Dinslaken Ein Platz erinnert nun an Jeanette Wolff

Dinslaken · Damit der Name der Jüdin und engagierten SPD-Politikerin in Dinslaken stets unvergessen bleibt.

 Seinen Namen erhielt gestern der Jeanette-Wolff-Platz an der Neutor-Galerie.

Seinen Namen erhielt gestern der Jeanette-Wolff-Platz an der Neutor-Galerie.

Foto: Heiko Kempken

Mit Hass im Herzen hätte sie nicht leben können. Dabei hätte Jeanette Wolff alles Recht der Welt gehabt, ihre deutschen Landsleute zu hassen, denn die nahmen ihr alles, was sie liebte. Doch Jeanette Wolff ging als Mensch, Frau, Gewerkschafterin und SPD-Politikerin einen ganz anderen Weg - den der Versöhnung, den des Aufbaus der Bundesrepublik. Für ein paar Jahre hatte Jeanette Wolff in Dinslaken an der Wielandstraße gelebt, mit ihrem Mann Herrmann ein Geschäft für Arbeits- und Sportbekleidung an der Hünxer Straße geführt. Bis die Nationalsozialisten die Wahl gewannen - für die Jüdin und Sozialdemokratin begann ein Weg des Leidens.

In Dinslaken erinnerte bislang die Realschule an der Wiesenstraße an diese große Frau. Doch die Realschule gehört inzwischen der Vergangenheit an, Jeanette Wolff jedoch soll in Dinslaken unvergessen bleiben und so gab gestern Bürgermeister Dr. Michael Heidinger dem neu gestalteten Platz zwischen Neutor-Galerie und Rutenwall seinen neuen Namen: Jeanette-Wolff-Platz. "Wie kaum eine andere steht Jeanette Wolff für Toleranz, Versöhnung und gegen Fremdenfeindlichkeit und Hass", so Heidinger in seiner Rede. So solle es auch weiterhin in Dinslaken einen Ort der Erinnerung an die Jüdin und Sozialdemokratin geben, einen Platz im Herzen der Stadt. Eine künstlerisch gestaltete Stele wird demnächst den kleinen Platz schmücken, ein von den Schülern der ehemaligen Jeanette-Wolff-Realschule gestaltetes Triptychon hängt inzwischen im Burginnenhof-Rathauseingang. An die Biografie der Jeanette Wolff erinnerten sowohl Schüler der Klassen 8, 9 e und 9 f sowie der ehemalige Ratsherr Jürgen Grafen, der persönliche Beziehungen zu Edith Marx, Jeanettes einzig überlebende Tochter, pflegte. Ihre Tochter Juliane, so erzählte Grafen, habe ein Praktikum am Vinzenz-Hospital in Dinslaken absolviert, Edith und ihre jüngere Schwester Käthe gingen hier zur Schule. Bis die NSDAP ab dem 30. Januar 1933 die Macht übernahm. Im März wurde Jeanette Wolff verhaftet, bis 1935 blieb sie inhaftiert. Ehemann Herrmann zog mit seinen Töchtern nach Dortmund, Jeanette folgte ihnen 1935. Doch auch dort sahen sie sich 1938 wieder dem Terror des Naziregimes ausgesetzt: Herrmann kam für Wochen ins KZ Sachsenhausen, die Familie wurde in ein "Judenhaus" umgesiedelt, Edith und Käthe arbeiteten als Zwangsarbeiterinnen. 1942 wurde Familie Wolff ins Ghetto Riga deportiert, bis auf Käthe, sie wurde im Mai 1942 in Bernburg vergast. Das gleiche Schicksal erlitt im März 1945 die Schwester Juliane, Herrmann wurde im April 1945 von der SS erschossen, nur Jeanette und Edith überleben das Grauen der NS-Zeit. Im Gegensatz zu vielen anderen jüdischen Glaubens kehrte Jeanette Wolff Deutschland nicht den Rücken. Es war trotz allem ihre Heimat. Sie wurde Stadtverordnete für die Berliner SPD, sagte im Nürnberger Prozess aus, gehörte von 1952 bis 1961 als erste jüdische Abgeordnete dem Bundestag an, war stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Juden und engagierte sich für die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Fast 88-jährig starb sie am 19. Mai 1976 in Berlin. Tochter Edith zog später nach Dinslaken, wo sie bis zu ihrem Tod 2003 lebte.

(RP)
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