Dinslaken/Duisburg China-Tabak in Spielmatten geschmuggelt

Dinslaken/Duisburg · Steuerhinterziehung in Millionenhöhe: Gebürtige Chinesin (45) und 65-Jähriger Dinslakener stehen vor Gericht.

Ein Mann und eine Frau (eine gebürtige Chinesin) müssen sich seit gestern wegen Tabakschmuggels mit einem Steuerschaden in Millionenhöhe vor Gericht verantworten. Die Frau aus Troisdorf soll fünfzehn Schmuggelfahrten von Feinschnitt-Tabak aus China nach Deutschland organisiert haben. Der mitangeklagte Dinslakener soll an fünf Fahrten beteiligt gewesen sein. Das Verfahren gegen einen dritten Angeklagten wurde abgetrennt.

Weil es noch Beratungsbedarf gab, wurde die Verhandlung vor der Wirtschaftskammer des Duisburger Landgerichts schon kurz nach Aufruf für rund anderthalb Stunden unterbrochen. Die Bekanntgabe der Gerichtsbesetzung sowie die Vereidigung des Dolmetschers für die chinesische Sprache nahm weitere Zeit in Anspruch. Dann wurde die lange Anklageschrift verlesen.

Die Staatsanwaltschaft hat eine klare Vorstellung davon, wie sich die Schmuggelfahrten mit einem Umfang von 14 Tonnen zwischen August 2014 und Juni 2015 zugetragen haben sollen. Im Wissen, dass unverzollter Tabak in die EU geschmuggelt wird, soll die Angeklagte die Lieferung in Lager nach Duisburg, Dinslaken, Köln, Neuss und Troisdorf organisiert haben. Um zu verschleiern, wer der Empfänger ist, habe sie die Lieferanten per Handy zu anderen Orten als der ursprünglich angegebenen Zieladresse gelotst. Dann habe sie große deutsche Speditionen mit dem Weitertransport nach Großbritannien beauftragt. Damit die Wege nicht verfolgt werden können, soll die Frau unter dem Deckmantel fiktiver oder nicht mehr tätiger Firmen agiert haben. Darüber hinaus habe sie eine Vielzahl von Handynummern genutzt, die unter fiktiven Personen registriert waren. Sie selber habe Aliasnamen verwendet, um Geschäfte bei Speditionen zu tätigen.

An der Versendung aus China über den Seeweg seien große chinesische Logistikunternehmen beteiligt gewesen. Nicht nur der Mitangeklagte aus Dinslaken, auch weitere nicht identifizierte Helfer mit chinesischer Herkunft seien beteiligt gewesen. Durch den geschmuggelten Feinschnitt-Tabak entstand ein Steuerschaden von insgesamt 1,6 Millionen Euro. Die Angeklagten hätten sich dadurch eine dauerhafte Einnahmequelle verschaffen wollen.

Der 65-Jährige aus Dinslaken soll bei den ersten fünf Fällen, bei denen es um fünf Tonnen Tabak geht, mitgewirkt haben und immerhin für einen Schaden von etwa 450.000 Euro verantwortlich sein. Der Tabak war in ausgehöhlten Matten für Kinder und in einem Fall in ausgehöhlten Steinplatten versteckt. Die Lieferungen wurden zum Teil in Sammelladungen als Schaumstoff deklariert. Bei Kontrollen fanden die Ermittler in den versteckten Plastikbeuteln mit der Aufschrift "Chinese tea" den Tabak. Zwei Lieferungen waren in Portugal als "Bodenbelag Puzzle" sichergestellt worden.

Schon in der vergangenen Woche hatte es nicht öffentliche Vorgespräche im Sitzungssaal gegeben. Demnach ist die Beweislage gut. Es gebe Mitschnitte von "konspirativen Telefonaten", man könne auch nachvollziehen, dass die Frau Lagerflächen an unterschiedlichen Orten aussuchte. Außerdem habe man in ihrer Wohnung 47.000 Euro sichergestellt.

Auch stehen Ermittler, Speditionsmitarbeiter und Lkw-Fahrer als Zeugen zur Verfügung. Das seien hinreichende Beweismittel, sagte der Richter. Ohne glaubhaftes Geständnis müsste die Hauptangeklagte im Falle einer Verurteilung mit vier Jahren Haft rechnen.

Seine Mandantin werde eine Aussage machen, kündigte der Verteidiger an. Sie wolle nicht bestreiten, dass es besagte Fahrten gab. Nur über das, was transportiert worden sei, sei sie sich allerdings nicht im Klaren gewesen.

Die Verhandlung vor dem Duisburger Landgericht wird in der übernächsten Woche fortgesetzt.

(RP)
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