Dinslaken Eine Ziehharmonika namens Monika

Dinslaken · Thomas Hecking ist Kabarettist, Geschichtenerzähler, Musiker und Bastler. Und in dieser Synthese eigentlich ein Magier. Die Besucher des Theaters Halbe Treppe erlebten mit ihm einen phatastischen und fantasievollen Abend.

Die Fantasie ist ein geflügeltes Schweinchen. Sie bringt Glück und sie kann fliegen. Ein solches Schweinchen kann aber noch mehr. Mit seinen Flügeln kann es die Saiten einer Gitarre schlagen.

C-Dur, wenn das die Stimmung ist. Thomas Hecking greift zur Ziehharmonika namens Monika und ab geht die irische Polka. Kabarett? Comedy? Satire? Egal. Thomas Hecking führt die Besucher des Theaters Halbe Treppe am Freitag in ein musikalisches Panoptikum. Eine verrückte Welt, in der die vergessene Kunst der Musikautomaten und modernes Up-Cycling Kuriositäten gebären, die mindestens so liebenswert sind wie abenteuerlich.

Sind nicht in gewisser Weise alle Musikinstrumente nur Hilfsmittel, Krücken, zur Verwirklichung der perfekten Schwingungen, die man Musik nennt? Die handelsübliche Krücke ist höhenverstellbar, ist also im Mittelstück ein Metallrohr mit Löchern. Genau wie eine Querflöte. Thomas Hecking, von zu Hause aus Berufskolleg-Lehrer in Dortmund, hat ein wenig an den einen Löchern gefeilt, die anderen mit Tesa-Band abgeklebt und in die richtige Stelle des Rohres einen Korken gestopft. Die Krücke überzeugt als Querflöte nicht nur durch gute Intonation, sie spricht auch über komplette zwei Oktaven hervorragend an.

Und dies gilt für die gesamte Show. Thomas Hecking ist Kabarettist, Geschichtenerzähler, Musiker und Bastler. Und in dieser Synthese eigentlich ein Magier. Er zaubert Dudelsackklänge aus Gummihandschuhen mit Strohhalmen (und darin versteckten Rohrblättern), er lässt die geschminkte Puppe "Amy" in ihrem "Weinhaus" die Anwesenheitsliste des Publikums bei jedem Einlass gestanzter Lochkarte auf der Spieluhr spielen. Herrlich die Nummer mit dem kläffenden Spielzeughund, der batteriebetrieben über ein Keyboard läuft und damit zum Jazzer wird. Und zauberhaft die irische Fee, die in ihrem Blechherzen ein Stück Kolophonium trägt. Das hat sie zwar abstumpfen lassen, aber sie fiedelt deshalb um so schneller auf ihrer Geige.

Hecking lässt Solar-Kakerlaken "Smoke on the Water" rocken und entlarvt mit einer alten Schallplatte auf einen entgegen der Abspielrichtung laufenden Motor und einer Nadel, die er an einem zur Tüte gedrehten laminierten Poster geklebt hat, Vico Torriani als "russischen Agenten". 45 Minuten Ruhe für Grundschüler, gefördert mit EU-Mitteln: "Warten auf das Schaf" heißt die CD, die tatsächlich im zweiten Programmteil lautlos aus dem CD-Player schweigt. Im Gegensatz zum Publikum: Es feiert Heckings wundervolles Programm. Dann blökt tatsächlich das Schaf. Nur das Warten hat kein Ende. Hecking muss unbedingt noch mal ins Theater Halbe Treppe kommen.

(bes)
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