Dinslaken Gegen Hass, Angst und Gleichgültigkeit

Dinslaken · Neujahrsempfang der Kirchengemeinde Sankt Vincentius: Pastor Kauling verurteilt die Silvester-Exzesse in Köln.

 Viele Seelsorger, Verantwortliche und Gemeindemitglieder waren gestern Vormittag nach dem Festgottesdienst zum Neujahrsempfang gekommen.

Viele Seelsorger, Verantwortliche und Gemeindemitglieder waren gestern Vormittag nach dem Festgottesdienst zum Neujahrsempfang gekommen.

Foto: Kempken

Das Stimmengewirr im gut gefüllten Saal des Ledigenheims verstummte gestern Vormittag, als Kirchenmusikerin Stella Seitz den diesjährigen Neujahrsempfang der Kirchengemeinde Sankt Vincentius musikalisch mit einer Polonaise von Chopin eröffnete. Ein abwechslungsreiches Stück, mal mit temperamentvollen, mal mit getragenen Passagen. Genauso bewegend war auch das vergangene Jahr.

"Angst und Sorge machen sich breit und nehmen eine Präsenz ein, die einen atemlos werden lässt", sagte Pastor Gregor Kauling zu Beginn seiner Ansprache, der internationale Terrorismus zeige im Gewand des politischen Extremismus und des religiösen Fanatismus sein hässliches Gesicht und gewähre den Einblick in die Abgründe menschlicher Seelen bis in unser Wohnzimmer hinein. Es waren die gleichen Worte wie im Vorjahr, mit denen Kauling seine Rede begann. Es zeige sich leider eine Kontinuität, so der Pastor, das neue Lebensgefühl sei die Angst - begleitet von vielen Fragen, wann und wie man sich im öffentlichen Raum bewegen soll. 2015 habe mit Charlie Hebdo begonnen und mit den Anschlägen von Paris geendet, dazwischen lag die Fluchtbewegung.

"Unsere Welt ist augenscheinlich aus den Fugen der Sicherheit geraten und eine moralische Enthemmung macht sich breit, die weder vor Mord und Totschlag - welche im Namen eines verblendeten religiösen Hasses geplant und ausgeführt werden - noch vor wehrlosen und unschuldigen Menschen Halt macht." Deutliche Worte, die der Pastor auch für die Silvester-Vorfälle in Köln fand: Sexualisierte Gewalt sei ein Verbrechen und widerspreche fundamental "unserem christlichen Gottes- und Menschenbild, welches den Menschen ausschließlich in der Gemeinschaft der gleichwertigen Geschlechter von Mann und Frau als Ebenbild Gottes denkt."

Gregor Kauling warnte aber auch davor, ausländische Mitbürger und Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen - das spiele nur denjenigen in die Hände, die "unsere Freiheit bedrohen." Man müsse mit allen gesellschaftlichen Kräften gemeinsam nach Lösungen suchen. In Dinslaken sei dieser Dialog vorhanden, als besonders positiv hob Kauling die Arrahma Moschee hervor. Dieser Dialog werde angesichts des Covers der Erinnerungsausgabe von Charlie Hebdo aber auch nicht einfacher. Gott als Schuldigen - platter gehe es nicht. Der Platz der Christen bleibe diese Welt, "in die wir uns einbringen mit Interesse", so Kauling. Es gehe darum, sich einzumischen und nicht nur ins Private zurückzuziehen. Das taten auch die Menschen der Gemeinde im letzten Jahr. Denn eine der größten Gefahren sei die Gleichgültigkeit, sagte Kauling und zitierte damit Papst Franziskus. Der Pastor bedankte sich bei allen, die sich in "respektvoller Zuneigung anderen gegenüber" in der Gemeindearbeit für andere eingesetzt hatten - oft bis an die eigene Belastungsgrenze und darüber hinaus, "weil sie an einen Gott glauben, der sie nicht alleine lässt." Dies gelte vor allem bei den Flüchtlingsinitiativen, "wo es um Menschen geht, die uns brauchen."

Es waren die Menschen, die im Zentrum des Neujahrsempfangs standen, und die Begegnungen in und außerhalb der Kirche sollen auch ein Teil der Arbeit in 2016 werden, die Pfarrei soll weiter gestärkt und auf ein neues kirchliches Leben vorbereitet werden, denn "wir haben nach der Fusion begonnen, Straßen zu bauen." Wer über die alten Gemeindegrenzen blicke, entdecke vor allem Menschen.

(RP)
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