Dinslaken Eine Hilfe für Vergewaltigungsopfer

Dinslaken · Das Sankt-Vinzenz-Krankenhaus in Dinslaken bietet Frauen und Mädchen die anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten an. Opfer können Trauma verarbeiten und in Ruhe überlegen, ob sie bei der Polizei Anzeige erstatten.

 Engagieren sich in der Arbeitsgruppe (von links): Karl-Heinz Schayen (Weißer Ring), Kreis-Gleichstellungsbeauftragte Petra Hommers, Dr. Bernhard Uhl und Dr. Kerstin Belitz (beide Vinzenz-Hospital) sowie Axana Getzlaff (Verein Frauen helfen Frauen Moers).

Engagieren sich in der Arbeitsgruppe (von links): Karl-Heinz Schayen (Weißer Ring), Kreis-Gleichstellungsbeauftragte Petra Hommers, Dr. Bernhard Uhl und Dr. Kerstin Belitz (beide Vinzenz-Hospital) sowie Axana Getzlaff (Verein Frauen helfen Frauen Moers).

Foto: Heinz Schild

Es ist keine Seltenheit, dass Frauen und Mädchen, die vergewaltigt oder Opfer sexueller Gewalt wurden, sich erst nach Tagen, Wochen, Monaten oder auch nach Jahren dazu durchringen, zur Polizei zu gehen und diese Straftat anzuzeigen. In einem Verfahren stehen dann oftmals Aussage gegen Aussage, gerichtsverwertbaren Spuren gibt es nicht. Die Position der Opfer zu stärken, ihnen Mut zu machen, hat sich die Arbeitsgruppe Anonyme Spurensicherung nach Sexualstraftaten (ASS) zum Ziel gesetzt, die im Kreis Wesel Anfang dieses Jahres ins Leben gerufen worden ist.

Dieser Arbeitsgruppe gehören neben dem Dinslakener Sankt-Vinzenz-Hospital die Krankenhäuser Sankt Josef und Bethanien in Moers, das Marien-Hospital und das Evangelische Krankehaus in Wesel an. Beratende Unterstützung bieten den Opfern der Verein Frauen helfen Frauen Moers, die Frauengruppe Wesel und der Weiße Ring.

Dr. Bernhard Uhl, Chefarzt für Frauenheilkunde im Vinzenz-Hospital, weiß, dass viele Frauen nach einer Vergewaltigung traumatisiert sind und es daher "eine große Hemmschwelle bei ihnen gibt, sich an die Polizei zu wenden und Anzeige zu erstatten". Mit der anonymen Spurensicherung soll den betroffenen Frauen die Möglichkeit eröffnet werden, sich nach einer Tat medizinisch untersuchen zu lassen. Dabei werden dann auch mögliche Spuren gesichert, die später vor Gericht verwendet werden können. "In der Klinik werden nach einem standardisierten Verfahren die Spuren erhoben, gesichert und an die Rechtsmedizin in Düsseldorf weitergeleitet, wo sie dann bis zu zehn Jahre aufgehoben werden", berichtete Dr. Uhl gestern. Die Spuren werden anonym beziehungsweise unter einem Pseudonym im rechtsmedizinischen Institut am Universitätsklinikum der Landeshauptstadt gelagert. Die betroffene Frau kann in Ruhe überlegen, ob sie den Vorfall anzeigen will. Entschließt sie sich dazu, können die gesicherten Spuren dann ins Verfahren eingebracht werden. "Frauen sollten wissen, dass es diese Möglichkeit hier gibt", sagt Dr. Bernhard Uhl. Im Vinzenz steht für die Spurensicherung ein spezieller Koffer bereit, der alle notwendigen Materialien enthält, angefangen von einem Untersuchungsset, über Schwangerschaftstest, der Pille danach, bis zu einer Kamera, um Verletzungen des Opfers zu fotografieren, wie Dr. Kerstin Belitz. Ärztin am Vinzenz-Hospital, erläuterte. "Die Dokumentation ist wichtig, damit alles rechtsfest ist", sagte Petra Hommers, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Wesel.

In diesem Jahr gab es am Vinzenz einen Fall, dass sich ein Vergewaltigungsopfer meldete. In der Zeit davor seien es drei bis vier Fälle pro Jahr gewesen, so Dr. Belitz. Nicht eingerechnet sind die Fälle, in denen Frauen auf Veranlassung der Polizei zur Untersuchung kommen. Die Dunkelziffer bei Sexualstraftaten schätzt Chefarzt Dr. Uhl als "sehr hoch" ein.

Aktualität hat die Thematik durch die Enthüllungen von prominenten Schauspielerinnen in Hollywood erhalten. Im Vinzenz-Hospital fand gestern eine Fortbildung für medizinisches Personal statt, um über ASS zu informieren und zu sensibilisieren. "Oft kommen Vergewaltigungsopfer mit einem ganz anderen Anliegen zu einem Arzt", berichtete Axana Getzlaff vom Moerser Verein Frauen helfen Frauen.

(RP)
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