreativ.Quartier ausgebrochen. Gegen 19.30 Uhr ging bei der Dinslakener Feuerwehr die Alarmierung ein. Als die Wehr am Einsatzort, dem früheren Gesundheitshaus, eintraf, trat bereits dichter Rauch aus dem Dachstuhl des zweigeschossigen Gebäudes aus. Der Einsatzleiter der Wehr forderte umgehend weitere Einheiten an. Zeitweise waren bis zu 60 Einsatzkräfte, darunter auch Wehrleute aus Voerde und Duisburg, an der Brandstelle, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Insgesamt waren etwa 110 Einsatzkräfte an der Brandbekämpfung beteiligt, ebenfalls im Einsatz: der Rettungsdienst, die Johanniter Unfallhilfe sowie die Polizei.
Unter schwerem Atemschutz und mit mehreren Rohren bekämpften die Wehrleute die Flammen, zum Teil über Drehleitern. Während des Großbrandes entwickelte sich starker Rauch. Der Qaulm war weithin sichtbar und zog in Richtung Oberlohberg. Die Polizei veranlasste daraufhin Warndurchsagen, in denen die Bürger aufgefordert wurden, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Die Feuerwehr nahm Schadstoffmessungen in den betroffenen Bereichen durchgeführt vor. Auch das nordrhein-westfälische Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz wurde hinzugezogen. Wie die Dinslakener Stadtverwaltung gestern mitteilte, habe das Feuer laut Aussage des Landesamtes "trotz der enormen Rauchentwicklung nicht zu einer Gesundheitsgefährdung von Menschen geführt". Trotz einer spürbaren Geruchsbelästigung haben die Experten keine erhöhten Schadstoffkonzentration festgestellt.
Gestern Morgen gegen zwei Uhr hatte sich die Lage an der Brandstelle allmählich entspannt und die Zahl der Einsatzkräfte konnte heruntergefahren werden. Die Nachlöscharbeiten dauerten allerdings noch lange an, denn Glutnester mussten aufgespürt und abgelöscht werden. Teile des Flachdaches öffnete die Wehr mit einer Spezialsäge, um auch an schwer zugängliche Stellen heranzukommen. Menschen nahmen bei dem Feuer keinen Schaden. Die Polizei, so sagte deren Sprecher Daniel Freitag, geht davon aus, dass der entstandene Sachschaden in die Hunderttausende geht. Ein Sachverständiger der Polizei untersuchte gestern den Brandort. Seine Ermittlungen ergaben, dass das Feuer in einem Anbau am hinteren Gebäudetrakt entstanden ist. Die Ursache ist noch unbekannt, doch wird ein technischer Defekt ausgeschlossen. Durch das Feuer bildeten sich Rauchgase, die aufstiegen, sich im Dachbereich sammelten und dann entzündeten, wie Polizeisprecher Daniel Freitag erklärte. Der Bereich, in dem das Feuer entstand, soll in der Vergangenheit von Jugendlichen genutzt worden sein, wie es gestern hieß.
Im ehemaligen Gesundheitshaus, das im nächsten Jahr abgerissen werden soll und deshalb nicht mehr komplett belegt ist, hatten bis zu dem verheerenden Brand vier Künstler und Kreative ihr Dominzil, neben Ulrike Int-Veen noch Doris Kook, Judith Anna Schmidt und Ralf Halley. Ihre Ateliers und Räume sind nach dem Feuer nicht mehr zu nutzen.
Im Obergeschoss des Gebäudekomplexes mit einer Grundfläche von etwa 40 mal 15 Metern befindet sich das Atelier von Ulrike Int-Veen. Mit einer Freundin war sie am Abend des Brandes ins Kreativ.Quartier gekommen, um in ihrem Studio noch etwas zu erledigen. Sie hörte merkwürdige Geräusche und sah Qualm aus dem Dach aufsteigen. Als sie erkannte, dass es brannte, versuchte die Künstlerin, noch möglichst viele ihrer Werke zu retten. Etwa 20 auf Leinwand gemalte Bilder konnte sie nach eigener Aussage in Sicherheit bringen, alles andere wurde zerstört. Damit ist ein Teil ihres künstlerischen Lebenswerkes in Flammen aufgegangen und unwiederbringlich verloren. Trotz dieses Schicksalsschlages will Ulrike Int-Veen nicht resignieren. "Ich muss und ich werde irgendwie weitermachen", sagte die Künstlerin. Sie will sich nun mit den anderen Betroffenen beraten. Ihr Ziel ist es, in der Umgebung oder auf dem ehemaligen Zechengelände eine neue Heimat zu finden, um ihre Kulturarbeit fortzusetzen.
Helfen will die Stadt Dinslaken, wie deren Pressesprecher Horst Dickhäuser gestern erklärte. In Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung soll für die Opfer des Brandes eine Lösung gefunden werden. Möglicherweise könnten ihnen vorübergehend leerstehende Ladenkolake zur Nutzung überlassen werden.