Dinslaken Dinslakener ruft zum Heiligen Krieg auf

Dinslaken · Im Internet kursiert ein Video, das einen jungen Mann zeigt, der sich "Abu Osama" nennt. Er gibt an, aus Deutschland zu kommen, und ruft Muslime zum Heiligen Krieg auf. Frühere Bekannte identifizieren ihn als Dinslakener.

 Mannschaftsbild der D1-Junioren des SuS 09 aus dem Vereins-Journal 200/2001. Der vierte Spieler von rechts in der hinteren Reihe ist der, in dem frühere Bekannte den Mann wiedererkennen, der sich jetzt "Abu Osama" nennt.

Mannschaftsbild der D1-Junioren des SuS 09 aus dem Vereins-Journal 200/2001. Der vierte Spieler von rechts in der hinteren Reihe ist der, in dem frühere Bekannte den Mann wiedererkennen, der sich jetzt "Abu Osama" nennt.

Foto: Büttner, Martin (m-b)

Auf dem Video trägt er einen wirren Bart, eine Kalaschnikow über der Schulter und meldet sich aus Syrien. Dennoch sind etliche Dinslakener sicher, dass es sich um Philip B. handelt, mit dem sie zur Schule gegangen sind oder Fußball gespielt haben. Unter anderem wollen sie ihn an seinem auffälligen Tattoo, das er wie der umstrittene Musiker Bushido am Hals hat, wiedererkannt haben. Die ehemaligen Bekannten wollen allerdings aus Furcht vor dem langen Arm von Al Qaida ihre Namen nicht genannt wissen. Das islamistische Propagandavideo, in dem "Abu Osama" zu sehen ist, hat die Terrorgruppe "Islamischer Staat im Irak und der Levante", ein Ableger des Al-Qaida-Netzwerkes, auf einschlägigen Internetseiten veröffentlicht. "Mein Name ist Abu Osama, ich komme aus Deutschland. Und ich bin vor circa vier Jahren Muslim geworden", sagt der islamistische Fanatiker, der am 16. Juni 1987 in Deutschland geboren ist.

 "Abu Osama", wie er sich in dem Video präsentiert.

"Abu Osama", wie er sich in dem Video präsentiert.

Foto: vimeo

"Ich kenne ihn schon seit Ewigkeiten. Ich glaube, da war ich noch im Kindergarten", sagt einer von seinen früheren Dinslakener Bekannten: "Befreundet waren wir nie, aber ziemlich abgedreht war er schon immer. Dass er irgendwann nach Syrien gegangen ist, haben viele in Dinslaken gewusst. Er soll auch häufiger Ärger mit der Polizei gehabt haben und saß angeblich bereits im Gefängnis — weshalb, weiß ich aber nicht."

Ein anderer Dinslakener erinnert sich an seine letzte Begegnung mit Philip B. vor ungefähr zwei Jahren. Damals hatten Freunde und er ihn am Steuer eines Pizza-Taxis aus Möllen gesehen. Zu diesem Zeitpunkt trug er schon seinen Salafisten-Bart.

Der heute 26-jährige B. hat nach Aussagen von Bekannten die Ernst-Barlach-Gesamtschule besucht und beim SuS 09 Dinslaken Fußball gespielt. Wer unter Facebook seinen Namen eingibt, der findet in seiner Freundesliste viele türkisch und arabisch klingende Namen, aber — offenbar aus früheren Zeiten — auch Namen von Schülern des Dinslakener Berufskollegs und von jungen Männern, die bei Dinslakener Unternehmen arbeiten.

Zuletzt in Dinslaken gemeldet war er seit Juni 2012 unter einer Adresse an der Neustraße, wo er im März diesen Jahres von Amts wegen abgemeldet worden ist, weil Postsendungen an seine Adresse ständig unbeantwortet zurückgesandt wurden.

Seine damalige Nachbarin, der die Rheinische Post einen Screen-shot aus dem Al Qaida-Video zeigte, erinnert sich gut an den Mann, der sich jetzt "Abu Osama" nennt: "Er ist im vergangenen Jahr in die Wohnung nebenan eingezogen, hat sich bei uns als neuer Nachbar vorgestellt und war auch ganz nett", erzählt sie.

"Das Komische war aber, dass man ihn anschließend nur noch nachts gehört hat. Tagsüber war er nie da", weiß die ehemalige Türnachbarin zu berichten. Oftmals seien auch "ausländische Freunde oder Bekannte" nachts bei ihm zu Besuch gewesen. Merkwürdig kam der Dinslakenerin zudem vor, dass die Haustür des Philip B. eines Tages aufgebrochen war und dies bis zu seinem völligen Verschwinden aus dem Haus in der Dinslakener Innenstadt vor etwa einem halben Jahr auch blieb.

Auch ein früherer Trainer von B., dem die Rheinische Post das Video zeigte, identifizierte den heute 26-Jährigen. Sein fußballerisches Talent ist nach Meinung eines ehemaligen Mitspielers nicht einmal schlecht gewesen, bis er "abdrehte" und sich im Jahr 2000 noch als Jugendspieler beim Verein wieder abmeldete. "Auf was für Ideen die Leute heute kommen", fragt sich der Coach, der beim Betrachten des Videos immer wieder mit dem Kopf schütteln muss.

Gesehen haben das gut zehnminütige Video bereits viele, denn es ging gestern wie ein Lauffeuer durch Dinslaken und wurde per E-Mail und als Kurzmitteilung weitergeleitet. "Es ist schon krass, dass es so etwas bei uns gibt. Ich bin mir auch sicher, dass wir hier irgendwo eine kleine Zelle mit Schläfern haben, denn von alleine kann er ja nicht auf solche Ideen gekommen und so durchgedreht sein", sagt ein ehemaliger Mitschüler der EBGS: "Damals ist er mir aber nie aufgefallen, und ich kannte ihn auch nicht wirklich. Ich wusste nicht einmal, dass er beim SuS 09 Fußball spielte. Aber als mir das Video geschickt wurde, dachte ich sofort: Das ist ja der Philip."

(RP)
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