RP-Serie Der Einzelhandel und das neue Einkaufszentrum "Die Chancen stehen bei 50 : 50"

Dinslaken · Mit gemischten Gefühlen schaut Sabine Friemond-Kund auf die Eröffnung der Neutor-Galerie. Die Inhaberin der Buchhandlung Lesezeit am Altmarkt glaubt nicht, dass der übrige Handel in der Stadt profitieren wird.

 Sabine Friemond-Kund (2. von rechts), Inhaberin der Lesezeit, mit den Mitarbeitern (v.l.) Susanne Gottschlich-Weymann, Karin Jansen und Ulrich Meyer bei der Eröffnung der Buchhandlung im Frühjahr.

Sabine Friemond-Kund (2. von rechts), Inhaberin der Lesezeit, mit den Mitarbeitern (v.l.) Susanne Gottschlich-Weymann, Karin Jansen und Ulrich Meyer bei der Eröffnung der Buchhandlung im Frühjahr.

Foto: Büttner, Martin (m-b)

Dinslaken Sabine Friemond-Kund gehört zu den Ehrengästen, die bereits einen Tag vor der offiziellen Eröffnung am 6. November bei einem feierlichen Abendessen auf die Neutor-Galerie anstoßen dürfen. Die Inhaberin der Buchhandlung Lesezeit in der Altstadt erhielt eine Einladung und ist auf das Einkaufszentrum gespannt. Sie freut sich auch auf Dinslakens neues Shoppingcenter, doch auf die Frage, ob das 100-Millionen-Projekt ein Erfolg wird, äußert sie große Bedenken: "Die Chancen liegen bei 50:50. Ich habe gemischte Gefühle, weil es auch ein Flop werden könnte."

Aus Sicht von Sabine Friemond-Kund spricht für die Neutor-Galerie, dass diese nicht auf der grünen Wiese gebaut worden sei, sondern in die Stadt integriert wurde und sich an einem Standort befindet, an dem in der Vergangenheit mit dem Hertie-Gebäude schon ein großes Kaufhaus stand. Auch dass ihrer Meinung nach mit dem Voerder Bekleidungsgeschäft ten Have ein Fachhändler mit hoher Qualität den Schritt in das Center wagt, hält sie für erfolgsversprechend, doch ihre Zweifel kann dies nicht beseitigen. "Es könnte ein Flop werden, weil das Centro immer noch zu viele Kunden auch aus dem direkten Umland abzieht. Wenn ich aus Friedrichsfeld komme, in Hünxe auf die Autobahn fahre und in einer Viertelstunde in Oberhausen bin, oder wenn ich genauso lange über die B 8 nach Dinslaken brauche, dann spielt die Nähe auch keine Rolle mehr", argumentiert die Buchhändlerin und führt einen weiteren Punkt auf, der ihr Sorgen bereitet: "Meine Tochter ist mit 18 Jahren im besten Shoppingalter, doch bei ihren Freundinnen und ihr ist die Neutor-Galerie überhaupt kein Thema.

Sie wird gar nicht wahrgenommen und ich glaube, sie weiß auch nicht, welche Geschäfte es geben wird, weil sich diese Altersgruppe, die eher ins Centro fährt, nicht damit beschäftigt. Es wird zwar H&M in der Galerie geben, aber das ist auch nicht die Lösung aller Probleme."

Dass die Neustraße oder ihr Laden in der Altstadt von dem Einkaufszentrum profitieren werden, glaubt Sabine Friemond-Kund auch nicht. "Ich hoffe es ganz doll, dass die Leute mit Bussen kommen und ein Teil davon den Weg durch die Stadt zum Altmarkt finden wird. Aber ich bin Realistin und glaube nicht daran, dass die Galerie darauf einen positiven Einfluss nimmt. Wenn doch wäre ich überrascht und würde mich doppelt freuen, weil wir in der Altstadt auch ganz tolle Läden haben. Deshalb hoffe ich, dass ich Unrecht habe und die Menschen doch sagen: Ach, ich laufe auch mal durch die Stadt", meint die Lesezeit-Inhaberin, die neben den Filialen in Voerde und Spellen erst seit März auch in Dinslaken ansässig ist und damit von dem Großprojekt wusste, als sie ihr Geschäft eröffnete: "Ich habe mich sogar für eine Fläche in der Galerie interessiert, aber die Mieten und die Verpflichtungen waren für uns nicht zu stemmen. Wir haben ein traditionelles Profil und unsere Stärken liegen in der Beratung und im individuellen Eingehen auf den Kunden. Das wäre in der Neutor-Galerie sicherlich nicht mehr in dem Umfang möglich gewesen, aber da dort zum Glück kein Konkurrent einzieht, ziehen zumindest keine Buchkäufer ab."

(RP)
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