Analyse Ein 22-Jähriger und seine schnelle Politkarriere

Dinslaken · RP-Serie Jung und neu im Rat: Malte Kemmerling, Grüne Dinslaken

 Malte Kemmerling und sein Rad vor dem Rathaus

Malte Kemmerling und sein Rad vor dem Rathaus

Foto: Martin Büttner

Er hat keinen Führerschein und auf die Frage, wie er denn gern vom Fotografen in Szene gesetzt würde, antwortet er sofort: "Mit meinem Fahrrad." Ah ja, alles klar, ein grüner Überzeugungstäter. Ganz so klischeehaft, wie's auf den ersten Blick scheint, liegen die Dinge dann aber doch nicht. Malte Kemmerling hat es zwar im Sommer 2010 in ganz jungen Jahren zum Sprecher des Dinslakener Ortsverbands der Bündnisgrünen gebracht, und er ist am 25. Mai als mit 22 Jahren jüngstes Mitglied in den Rat gewählt worden. Davon dass seine Politkarriere auf dem besonders fundamentalistischen Vor-Leben grüner Positionen gründet, kann allerdings keine Rede sein.

Den Führerschein hat er, wie er sagt, keineswegs aus ideologischer Überzeugung nicht gemacht, sondern weil ihm anderes schlicht wichtiger war. "Mein Vater hat mir die gleich Summe gegeben, für die mein Bruder seinen Führerschein gemacht hat, ich habe das Geld aber lieber in einen zweieinhalbwöchigen Kanada-Urlaub investiert", erzählt Kemmerling. Und, damit auch das gleich geklärt ist, der grüne Jungspund im Rat ist bekennender Fleischesser, "auch wenn ich weiß, dass es besser wäre, häufiger einmal auf Fleisch zu verzichten." Am Schönsten für ihn ist es dann, wenn sich beide Leidenschaften - die fürs Reisen und die für gutes Essen - zeitgleich erleben lassen, wie beispielsweise bei seinem letzten Istanbul-Tripp. Die Stadt hat er während eines Auslandssemesters kennen und lieben gelernt. Kemmerling ist Stadtinspektoranwärter bei der Stadt Oberhausen und im August mit seiner Ausbildung fertig. Im Zusammenhang mit Istanbul sei noch eine dritte Leidenschaft des Grünen erwähnt. Er ist begeisterter Fußballfan - von Rot-Weiß Oberhausen, und zwar schon vor der Zeit, als er bei der Stadt beschäftigt war - und eben von Galatasaray Istanbul. Und wie ist er zu seiner Leidenschaft für grüne Politik gekommen? 2008 war's. Eine Bundestagswahl stand an, und am Theodor-Heuss-Gymnasium, das er damals besuchte, warf seine Jahrgangsstufe einen kritischen Blick auf die Parteiprogramme. "Ein Freund und ich haben dann entdeckt, dass die Grünen die Überzeugungen vertraten, die auch unsere waren. Wir sind dann einfach mal zu den offenen Fraktionssitzungen gegangen", berichtet Kemmerling. Er fühlte sich gut aufgenommen, und von da an ging's Schlag auf Schlag. 2009 war der Kommunalwahlkampf zu bestreiten, bei dem die Grünen mit Birgit Emmerich als eigener Bürgermeisterkandidatin antraten. Kemmerling war dabei, erinnert sich daran, wie er vor dem Rathaus mit Gleichgesinnten gegen die Stadtparksatzung demonstrierte und schließlich zum Mitbegründer der grünen Jugend wurde, die es organisiert damals in Dinslaken noch nicht gab. Heute verbucht er diese Gründung für sich als ersten größeren politischen Erfolg. Weitere sollen folgen.

Dem Ziel, der Jugend in der Dinslakener Politik eine Stimme zu geben, ist Kemmerling treu geblieben, auch wenn er sich der Verantwortung bewusst ist, "Politik für die ganze Stadt zu machen". Ohnehin zeichnet sich für ihn gute Politik nicht durch das radikale Beharren auf eigenen Positionen, sondern durch das Streben nach einem fairen Interessensausgleich aus. Auch wenn er sich nicht scheut, für politische Überzeugungen zu streiten, geht ihm, gefragt nach seinen Vorstellungen von Ratsarbeit, das Wort "Kompromiss" durchaus leicht von den Lippen.

Im Rat wird er in den kommenden sechs Jahren als ordentliches oder stellvertretendes Mitglied, im Schul-, im Sport, im Finanz-, im Rechnungsprüfungsausschuss und im Ausschuss für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung grüne Politik machen.

(RP)
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