Unsere Woche Dinslaken bietet mal wieder ein ordentliches Spektakel

Dinslaken · Warum Dinslaken wieder einmal ein Spektakel erlebt, und warum das Verhältnis von Politik und Erster Beigeordneter grundsätzlich Sorgen bereiten muss.

Dinslaken kann was. Diesen Satz hat Bürgermeister Dr. Michael Heidinger mal als Motto seiner Rede zu einem seiner sommerlichen Empfänge gewählt. Recht hat der Mann. Nur dass der Satz nicht in jedem Fall so positiv betrachtet werden muss, wie ihn der Rathauschef gemeint hat. Was Dinslaken nämlich offenbar auch ganz besonders gut kann, ist Spektakel. Es ist schon ein eher ungewöhnlicher Vorgang, wenn eine Stadtratsfraktion Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ein Mitglied der Verwaltungsspitze erhebt. Wenn die Christdemokraten das jetzt gegen die Erste Beigeordnete Christa Jahnke-Horstmann getan haben, werden sie es sich also genau überlegt haben. "Brunnenvergifter" soll Christa Jahnke-Horstmann den schulpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Michael van Meerbeck, genannt haben. Der Bürgermeister soll dabei gewesen sein. Jetzt muss er über die Dienstaufsichtsbeschwerde entscheiden, und wir alle dürfen gespannt sein, wie's ausgeht.

"Brunnenvergifter" ist ein Wort, von dem man sich schon beleidigt fühlen darf. Im Mittelalter wurden beispielsweise die Juden mit diesem Begriff belegt, um ihnen die Verbreitung der Pest zuzuschreiben,was europaweit Judenverfolgungen und Pogrome auslöste. Selbst wenn wir zugunsten der Dezernentin annehmen, dass sie diese historische Konnotationen nicht bedacht hat, reicht aber schon ein Blick in den Duden, um den hässlichen Charakter des Wortes, zu erkennen. Der nämlich definiert einen "Brunnenvergifter" als jemanden , "der durch verleumderische, gehässige o. ä. Äußerungen [anderen gegenüber] ein gutes Verhältnis zwischen zwei Parteien, Gruppen o. Ä. zerstört oder zu zerstören sucht". Wenn ein Mitglied des Verwaltungsvorstands dies einem Ratsmitglied vorwirft, ist dies mehr als starker Tobak. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil's an den Grundfesten der Zusammenarbeit rüttelt. Der Fall lässt also wenig Interpretationsmöglichkeiten zu. Wenn Christa Jahnke-Horstmann diesen Begriff gegenüber einem Stadtverordneten gebraucht hat - wenn sie's nicht getan hat, hätte der Bürgermeister, der als Zeuge benannt wird, ja eigentlich genug Zeit gehabt, das klarzustellen - ist die Dienstaufsichtsbeschwerde, so unbedacht die Äußerung auch gewesen sein mag, berechtigt. Mal sehen, ob das der Bürgermeister auch so sieht und wenn nicht, warum.

Erschreckend ist aber vor allem, die grundsätzliche Dimension, die über diesen Einzelfall weit hinausgeht. Dezernentin und Politik fremdeln erkennbar - im Grund seit Christa Jahnke-Horstmanns Amtsantritt - erinnert sei etwa an die quälende Diskussion zur Schulentwicklungsplanung. Und das gilt nicht nur für die CDU-Fraktion oder speziell Michael van Meerbeck, der bekanntlich schon so manchen Strauß mit der Dezernentin ausgetragen hat. Bemerkenswerter Weise lässt ja auch die SPD-Fraktion im aktuellen Fall bislang keinerlei Neigung erkennen "ihre" Dezernentin in Schutz zu nehmen.

Ganz offenbar ist es Politik und Dezernentin nicht gelungen, ein Klima vertrauensvoller Zusammenarbeit aufzubauen. Und auch der Bürgermeister kann oder will die Dinge nicht in ruhigere Bahnen lenken. Das zeigt auch das jüngste Beispiel. Vom Vorfall, der in der Dienstaufsichtsbeschwerde gipfelte, bis zu deren Einreichug ist knapp ein Monat vergangenen. Eigentlich hätte der Bürgermeister da doch genug Zeit gehabt, das auflodernde Feuer auszutreten. Dass er es nicht getan, beweist wieder einmal seine mangelnden Fähigkeiten als Moderator. Dinslaken darf sich wohl auf weitere Spektakel gefasst machen.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

JÖRG WERNER

(RP)
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