Unsere Woche Dinslakens Beigeordnete ist auf Konfrontation geeicht

Dinslaken · Warum Dinslakens Erste Beigeordnete dem Begriff "Déjà-vu-Erlebnis eine neue Dimension hinzufügt, und warum ihr Umgang mit der Politik nicht zum ersten Mal großen Anlass zur Sorge geben muss.

Als Déjà-vu-Erlebnis bezeichnet man gemeinhin das Gefühl, eine an sich neue Situation schon einmal exakt so erlebt zu haben. Der Begriff bezeichnet also eine Gedanken- oder Sinnestäuschung. Seit Dinslakens Erste Beigeordnete Christa Jahnke-Horstmann in dieser Stadt wirkt, muss man den Begriff allerdings um eine weitere Dimension erweitern. Sie schafft es mühelos solche Déjá-vu-Erlebnisse in die Realität zu tranponieren, wobei nicht wenige der staunenden Beobachter sich wünschen, dass sie einer Täuschung erlegen sein mögen. Im Jugendhilfeausschuss am Montag war dieses von der Beigeordneten inzwischen zur Perfektion entwickelte Talent wieder einmal zu beobachten. Da haben vier Fraktionen - CDU, Grüne, Linke und Unabhängige Bürgervertretung - gleich bei drei Themen mit gemeinsam formulierten Anträgen Christa Jahnke-Horstmann rüde auflaufen lassen. Holla, sollte man meinen, das ist schon ziemlich einmalig, wenn eine Dezernentin es schafft, eine derart breit gefächerte politische Koalition gegen sich zu vereinen. Ist es aber nicht.

Rückblende, Juni 2011: Christa Jahnke-Horstmann war gerade mal gut drei Monate im Amt. Es ging um den Offenen Ganztag in Lohberg. Die Dezernentin hatte ihre Vorstellungen, die sie unbedingt durchsetzen wollte. Und sie wurde schon damals von den gerade genannten Fraktionen gemeinsam gestoppt. Gut, hätte man meinen können. Hat sich die Dezernentin halt mal verstolpert - neu im Amt und wenig vertraut mit den in dieser Stadt vorhandenen Strukturen, wie sie war. Genau diese Einschätzung war dann auch damals an dieser Stelle zu lesen. Das aber war, im Nachhinein betrachtet, dann allerdings wirklich eine Täuschung.

Im weiteren Verlauf ihrer Tätigkeit hat es Christa Jahnke-Horstmann eigentlich ständig krachen lassen, hat wechselweise Eltern, Lehrer, Politiker, gern auch schon mal alle gleichzeitig, gegen sich aufgebracht. Nun wird man ihr sicher zugute halten müssen, dass sie dabei das Beste gewollt hat. Und genauso gilt auch in ihrem Fall, dass da, wo es Streit gibt, im seltensten Fall einer oder eine alleinschuldig ist. Doch die Häufung der Fälle ist schon bemerkenswert. Nein, die Dezernentin gehört nicht zu denen, die sich, getrieben vom Wunsch die Dinge zum Besseren zu gestalten, gelegentlich mal vergaloppieren. Sie ist offenbar auf Konfrontation geeicht. Sie baut die Wände, vor die sie ständig - und offenbar unbeeindruckt - rennt, selber auf. Sie weiß, wo's langgeht und im Zweifel weiß sie alles besser. Kompromiss- und Kommunikationsfähigkeit gehören nicht zu den Eigenschaften, die sie auszeichnen. Das aber genau sind die Eigenschaften, auf die es ankäme.

Seit sie da ist, hat sie die ihr anvertrauten ohne Zweifel schwierigen Aufgabenbereiche, auf denen Politik und Verwaltung über viele Jahre ein bis dahin weitgehend geräuschloses an der Sache orientiertes Miteinander gepflegt haben, in Schlachtfelder verwandelt, auf denen in regelmäßigen Abständen Minen explodieren, die die Dezernentin selbst gelegt hat. Zurück bleiben oft ziemliche Scherbenhaufen, wie der, der gerade ganz aktuell in der Schulpolitik zu besichtigen ist und bei dem weder Politik noch Verwaltung den Eindruck vermitteln, dass sie eine rechte Vorstellung davon haben, wie sich die Scherben kitten lassen.

Das jüngste Beispiel: KeKiz. Die Abkürzung steht für "Kein Kind zurücklassen" und ist das Vorzeigeprojekt von Nordrhein-Westfalens Ministerpäsidentin Hannelore Kraft und ihrer rot-grünen Landesregierung. Da will die Dezernentin unbedingt ganz vorne dabei sein. Sie hat die Stadt auch schon angemeldet, ohne dafür einen politischen Beschluss in der Hand zu haben. Der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit verkündet dennoch seit Wochen auf seiner Homepage, dass Dinslaken dabei ist.

Wie bitteschön, soll sich kommunale Politik, die noch ein Fünkchen Selbstachtung verspürt, fühlen, wenn sie solcherart vorgeführt wird? Jedenfalls nicht ernst genommen und wertgeschätzt. Der Rat dürfte zwar mit Mehrheit am nächsten Dienstag die Entscheidung des Jugendhilfeausschuss "korrigieren" und auf den KeKiz-Zug der Dezernentin aufspringen. Das wird aber nicht darüber hinwegtäuschen können, dass Christa Jahnke-Horstmann und mit ihr ihr Chef, Bürgermeister Dr. Michael Heidinger, eine Entwicklung im Verhältnis von Politik und Verwaltung zu verantworten haben, die, sollte sie anhalten, dazu führen wird, dass die Stadt ernsthaft Schaden nimmt.

Jede Stadt braucht, das ist keine Frage, eine starke und selbstbewusste Verwaltung. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Politik auf örtlicher Ebene ein untrennbarer Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist. Konfrontation kann deswegen bei allem Ringen um Problemlösungen nicht der Weg sein. Es geht um das von gegenseitigem Respekt getragene Zusammenspiel. Dinslakens Beigeordnete hat bislang nicht bewiesen, dass ihr an diesem Zusammenspiel sonderlich gelegen ist.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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