Reportage Am Montag Erinnerungen an das Awo-Ferienlager

Dinslaken · Fast 40 Jahre veranstaltete die Arbeiterwohlfahrt aus Voerde Ferienfreizeiten. Nun trafen sich die ehemaligen Teilnehmer.

 Die ersten Gäste zum Ehemaligentreffen des Awo-Ferienlagers kamen pünktlich an.

Die ersten Gäste zum Ehemaligentreffen des Awo-Ferienlagers kamen pünktlich an.

Foto: Martin Büttner

Voerde Über einer der Parzellen in der Kleingartenanlage an der Prinzenstraße weht am Fahnenmast die Flagge der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Auf Bierzeltgarnituren haben es sich die ersten Besucher des "Revivaltreffens" der Awo-Ferienlager gemütlich gemacht. Von 1962 bis ins Jahr 2000 veranstalte die Awo Möllen - anfangs allein, dann mit der Awo Voerde - jährlich eine Ferienfreizeit. Aus den Kindern und Jugendlichen, die sich damals mit auf den Weg machten, sind Erwachsene geworden. Und die erinnern sich lebhaft an ihre Erfahrungen in den Sommerferien zurück. "Natürlich wechselten die Leute immer, aber ein harter Kern war immer mit dabei", erzählt Bernhard Müller, der Leiter des Ferienlagers.

 Bernhard Müller, ehemaliger Leiter des Ferienlagers, mit der "Sanitasche", dem wichtigsten Ausrüstungsgegenstand.

Bernhard Müller, ehemaliger Leiter des Ferienlagers, mit der "Sanitasche", dem wichtigsten Ausrüstungsgegenstand.

Foto: Büttner, Martin (m-b)

2013 hatten sich die ehemaligen Teilnehmer der Ferienfreizeit zum ersten Mal wiedergetroffen, um sich an ihre gemeinsamen Schulferien zu erinnern - und darum soll es auch dieses Mal gehen. "Wir haben einen ganzen Karton mit Fotoalben dabei, die wir uns später ansehen werden", erklärt Bernhard Müller. Aber kaum sitzen die ehemaligen Kinder des Awo-Ferienlagers an einem Tisch, sind auch die alten Geschichten wieder da: von Nachtwanderungen, Streichen und ungewöhnlichen Ereignissen.

Prägend für die meisten der Anwesenden waren die 80er Jahre. Die Zeit, in denen das Ziel der Awo-Freizeit oft eine Jugendherberge am Glörsee war. "Der Herbergsleiter Eckhard Groß kannte uns schon und wir durften viel machen, was andere Gruppen niemals durften", verrät Bernhard Müller. "Zum Beispiel nachts alleine in die Küche gehen und uns Pizza machen." Oder die Flure der Unterkunft mit einer halbstündigen Wasserschlacht komplett überfluten. Nur eine der Aktivitäten, mit denen die Betreuer ihre gut 50 Schützlinge bei Laune hielten. Auch Schwimmen, Wanderungen und zahlreiche Spiele standen auf dem Programm, jedes Mal gehörte auch eine größere Fahrt zu einem Ausflugsziel mit zur Freizeitgestaltung. Und dabei mussten die Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 15 Jahren natürlich auch etwas unter Kontrolle gehalten werden. Das hatte unter Heinz Knabben, der das Awo-Ferienlager ins Leben gerufen hatte, immer sehr gut funktioniert. "Er konnte sehr streng sein und hatte auch eine gebieterische Stimme. Wenn jemand nicht hören wollte, dann musste er losgehen und sein Problem mit Heinz klären", erinnert sich Bernhard Müller, der die Position des Ferienlagerleiters von Heinz Knabben erben sollte. Später waren es die Springerstiefel von Betreuer Jupp Kotcanek, die den Kindern Respekt einflößten. "Man musste die großen Gruppen etwas unter Kontrolle behalten. Wenn das nicht funktionierte, zog Jupp seine Springerstiefel an und ging dann mit den Kindern auf 15 bis 20 Kilometer lange Wanderungen", berichtet Bernhard Müller. "Und der Berni kannte dann immer noch eine Abkürzung, die dann fünf Kilometer länger war, als der normale Weg", fügt Anja Heller hinzu.

Als Mädchen, damals noch mit dem Nachnamen Steinbring, war sie fast jedes Jahr mit von der Partie, wenn es ins Awo-Ferienlager ging. "Das war die schönste Zeit meiner Jugend und ich war traurig, als ich nicht mehr mit durfte", sagt sie und erhält breite Zustimmung von ihren damaligen Mitreisenden. "In der ersten Woche hatten wir Heimweh und in der dritten Woche wollten wir nicht mehr nach Hause, weil es so schön war",berichtet sie. Letzteres kann auch Bernhard Müller bestätigen: "Auf der Rückfahrt war es so, dass es mehr Tränen gab, desto näher wir Voerde wieder kamen", berichtet er. Und kaum kam der Bus in Möllen an und die Kinder stiegen aus, verlangten viele von ihnen sofort, im nächsten Jahr wieder mit auf Tour gehen zu dürfen.

Ganz ungefährlich war das nicht immer. Blaue Flecken, kleinere Schnittwunden und sogar Knochenbrüche gab es. "Eigentlich ging es mindestens ein Mal pro Tour ins Krankenhaus", erinnert sich Bernhard Müller. Auch deshalb zählte die "Sanitasche" mit Pflastern und Verbänden zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen. "Die wollte jeder gerne tragen dürfen", fällt Anja Heller ein. Doch das ist nur eine der zahlreichen Erinnerungen der ehemaligen Teilnehmer des Ferienlagers, die im Kleingarten bis in die Morgenstunden geteilt werden

(RP)
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