Kolumne Neu In Der Stadtbibliothek Emma Herwegh: Eine Streiterin für die Freiheit

Dinslaken · Dirk Kurbjuweit ist nicht nur ein anerkannter und vielbeachteter Journalist, sondern auch ein erfolgreicher Romancier, der den RP-Lesern 2013 mit seinem fesselnden Psychothriller "Angst" vorgestellt wurde. In seinem achten Roman begibt er sich auf neues Terrain und portraitiert das bewegte Leben Emma Herweghs (1817-1904), Tochter eines Berliner Bankiers, Ehefrau und Mitstreiterin des Freiheitsdichters und Revolutionärs Georg Herwegh (1817-1875).

Der biografische Roman konzentriert sich auf die wichtigsten Stationen im abenteuerlichen Leben einer mutigen Frau und aktiven Revolutionärin, die heute fast vergessen ist. 1841 begegnet Emma Siegmund zum ersten Mal dem schon berühmten Vormärzdichter und Revolutionär Georg Herwegh, verliebt sich sehr schnell in ihn und teilt bald auch Herweghs politische Ideale und Überzeugungen. Die Heirat im Jahr darauf war in der Berliner Gesellschaft ein Skandal! Emma folgte sehr bald ihrem Mann ins Exil, zunächst nach Zürich, dann nach Paris, wo sie mit prominenten "Linken" wie Karl Marx oder Heinrich Heine freundschaftlich verkehrte.

Im Mittelpunkt des Romans stehen die revolutionären Unruhen des Jahres 1848 in Paris und in Baden und das mutige Engagement der Herweghs aufseiten der Revolutionäre.

Auch Emma kämpfte, in Männerkleidern und mit zwei Pistolen bewaffnet, an der Seite der badischen Revolutionäre unter Friedrich Hecker, und sie rettete - nach der Niederlage gegen die regulären württembergischen Truppen - ihrem Mann das Leben.

In seltsamen Widerspruch zu ihrem mutigen Kampf für die Revolution steht ihr konfliktreiches Eheleben, das sie (im Roman) dem jungen Frank Wedekind 1894 in Paris erzählt. Emma Herweg bleibt ihrem Mann in eiserner Solidarität auch dort noch verbunden, wo dieser sie jahrelang mit anderen Frauen betrügt.

Ihre Emanzipation als Frau scheiterte so im Allerprivatesten, in der Liebe, nicht zuletzt weil sie glaubte, sich als Muse ihres Mannes für die Kunst opfern zu müssen.

Der rundum gelungene historische Roman Dirk Kurbjuweits, der sich als tragischer Frauenroman ebenso lesen lässt wie als historischer Roman über das Scheitern der 1848er Revolution, hat aber noch eine weitere Dimension: Er reflektiert auch die Widersprüche der 68-Generation zwischen öffentlichem Engagement für die Emanzipation und privatem Festhalten am Patriarchat.

DR. RONALD SCHNEIDER

Kurbjuweit, Dirk: Die Freiheit der Emma Herwegh. Roman; Hanser Verlag 2017.

(RP)
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