Dinslaken/Voerde/Hünxe Dinslakener Sparkasse bundesweit im Fokus

Dinslaken/Voerde/Hünxe · Auch für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert das Geldhaus Verluste in Höhe von rund 700 000 Euro.

 Bürgermeister Michael Heidinger kündigte für heute eine Stellungnahme an.

Bürgermeister Michael Heidinger kündigte für heute eine Stellungnahme an.

Foto: Archivfoto

Der Zeitpunkt war gut gewählt. Gestern hatten die Räte in den drei Gewährträgerkommunen über die Fusion mit der Verbands-Sparkasse in Wesel zu befinden, und gestern hat das gemeinnützige Recherchezentrum "Correctiv" in Zusammenarbeit mit der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen "Sparkassen-Check" gestartet, der sich mit der Zukunft der Sparkassen ganz allgemein beschäftigt. In diesem Check spielt die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe eine ganz besondere Rolle - als besonders eklatantes Beispiel dafür, was so alles schief läuft im System Sparkasse.

Correktiv - nachzulesen unter https://crowdnewsroom.org/ - hat das Finanzdesaster der Dinslakener Sparkasse intensiv recherchiert und kommt zu dem Ergebnis, dass beim Dinslakener Geldinstitut zwar besonders viel schief gelaufen ist, dass es aber auch beispielhaft für ein System ist, das "vor dem Kollaps steht".

Correctiv nennt neben den Schwierigkeiten, in Niedrigzinszeiten Gewinne zu erzielen, mehrere Gründe für die Probleme der Sparkasse. Einer ist: "die Gier der Häuptlinge". Dinslakens ausgeschiedener Sparkassenvorstandschef, der im Jahr 2013 die stolze Summe von 326 600 Euro verdient und sich trotz der Schieflage des Hauses mit 65 Prozent - statt der vom Sparkassenverband empfohlenen 55 Prozent - seines letzten Gehalts in den Ruhestand verabschiedet habe, sei da nur ein Beispiel von vielen. Ein weiteres Problem der Sparkassen sei ihre mangelnde Effektivität. Auch hier, so Correktiv, sei die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe ein besonders negatives Beispiel. Ihr Verwaltungsapparat gehöre zu den aufgeblähtesten der Branche. Sie müsse, um einen Euro zu verdienen, 84 Cent aufwenden.

Dieser Wert ist inzwischen noch gestiegen, wie die RP im Geschäftsbericht 2014 nachgelesen hat, und liegt nun bei 86,5. Immerhin hat die Sparkasse das Problem erkannt. Im Geschäftsbericht ist von "eingeleiteten Stabilisierungsmaßnahmen" die Rede, die den Sachaufwand verringern sollen. Und: "Im Bereich des Personalaufwands gehen wir vor dem Hintergrund einer geplanten sukzessiven Reduzierung des Personalbestands von einem deutlichen Rückgang aus." Das und die erhebliche Reduzierung der Kreditrisiken führen aber wohl nicht dazu, dass die Sparkasse schon im laufenden Jahr schwarze Zahlen schreibt. Im Geschäftsbericht 2014 mit dem Minus von 13 Millionen Euro prognostiziert das Institut einen Verlust von rund 700 000 Euro für 2015.

Als den "wohl wichtigsten" Grund für die Probleme der Sparkassen nennt Correktiv "das Gekungel mit den Politikern vor Ort". Und nimmt dabei als Beispiel Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger in den Blick. Der sei seit seiner Wahl 2009 nicht nur Verwaltungsratsvorsitzender sondern auch Vorsitzender des Risikoausschusses gewesen. Über Jahre habe also einer der wichtigsten Kontrolleure der Sparkasse ein vitales Interesse daran gehabt, dass möglichst viele Kredite vergeben werden. Schließlich betone Heidinger bei jeder Gelegenheit, wie wichtig Investitionen für die Stadtentwicklung seien. Fest stehe auf jeden Fall, "dass in Dinslaken zu viele Kredite offenbar zu nachlässig vergeben wurden - insbesondere Kredite für Unternehmen und Selbstständige". 15 Prozent seien nicht zur vereinbarten Zeit zurückgezahlt worden.

Das sei, so zitiert Correktiv den Finanzexperten Hans-Joachim Dübel, der Banken und Aufsichtsbehörden berät, "eine niederschmetternde Quote". Dübel hält bereits eine Ausfallquote von fünf Prozent für problematisch. Heidinger, so Correctiv, habe die Fragen des Recherchezentrums zu diesem Thema bislang unbeantwortet gelassen. Der Rheinischen Post gegenüber erklärte der Bürgermeister und Verwaltungsratsvorsitzende gestern Abend am Rande der Ratssitzung, dass er noch keine Gelegenheit gehabt habe, den Bericht von FAZ online und Correktiv zu lesen und sich damit auseinanderzusetzen. Heidinger kündigte für heute eine Stellungnahme an.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort