Dinslaken Der Mann mit dem Geist auf dem Handy

Dinslaken · Der Dinslakener Michael Zojans fotografiert "Orte der Angst" und unheimliche Phänomene.

In dem Haus soll ein Pfarrer seine Familie gemeuchelt, sich selbst erhängt, Nonnen sollen dem Satan gehuldigt und ein kopfloser Reiter sein Unwesen getrieben haben. Lichterscheinungen wurden in dem Spukhaus gesehen, Blut, das von den Wänden läuft, elektrische Geräte, die den Geist aufgaben. Unter anderem. Sie finden Halloween-Gestalten mit Schnitzkürbissen unheimlich? Dann sollten Sie sich einmal mit Michael Zajons unterhalten. Und seine Fotos sehen.

Das Spukhaus Hohensyburg war der erste unheimliche Ort, den er besuchte und fotografierte. Das war vor zehn Jahren. Unzählige weitere folgten. Die schönsten Schauerbilder zeigt er auf seiner Internetseite. Titel: Orte der Angst. Nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht: Michael Zajons ist ein ganz normaler Typ: 33 Jahre alt, Familienvater, Optiker. Bloß eben mit einem morbiden Hobby, das er irgendwo zwischen dem "Urban Exploring" und dem "Ghost Hunting" ansiedelt. Und so reihen sich im Wohnzimmer-Regal der ganz normalen Wohnung Sachbücher über Geistererscheinungen an Urbex-Bildbände, selbst auf den Schäfchen-Tassen spielt ein Henker eine Rolle, und auch das Kerzen beschienene Gemälde einer Frau ist alles andere als nur das: Es ist das Bild der Statue von "Lucy". "Lucy" war, so berichtet Zajons, angeblich die Geliebte des Besitzers von Chateau Rocher: Einen Feldzug des Schlossherrn habe dessen eifersüchtige Ehefrau genutzt, um "die ungeliebte Geliebte im Verlies im Turm einzuquartieren". Dort sei sie verhungert. Noch heute soll ihr Geist in dem Schloss, das zwischenzeitlich ein Hotel war, umhergehen.

In ganz Europa besucht Michael Zajons verlassene Orte: Rund 800 Villen, Friedhöfe, Krankenhäuser, Abteien, in Deutschland, Belgien, Frankreich, England, Schottland, Transsilvanien hat er bisher fotografiert.

"Schon immer", sagt der gebürtige Gelsenkirchener, habe er sich "für paranormale und unheimliche Orte, Gespenster- und Gruselgeschichten interessiert." Derartiges "live zu erleben und zu fotografieren und nicht nur fiktiv in Film und Fernsehen zu sehen", das mache den Reiz aus. Wer sich nicht von digitalen Blutstropfen und Gruselgestalten schrecken lässt, findet auf Zajons' Internetseite Bilder von Orten, an denen die Zeit stehen geblieben ist. "Villa Frankenstein" hat Zajons das verlassene Arbeits- und Wohnhaus eines Urologen genannt, in dem OP-Bestecke rosten, aber konservierte Präparate wohl niemals gammeln werden. Seine Spezialität sind ehemalige Tuberkulose-Sanatorien.

Gerade in alten Kliniken "merkt man noch den Hauch der Vergangenheit." Ob er sich mitunter fürchtet? "Nein", antwortet er. Auch nicht in der Gruft und, nein, auch nicht vor Geistern. Denen ist er im Rahmen sogenannter "paranormaler Untersuchungen" auf der Spur. Beispiel: Eine Familie "zieht irgendwo hin, und es passieren merkwürdige Sachen. Türen gehen auf und zu, Schritte, wo niemand ist." Solche Phänomene versucht er zu filmen. "Und", so Zajons, "manchmal hat man Erfolg." Wie bitte? Sie haben einen Geist fotografiert, Herr Zajons? "Warten Sie", sagt er, zückt sein Handy, zeigt ein Bild: Das Kellergewölbe einer verlassenen Kasernenanlage hell ausgeleuchtet, am Gangende ein Schatten in Menschengestalt. "Wir haben eine Kamera positioniert und kontinuierlich gefilmt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich niemand des Teams dort hinten. Aber Sie sehen den Schatten." Falsch belichtet, falscher Kamerawinkel oder überhaupt geschummelt? "Es gibt Skeptiker", räumt Zajons ein, "aber ich weiß: Es ist real."

(RP)
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